Einmal Hölle und zurück (KH)

Nerdmama

Wonder Woman
Dann will ich auch mal einen Geburtsbericht schreiben. Warnung vorweg, er ist lang! Aber es war ja auch eine lange Geburt... Schon jetzt mein Respekt und Dank an jeden, der ihn tatsächlich bis zum Ende liest!

Dienstag, 10.9.

- ca 17.00: Ich bin einen Tag über ET, von Wehen keine Spur, und auch sonst habe ich nicht den Eindruck, dass der Wurm sich bald auf den Weg machen will. Ein dringendes Bedürfnis scheucht mich vom Sofa hoch, ich pilgere mal wieder ins Bad. Kaum dass ich die Hose runter ziehe merke ich, wie irgendwas anfängt zu laufen (zum Glück war die Hose samt Einlage noch drunter, so dass alles da rein ging). Ein schneller Blick nach unten, was auch immer es war, es war farblos, ich sehe zumindest nix. Naja, vielleicht mal wieder vermehrter Ausfluss, denke ich mir. Der Gedanke erübrigt sich dann nach dem Abputzen, als ich zwei lange, blutige Fäden am Klopapier kleben habe. Ich hab da ja mal was von ner Zeichnungsblutung gehört...
Ansonsten nix zu spüren im Bauch. Die nächsten zwei Stunden verbringe ich mit regelmäßigen Besuchen im Bad, es tröpfelt immer mal so ein wenig, und was jetzt kommt ist weniger Blut als vielmehr eine rosa-schleimige Flüssigkeit. Langsam mache ich mir doch Sorgen, ob das nicht doch schon ein Blasensprung war.

- 19.00: Luis und ich schlagen im Krankenhaus auf, die Hebamme vor Ort hängt mich gleich ans CTG - nix mit Wehen! Bei der Untersuchung stellt sie dann fest, dassder MuMu noch geschlossen ist, GBH zwar verkürzt aber noch tastbar. Da es aber definitiv ein Blasensprung war darf ich gleich offiziell auf der Gynäkologie einchecken. Zum Glück ist da wenig Betrieb, und wir bekommen ein Familienzimmer, so dass Luis auch bleiben kann. Wie sich zeigen sollte konnte ich ihn auch noch bitter brauchen in den folgenden Tagen. Gegen 22 Uhr soll ich dann wieder im Kreißsaal sein, zur CTG-Kontrolle. Bis dahin darf ich durch die Gänge 'lustwandeln' (Originalzitat Ärztin).

-22.00: Wieder am CTG, noch immer spüre ich keine Wehen, und auch das CTG zeigt dahingehend nichts. Immerhin sind die Herztöne kräftig und soweit scheint alles in Ordnung zu sein.

Mittwoch, 11.09.

- 0.00: Ich hänge immernoch am CTG, sehr vereinzelt schreibt es ganz kleine Wehen, von denen ich nichtmal was spüre. Es gibt die erste Gabe Antibiotika, nachdem ich ja einen Blasensprung ohne Wehen hatte. Auf einmal geht die Tür auf und Dienstärztin sowie die über Nacht diensthabende Hebamme kommen rein, Happy Birthday singend, mit zwei Tellern Kuchen in der Hand und ner Flasche Sekt. Ich gucke erstmal verstört wie ein Busblinker und frage mich, was denn jetzt abgeht. Dann realisiere ich, es ist nach Mitternacht... und ich habe Geburtstag! Das war mir total aus dem Sinn gekommen, ich hätte es vermutlich komplett vergessen ohne diese kleine Feier im Kreißsaal. Nachdem wir Kuchen und Sekt zu viert vernichtet und noch eine ganze Weile geplaudert haben schickt man uns ins Bett bis zum nächsten Morgen.

- 7.00: Während der Nacht passiert wehenmäßig auch kaum was, ich werde gelegentlich wach mit einem Ziehen im Unterleib, aber nicht stärker als bei meiner Periode. Um 7 weckt mich die Schwester, ich soll um halb 8 wieder im Kreißsaal sein. Dort werde ich gleich wieder ans CTG verfrachtet und untersucht. Das CTG zeigt wenig neues, bei der Untersuchung kommt man gerade so mit der Fingerkuppe in den MuMu. Also bekomme ich homöopathische Tabletten, von denen ich fortan alle 15 Minuten eine schlucken darf, um die Wehentätigkeit anzuregen. Und das wo ich von Alternativmedizin gar nix halte. Aber gut, was tut man nicht alles. Nach zwei Stunden kommt das CTG dann ab, ich darf wieder auf mein Zimmer um endlich mal zu frühstücken. Fleißig weiter Tabletten einwerfen... von der Wirkung merke ich nichts.

