AW: Anhalter
doch, natürlich, wenn ich Platz habe.
ich schau mir die Leute auch an, zuvor, nehm grad jeden nicht, aber doch die Meisten :mrgreen: Wenn da junge Leute am Strassenrand stehen dann unterstell ich denen nix Böses sondern nur dass sie von A nach B wollen.
ich bin als junges Mädchen sehr viel getrampt und hab bis auf einmal nie schlechte Erfahrungen gemacht. Es war eine tolle Zeit. Und ich glaub einfach nicht, dass die Zeiten schlechter geworden sind, man erlebt es nur so, weil man selber ängstlicher, kritischer, vorbelasteter, verantwortungsvoller, was auch immer geworden ist.
Meine Mama hat auch immer Tramper mitgenommen und wir hatten viele nette Begegnungen dadurch.
eine will ich euch erzählen:
den jungen Mann gabelten wir kurz hinter dem Luxemburger Flughafen auf der Landstrasse auf, er sah ziemlich abgebrannt aus. Ich dürft vlt. so um die 15-16 Jahre alt gewesen sein, ist also gute 30 Jahre her.
Meine Mama hielt an, wir hatten damals irgendeinen Renault, also nix Luxuriöses und als der Typ einstieg stellte sich recht schnell raus, dass es ein Engländer auf der Durchreise war. Er erzählte uns in sehr schlechtem Deutsch - mein Englisch war auch nur mäßig - dass er auf der Suche nach seinem Vater sei, der irgendwo in Südeuropa lebe. Er hätte aber nicht so viel Geld, deshalb trampe er, duschen würd er in den Hallenbädern die er besuche, da wasche er auch immer seine Wäsche raus. Das wär am billigsten. Und ich weiß noch genau, dass er erzählte, dass er sich Lindenblüten sammelte um sich Tee daraus zu brühen

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Kam er bei meiner Mama grad richtig ... war ja klar, dass sie den mit zu uns nach hause nahm

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Da bekam er dann erst mal ein Bad eingelassen und während er badete, schmiss sie ihm seine Wäsche in die Maschine. Und danach konnt er sich erst mal sattessen. Und in MEINEM Zimmer übernachten, ich schlief bei ihr im Zimmer diese Nacht

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Am nächsten Morgen bekam er seine Wäsche .... frisch gewaschen, geflickt, gebügelt und noch bissi was dazu was entbehrlich war, Handtücher, Duschzeugs usw. und ein ordentliches Frühstück und noch ne Wegzehrung. Nur die dringend benötigte neue Hose konnten wir ihm nicht geben, passte nix von unserem Weiberhaushalt.
Dann fuhr sie ihn zum nächsten Autobahnrastplatz damit er gut weiterkomme.
Wochen später erreichte uns eine Postkarte von irgendwoher aus dem Süden ich mein, Griechenland mit dem ungefähren Wortlaut: liebe Mama (

) viele Grüße von ... Ich habe meinen Vater nicht gefunden aber neue Hosen. Und ich denke so gern an Euch...
wir haben nie mehr von ihm gehört aber diese Anekdote vergess ich mein Leben nicht.
Und wegen solcher schöner Erinnerungen nehm ich so gut wie immer Anhalter mit. Meine Eltern, insbesondere meine Mutter haben uns eben nicht gelernt, dass man der Menschheit mit Mißtrauen gegenübertreten soll, sondern eher das Gegenteil. Und ich bin froh drum.
