Erstens: als Arzneimittel sofort und uneingeschränkt. Ich habe eine Zeitlang für die AIDS-Hilfe lektoriert und so mitbekommen, dass Cannabis vielen Menschen helfen würde (mit Appettitstörungen z. B. infolge von HIV oder auch Chemotherapien, auch als Beruhigungs-/Entspannungsmittel - da wüsste ich schon einige Patienten in spe, denen das wirklich gut bekommen würde :nix: ).
Als "Genussmittel": Nun ja. Vor ein paar Jahren hätte ich mit einem klaren Ja geantwortet. Und zwar aus folgenden Gründen:
Viele Leute sind einfach total desinformiert, welche Drogen was bewirken, wie hergestellt werden und welche Gefahren damit einher gehen. Selbst medizinisches Personal aus meinem Bekanntenkreis, das mit dem Problemfeld Drogenkonsum in der täglichen Praxis auch konfrontiert wurde, hielt bei einer Unterhaltung darüber Haschisch/Marihuana/Cannabis für weißes Pulver, das ganz schnell ganz schlimm abhängig macht. Dem ist aber nicht so. Tetrahydrocannabinol (THC, der psychogene Wirkstoff im Cannabis) macht nicht körperlich abhängig - ganz im Gegenteil zum frei verkäuflichen Alkohol und Zigaretten.
Die Frage der psychischen Abhängigkeit ist eine andere. Aber wer dazu neigt, drogenabhängig zu werden (wg. psychischer Labilität, schwieriger Lebenssituation oder problematischem sozialen Umfeld), kann dies genauso mit Alkohol oder Tabletten.
Die Wirkung von THC ist auch ganz anders als bei Alkohol: Ich kannte zwar viele, die kifften, aber niemanden, der jemals aggressiv geworden wäre.
Fazit: Eine Flasche Gin ist wesentlich gefährlicher als ein Joint. Darum ist es eigentlich unverständlich, warum das eine verboten ist und das andere nicht.
Was die Problematik "Einstiegsdroge" betrifft, zählt Haschisch ja nur dazu, weil es eben illegal ist und man es nur bei Dealern und in einer bestimmten Szene beziehen kann. Und diese Dealer haben natürlich auch andere, teurere und damit lohnenswertere Drogen anzubieten. Dann ist natürlich die Versuchung nahe, auch etwas anderes auszuprobieren. Meiner Meinung nach ist es so: Wer einmal anfängt, sich aus Langeweile (oder so) bewusstlos zu saufen, der nimmt dann auch gern mal ein Pillchen oder eine Nase Koks usw. D. h., ob man ein bestimmtes Mittel als Einstieg für eine Drogenkarriere betrachtet, ist allein abhängig von der jeweiligen Person, ihrer psychischen Konstitution und ihren Lebensumständen, wie oben schon beschrieben.
Insgesamt halte ich Extasy und chemische Drogen (Speed, Kokain, Crack) für viel bedenklicher, und am schlimmster ist der kombinierte Konsum verschiedener Drogen.
Warum ich dennoch heute nicht mehr klar mit "Ja" antworte, wenn es um die Legalisierung von Cannabis geht, ist der Fakt, dass die Sorten und damit ihre Wirkungen heute viel, viel stärker sind als bsp. in der Flower-Power-Zeit. Andererseits, um nochmal auf das Beispiel zurückzukommen: Wenn ich eine Flasche Gin austrinke, wird es mir voraussichtlich dennoch viel schlechter gehen und ich könnte in Lebensgefahr geraten, als wenn ich einen Joint mit starker Wirkung rauche.