AW: tollen Fund gemacht :O)
Ohje, also das wird jetzt ein bissl länger:
Also erstmal führte Napoleon in Frankreich um 1800 die standesamtliche Ehe ein (vorher nur kirchlich). Bei der standesamtlichen Ehe mussten die Brautleute dann ein Abstammungsdokument vorlegen. Die Einwohnermeldeämter wurden gegründet. 1875 oder 1876 (da bin ich jetzt nicht ganz sicher) wurden die Einwohnermeldeämter auch hier in Deutschland eingeführt. Bei standesamtlichen Trauungen benötigt man auch heute noch eine Abschrift aus dem Familienstammbuch bzw die Geburtsurkunden der Eheleute. Auf den Geburtsurkunden finden sich dann die Namen der Eltern beider Brautleute. Ihr könnt also über die Geburtsurkunden und über die Trauscheine bis ins Jahr 1875 zurück eure Vorfahren ermitteln.
Am Besten fangt ihr an, erst mit euren Eltern und Großeltern - diese Daten lassen sich ja noch super rekonstruieren. Leben eure Großeltern noch, dann fragt diese aus nach deren Eltern (für euch Urgroßeltern) und Großeltern (Ururgroßeltern)- Sie können euch Auskunft geben über die Namen, was sie gearbeitet haben, wann ungefähr geboren/gestorben. Wichtig ist zu wissen, dass damals mehrere Vornamen üblich waren, meist aber nur ein Rufname und dieser gelegentlich abgewandelt wurde. Z.B. Lieschen hieß dann in Wirklichkeit Elisabeth oder Liesbeth und konnte durchaus noch weitere Vornamen haben. Johannes wurde oft in Johann abgekürzt usw. Bei den Männern war es weit verbreitet, dass die Namen der Väter weitergegeben wurden als stille Namen (das war verbreitet, also nicht immer der Fall).
Mal ein Beispiel aus meiner Ahnendatei
Paul Richard Kümmel (Rufname wahrscheinlich Richard - mein Ururopa)
Heinz Richard Kümmel (Rufname Heinz - mein Uropa)
Heinz Herbert Kümmel (Rufname Herbert - mein Opa)
Kurt Herbert Dietmar Kümmel (Rufname Dietmar - mein Papa)
wir haben das nicht fortgesetzt: unser Sohnemann heißt Julian
Wenn ihr nicht weiterkommt, ist das Einwohnermeldeamt bzw. Standesamt - wie gesagt - eure nächste Anlaufstelle. Bei den Traudaten findet ihr die Namen der Brauteltern und auch woher diese stammen (Geburtsort), bei den Frauen steht der Geburtsname dabei. Ihr müsst dann bei den Einwohnermeldeämtern der Geburtsorte weitersuchen nach dem Geburtsblatt und dort findet ihr dann wieder deren Eltern namentlich benannt.
Das ist sehr aufwendig und kostet auch ein bissl Geld - die geben aber auch schon brieflich Auskunft (vorher Kosten erfragen). Das könnt ihr bis 1875 so zurückverfolgen anhand der Unterlagen des Standesamtes bzw. der Einwohnermeldeämter. Alles was davor war, bekommt ihr nur aus Kirchenbüchern. Bei uns war es so, dass meine Familie schon seit Jahrhunderten im gleichen Gebiet wohnt (im Radius von etwa 50 km). In den alten Kirchenbüchern ist u.a. vermerkt wann Kinder getauft wurden (man bedenke, dass die Kinder meist innerhalb von 1-4 Tagen nach der Geburt getauft wurden), je nachdem wie die Gemeinde die Taufbücher geführt haben, findet sich dort ein Verweis zur Abschrift einer Taufurkunde (wo ihr dann die Namen der Eltern des Täuflings finden könnt) oder die Eltern stehen direkt mit im Verzeichnis drin. Dann müsst ihr etwa 20-25 Jahre zurückrechnen und wieder im Taufverzeichnis nach den Namen der Eltern suchen (dort findet ihr dann wieder deren Eltern usw).
Es klingt umständlich - ist es auch. Dazu kommt: Die Bücher sind in altdeutsch geschrieben. Sie wurden von den Pfarrern geführt - also per Hand geschrieben - und teilweise hatten die wirklich eine Klaue. Wenn man nicht aufpasst liest man Christine anstatt Christina.
Wenn ihr Pech habt gibt es die Kirchenbücher nicht mehr, weil sie in den Kriegjahren entweder verbrandt wurden oder unauffindbar "in Sicherheit gebracht" wurden. Meine Oma stammt z.B. aus Schlesien, Kreis Jauer und ist damals bei der großen Flucht aus Schlesien hierhergekommen und hat hier meinen Opa geheiratet. Ich habe lange nach den Kirchenbüchern von Jauer geforscht, sie galten als "verschollen". Es war lediglich in der Pfarrei vermert, dass der Pfarrer diese wichtigen Bücher einer Familie anvertraut hat, die auch auf der Flucht war. Er hatte aber den Namen der Fam. nicht vermerkt (wahrscheinlich absichtlich). Die Familie sollte die Bücher an einen sicheren Ort wieder in "sichere Hände" übergeben. Die Bücher galten dann über Jahrzehnte als verschollen. Vor zwei Jahren tauchten sie wieder auf. Wurden einer großen Bibliothek gespendet. Sie schlummerten über Jahrzehnte auf einem Dachboden und kamen bei einer Entrümpelungsaktion wieder ans Tageslicht. Leider kann man dort keine Abschriften erhalten, heißt ich muss selbst hinfahren und dort drin suchen - wenn sie mich lassen (ist leider über 600 km weit weg und ich bin noch nicht wirklich dazu gekommen, dort inzukutschen).
Man kann wirklich ziemlich viel machen bei der Ahnenforschung. Ich habe mir bei e-bay z.B. eine alte Straßenkarte von Schlesien ersteigert und habe mir dort von meiner Oma zeigen lassen, wie sie von ihrem Heimatort aus über welche Orte rüber geflüchtet sind.
So weiteres dann im nächsten Posting ....