- 11.00: Wieder im Kreißsaal, alle Befunde sind unverändert. Diesmal wird entschieden, die Wehen einzuleiten, und ich bekomme eine Vaginaltablette verpasst. Immerhin darf ich dafür aufhören, viertelstündlich die anderen Pillen zu schlucken. Nach zwei weiteren Stunden am CTG darf ich zum Mittagessen gehen.

- 14.30: Meine Mama und Oma kommen zu Besuch, und bringen mir meinen Geburtstagskuchen mit. Immerhin in den Genuss komme ich. Langsam merke ich auch Wehen, allerdings total unregelmäßig, mal alle halbe Stunde, mal alle 20 Minuten, mal noch kürzer. Die Intensität nimmt auch ein wenig zu, ist aber noch problemlos auszuhalten.

- 16.00: Nächster Besuch im Kreißsaal, das CTG zeichnet endlich auch mal eindeutige Wehen auf. MuMu ist jetzt fingerbreit offen, ich fange an zu hoffen, dass jetzt endlich alles in die Gänge kommt. Man behält mich wieder zwei Stunden am CTG und entlässt mich dann wieder mal auf mein Zimmer um zu essen.

- 20.00: Ich werde wieder in den Kreißsaal gerufen, den ich diesmal für die nächsten 28 Stunden nicht mehr verlassen sollte (abgesehen von einem kurzen Ausflug in den OP). Der Befund ist nahezu unverändert, die Wehen nicht stärker und nur unwesentlich regelmäßiger, und auch am MuMu tut sich wenig. Also gibt es die nächste Tablette, die Wehen werden häufiger und stärker, und so liege ich für einige Stunden da und wehe vor mich hin. Mittlerweile weiß ich, 'Wehen' kommt von 'es tut weh!'. Dummerweise wirken die Wehen kaum auf den MuMu, der mittlerweile bei etwas mehr als 2cm ist. Ich rechne schnell aus, wenn das in dem Tempo so weiter geht kommt das Kind irgendwann nächste Woche.

Donnerstag, 12.09.

- 0.00: Die Wehen tun jetzt wirklich weh und kommen in unter 10 Minuten. Der richtige Zeitpunkt um zu fragen, wann es angemessen ist seine PDA zu verlangen. Aber ich werde enttäuscht, ehe es die PDA gibt soll der MuMu noch weiter auf gehen, nicht dass die PDA den Prozess wieder verlangsamt. Und wir sind erst bei 3cm. Ich sollte rumlaufen, aber das kann ich nicht, ich bin zu müde. Die ganze Pendelei von Kreißsaal zur Station und zurück über den ganzen Tag und die recht kurze Nacht zuvor fordern langsam ihren Tribut. Also werde ich auf den Gymnastikball gesetzt, wo ich etwas aushalten soll. Die Wehen werden noch schmerzhafter, und ich muss anfangen zu hecheln, um nicht zu jammern. So sitze ich da, und denke die Zeit geht niemals vorbei. Ich bin müde, habe Schmerzen, will endlich mein Kind haben...

- 3.00: Nächste Kontrolle, und endlich ist der MuMu bei 6cm. Ich darf meine PDA haben! Ich war noch nie so froh jemanden zu sehen, wie die beiden Anästhesisten, die kurz später auftauchen. Kaum sitzt die PDA wird mir angenehm warm, und die Schmerzen lassen nach. Gemütlich eingekuschelt fallen mir die Augen zu, und endlich kann ich ein bisschen schlafen. Luis nutzt die Gelegenheit, um ebenfalls ins Bett zu gehen, der hat ja genau so lange durchgemacht wie ich.

- 5.30: Ich wache wieder auf, aber selten kam mir Schlaf so erholsam vor wie diese 2,5 Stunden die ich tief und fest geschlummert habe. Das CTG zeichnet mittlerweile sehr regelmäßige und kräftige Wehen auf, von denen ich aber absolut nichts merke. Die PDA liegt perfekt. Bei der nächsten Untersuchung dann die Enttäuschung, anscheinend hat sich die Hebamme in der Nacht vertan, denn der MuMu ist doch erst bei 4cm. Aber solange mir nix mehr weh tut bin ich friedlich.

- 8.00: Zeit für die ärztliche Visite. Da nichts voran geht wird jetzt mit schweren Geschützen geschossen, und ich komme an den Wehentropf. Die Hebamme die jetzt im Dienst ist macht mir Mut, spätestens zum Mittagessen sind wir zu dritt. Das baut mich auf, spätestens in 5 Stunden wäre es dann ja überstanden.

- 10.00: Der Wehentropf läuft mittlerweile auf 70, und trotz PDA habe ich wieder irrsinnige Schmerzen. Die PDA wird auf Maximum gestellt, das lindert es etwas, aber Schmerzfreiheit werde ich sehr lange nicht mehr kennen. Am MuMu tut sich endlich was, er geht jetzt recht zügig auf. Und diesmal ist auch die Blase komplett gesprungen, bisher war sie laut Hebammen nur recht hoch angerissen. Vorm MuMu war sie bisher immernoch zu spüren gewesen. Die Tatsache, dass es jetzt ständig aus mir raus schwappt spricht ebenfalls dafür, dass sie jetzt endgültig den Geist aufgegeben hat.

- 14.00: In den vergangenen Stunden wurden die Schmerzen noch schlimmer, und am Ende hatte ich bei jeder Wehe das Gefühl, das Kind kommt am falschen Ende raus. Als müsste ich unheimlich dringend aufs Klo. Je länger dieses Gefühl anhält, umso mehr bin ich davon überzeugt dass es noch schlimmer ist als die Schmerzen von den Wehen. Irgendwann habe ich das Gefühl, es nicht mehr auszuhalten und schreie nach der Hebamme. Die schaut nach und bestätigt, ich habe Presswehen, der MuMu ist endlich komplett offen.
Aber das Kind liegt noch nicht komplett unten im Becken, und der Kopf ist noch nicht ganz in die richtige Richtung gedreht. Ich soll bei der nächsten Wehe vorsichtig mitpressen, was eine enorme Erleichterung ist, wie ich feststelle. Davon geht immerhin dieser unmenschliche Druck von der Dammregion weg. Trotzdem rutscht das Kind nicht, also lautet die neue Ansage: nicht mehr pressen! Von jetzt an soll ich mich alle Viertelstunde von einer Seite auf die andere legen, um dadurch das Kind zum drehen zu motivieren. Mich umdrehen, spinnen die? Ich kann mich vor lauter Schmerzen im Unterleib und mittlerweile auch dem Rücken (vom stundenlangen Liegen drauf) nicht mehr bewegen. Also werde ich in regelmäßigen Abständen von Hebamme und Luis hin und her gedreht, und jedes Mal kommen mir die Tränen, so weh tut jede noch so kleine Bewegung. Dazu noch dieser wahnsinnige Drang zu pressen, den ich ständig irgendwie unterdrücken muss. Langsam habe ich das Gefühl, dass diese Sache niemals vorbei geht, und ich den Rest meines Lebens mit Schmerzen da liegen muss.

- 16.00: Nichts ist passiert, das Kind liegt immernoch mit der Nase in die falsche Richtung. Die Hebamme ist langsam beunruhigt und ruft sich den Oberarzt bei, dessen Untersuchung auch kein anderes Ergebnis zeigt. Er sagt, wir geben der Sache noch eine Stunde, dann müssen wir uns was überlegen. Gleichzeitig wird mir mal wieder Blut abgenommen, was in den letzten beiden Tagen alle paar Stunden gemacht wurde, ebenso wie die Antibiotika die ich regelmäßig bekomme.

- 17.00: Die Stunde ist vorbei, Hebamme und Arzt untersuchen mich wieder. Ich habe den Überblick verloren wie viele Leute in den letzten beiden Tagen wie oft ihre Finger in mir drin hatten. Es ist mir mittlerweile auch herzlich egal. Noch immer hat das Kind sich nicht gedreht und der Oberarzt, mittlerweile offensichtlich auch beunruhigt, nennt die beiden bleibenden Alternativen: mit der Saugglocke versuchen ihn zu holen, oder Sectio. Saugglocke klingt nicht sehr verlockend, aber ich will keine Sectio, ich will mein Kind zur Welt bringen wie die Natur es sich gedacht hat. Also werde ich untenrum schonmal prophylaktisch betäubt, weil die Saugglocke einen Dammschnitt unumgänglich macht. Der Arzt fummelt die Saugglocke in Position, was nicht gerade angenehm ist, und die Hebamme klettert zu mir aufs Bett um sich in Position zu bringen, als wollte sie mich wiederbeleben. Auf drei ist dann Teamarbeit gefragt, der Arzt zieht mit der Glocke an, die Hebamme stemmt sich mit ihrem ganzen Gewicht auf meinen Bauch und drückt nach unten, und ich presse mit so fest ich kann. Zwei mal versuchen wir das ganze, dann steht fest: das Kind bewegt sich keinen Zentimeter nach unten.

Fast zeitgleich kommt auch der Laborbericht rein, meine Blutwerte werden schlechter, der Entzündungswert ist in den letzten Stunden massiv gestiegen. Außerdem zeigt eine schnelle Kontrolle, dass ich mittlerweile Fieber habe. Das ist der Moment in dem der Arzt auf die Uhr schaut, die Hebamme ansieht uns sagt: "Ruf die Anästhesie und den OP an, in einer halben Stunde muss das Kind raus sein!"
Sofort sprintet alles aus dem Zimmer (also Hebamme und Assistenzärztin), während mein Hirn sich noch an der Verarbeitung dieser Information versucht. Ich gucke zu Luis hoch, der neben meinem Bett steht, plötzlich kreidebleich wird und diesen weggetretenen Blick bekommt. Mir schwant schreckliches, und im nächsten Moment beginnt er auch schon zu schwanken, der Oberarzt schafft es gerade noch ihn halbwegs aufzufangen und auf den Boden zu verfrachten. Er ruft die Hebamme zurück und für den Moment ist alles mit meinem Freund beschäftigt. Währenddessen liege ich auf dem Bett und auf einmal ist alles so egal was passiert. Mein Hirn entscheidet sich für den Standbymodus und schafft es mich davon zu überzeugen, dass all das überhaupt nichts mit mir zu tun hat was gerade passiert. Die Welt kann machen was sie will, es geht mich nichts an.

Zwei Minuten später steht Luis wieder auf den Beinen, und mit mir sind mittlerweile drei Anästhesisten beschäftigt, während mich nebenher noch die Assistenzärztin über die Sectio aufklärt und eine Unterschrift von mir will. Ich werde von gefühlten zehn Leuten vom Bett auf eine Pritsche gehoben/gezogen, und in den OP gekarrt. Nach viel Diskussion erlauben sie Luis, mitzukommen, vorausgesetzt er sitzt die ganze Zeit im OP.
Kaum im OP angekommen werde ich vom der Pritsche auf den OP-Tisch gezerrt, und wieder sind zahllose Leute gleichzeitig an mir zugange, legen venöse Zugänge, hängen mich an Monitore, desinfizieren mich und verpassen mir Infusionen mit BTM und anderem guten Zeug. Eine OP-Schwester kommt zu mir an den Kopf, schaut mich an und meint: "Sarah, Sarah, was machst du denn für Sachen?" Ich bin total verwirrt (was man mir wohl ansieht) und erst als sie kurz ihren Mundschutz runterzieht erkenne ich, dass es Nadine ist, die mit mir zusammen die Ausbildung gemacht hat. Irgendwie beruhigt es mich, dass jemand bei mir ist, der mich kennt.

Kurz darauf merke ich dann, wie ein geruppel und gezuppel an meinem Bauch losgeht und weiß, jetzt fangen sie an. Und da ich schon bei einer Sectio dabei war weiß ich ganz genau, was die da gerade tun: die reißen meinen Bauch auf. Dummerweise weiß ich sehr detailliert, was die da gerade machen, und auch wenn ich es nicht sehe und es nicht weh tut, ich spüre, dass die da was machen, und habe Bilder dazu vor Augen. Jetzt werde ich doch ein klein wenig panisch. Eine Anästhesistin, die anscheinend merkt, dass ich gerade die Fassung verliere redet mir gut zu und versucht mich zu beruhigen. Das einzige was mich tröstet, dieses ganze Martyrium durch das ich gegangen bin ist bald vorbei!

- 18.26: Hinter dem Tuch höre ich ein Quäken! Mit 54cm, 3720g und 37cm KU hat es Rafael endlich auf diese Welt geschafft! Sekunden später hält der Arzt einen blutig verschmierten Hinterkopf über die Abtrennung und witzigerweise ist mein erster Gedanke "Toll, was soll ich da jetzt sehen... mein Kind hat nen Kopf." Dann wird es auch sofort der Hebamme in den Arm gedrückt, die damit aus dem OP verschwindet, draußen wartet schon der Chefarzt der Kinderklinik persönlich.
Ich liege da und harre der Dinge, die da kommen, die Ärzte machen an meinem Bauch weiter. Eine halbe Ewigkeit später kommt die Hebamme zurück, ein riesiges Handtuchbündel im Arm, und packt mir selbiges auf die Brust. Ich hebe so gut es geht den Kopf, sehe viele dunkle Haare, eine kleine Froschschnute, und kleine Augen, die mich anblinzeln. Augenblicklich bin ich unsterblich und unwiederruflich verliebt! Es gelingt mir gerade noch, dem Fröschlein einen Kuss auf die Wange zu drücken und verzückt von mir zu geben "Er ist ja so schön!", dann drückt die Hebamme ihn Luis in den Arm, der ihn die restliche Zeit über hält und wiegt.

Von mir fordern die totale Erschöpfung, der emotionale Stress und auch die vielen guten Medikamente auf denen ich bin dann ihren Tribut, und ich fange an zu zittern. Unkontrolliert. Egal wie sehr ich mich anstrenge, ich kann meine Muskeln nicht kontrollieren. Zum Glück bin ich vom Brustbein abwärts sowieso betäubt. Kurz darauf wird mir auch noch schwummrig, ich werde so furchtbar müde, und mein Kopf rollt hin und her, weil ich ihn einfach nicht mehr halten kann. Irgendwo höre ich auch einen Alarm losgehen und die Anästhesisten springen alle hektisch umher. Irgendwo im Hinterkopf meldet sich auch eine Stimme die mir sagt, dass die nachdem sie das Kind geholt haben schon viel zu lange an mir rummachen, normalerweise sollte das in 20 Minuten erledigt sein.
Und auch wenn der Arzt es leise zu den Anästhesisten sagt, ich höre es doch noch: "Sie hört nicht auf zu bluten."

Mein Geist ist wieder hellwach, erinnert sich an die Passage aus der OP-Aufklärung in der es hieß, in seltenen Fällen kann es zu starken Nachblutungen kommen, die es notwendig machen die Gebärmutter zu entfernen, damit man nicht auf dem OP-Tisch verblutet. Alle Alarmglocken schrillen, das darf nicht passieren! Trotz dem Horror den ich gerade durchlebt habe, ich will noch zwei Kinder, ich brauche meine Gebärmutter! Um irgendwas zu sagen bin ich zu müde, aber ich schicke tausend Stoßgebete zu allen Göttern die mir einfallen.
Nach einer Weile fühle ich mich dann auch ganz langsam wieder besser und weniger benebelt. Aus den Geräuschen schließe ich, dass sie dazu übergegangen sind, Gefäße mit dem Elektroskalpell zu verschließen. Nach einer Gefühlten Ewigkeit taucht dann auch der Oberarzt an meinem Kopf auf, gratuliert mir zu einem laut Kinderarzt gesunden und munteren Jungen (was sich ja nach zwei Tagen auch noch ändern sollte) und informiert mich, dass ich zwar stark nachgeblutet habe, sie aber alle Blutungen gestoppt haben. Dem Universum sei Dank, ich kann noch Kinder bekommen!

- 19.45: Ich werde in ein sauberes Patientenbett verfrachtet, und zurück in den Kreißsaal geschoben, wo man mittlerweile mein Fröschlein angezogen hat. Er wird mir auf die Brust gelegt, und mir ist die Welt da draußen wieder total egal, denn endlich endlich habe ich mein Baby im Arm!

Fazit: Ja, ich habe mir das Ganze anders gewünscht und vorgestellt! Im Nachhinein und insgesamt betrachtet war es die Hölle. Zum Glück wusste ich zu keinem Zeitpunkt, was mich alles noch erwartet, ich habe mich immer mit dem Gedanken getröstet, dass es in zwei oder drei Stunden sicherlich vorbei ist, und ich mein Baby im Arm halte. Natürlich bin ich ein wenig traurig, dass es nicht mit einer Spontangeburt geklappt hat, ich wollte nie eine Sectio. Außer, die Situation macht es erforderlich weil sonst das Wohl meines Kindes gefärdet ist, in dem Fall gibt es gar keine Diskussion um eine Sectio, das habe ich vom Anfang der Schwangerschaft an gesagt. Und am Ende war ja genau das der Fall, von daher kann ich damit leben, dass es doch eine OP wurde.
Was die Gesamtsituation angeht, mit der habe ich in dem Moment meinen Frieden gemacht, in dem ich mein Fröschlein das erste Mal im Arm hatte. Es hat sich gelohnt, jede einzelne Sekunde davon, für dieses wundervolle kleine Wesen!
 
AW: Einmal Hölle und zurück (KH)

UI...das ist echt hart und tut schon weh nur beim Lesen

Respekt das du es schonso positiv sehen kannst

LG und eine tolle Zeit mit deinem Fröschlein
Eva
 
AW: Einmal Hölle und zurück (KH)

Oh Sarah....ich musste jetzt echt ein paar mal schlucken. Es ist so heftig was dir bzw. euch passiert ist. Da ich selber einen kaiserschnitt hatte wo mein Blutdruck rauf und runter ging kann ich diesen Teil leider gut nachvollziehen .

Ich hoffe dass du das Erlebnis gut verarbeiten kannst:-*
 
AW: Einmal Hölle und zurück (KH)

Puhhhhhh, ich habs geschafft -und echt mitgefiebert obwohl ich das *Happy End* ja kannte.

Ich freue mich sehr,dass am Ende doch alles gut gegangen ist. Und ja,in deiner Pressphase-falscher-Ausgang-Schilderung ging es mir durch und durch und ich fühlte mich zurückversetzt. *gänsehaut*

Und deine letzten Worte, das sich alles gelohnt hat, ja da musste ich schmunzeln. Das haben wir dir immer gesagt,egal was und wie die Würmchen ihre Geburt anstellen -es lohnt sich immer,wenn man es endlich im Arm hat. Wahnsinn,wie schnell man die (bei dir langen) Momente davor verdrängt,mh?
 
AW: Einmal Hölle und zurück (KH)

Och, mit verdrängen hat das denke ich nix zu tun, Janine. Ist ja nicht so, dass ich mir einrede, es wäre nicht passiert. Ich erinnere mich noch sehr lebhaft daran, und ich finde es mies, dass es gelaufen ist, wie es eben gelaufen ist. Aber ändern lässt sich das jetzt nicht mehr, und immerhin hat es dazu geführt, dass ich jetzt meinen kleinen Frosch habe. Von daher hadere ich jetzt nicht noch im Nachhinein mit dem Schicksal, weil es mich da durch geschickt hat. Ich hoffe einfach, die beiden nächsten Male werden besser (bzw plane ich für die vermutlich einfach direkt ne Sectio, um das Risiko gar nicht mehr erst einzugehen).
 
AW: Einmal Hölle und zurück (KH)

Da hast du viel durchmachen müssen, um dein Glück in den Armen halten zu können. Alle Achtung, dass du das so gut wegsteckst :prima:
 
AW: Einmal Hölle und zurück (KH)

Danke, dass du deine Geburtsgeschichte mit uns geteilt hast und so ins Detail gegangen bist.
Ich konnte deine Geschichte leider gut nachfühlen, da Charlottes Geburt einige Parallelen hatte.
Bei mir ist die Sectio dann allerdings unter Vollnarkose gewesen und ich hab von dem Blutverlust nichts mitbekommen. Das war in der Hinsicht dann wohl ganz gut.

Auf jeden Fall fühle ich mich jetzt nicht mehr ganz so allein, wenn ich immer von den ganzen tollen Geburten höre/lese. Danke!
 
AW: Einmal Hölle und zurück (KH)

Ach Du Liebe, ich hab versucht Dich zwischendurch abzulenken und aufmuntern. Ich kannte die Geschichte schon und trotzdem kamen mir Tränchen. Damit war ja & Marathon noch nicht vorbei....
Wie geht's euch denn?
:bussi:
 
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