Courage in der Erziehung

G

Giovanna

Jill A.L. hat gesagt.:
@ Johanna: Woran erkennt man ob Kinder sicher gebunden sind oder nicht?

Hm... so im Alltag ist das schwer feststellbar.
Für die Bindungsforschung wurde ein ganz spezieller Labortest, die Fremde Situation, ausgearbeitet. Dabei handelt es sich um eine Art "Minidrama" für das Kleinkind (das ca. zw. 1 und 1 1/2-Jahren alt sein sollte), bei dem die Mama für einige Minuten den Raum verlässt und das Kind einmal allein und einmal im Beisein einer Fremden (aber sehr freundlichen) Person, im Labor (der fremden Situation) zurückbleibt. U.a. an der Reaktion des Babys bei der Wiederkehr der Mama erkennt man die Bindungsqualität.

Für Kiga-Kinder wurde ein ähnlicher Test entwickelt, der allerdings nicht ganz so genau ist, da die Kinder in dem Alter schon ein Verhalten "vortäuschen" können.

Jedenfalls ist es so, dass ein sicher gebundenes Kind, ganz genau weiß, dass es bei der Mama jederzeit Schutz findet, wenn Gefahr droht. Ein sicher gebundenes Kind versucht weder seine Gefühle (z.B. Angst, Traurigkeit) zu verbergen noch steigert es sich zuviel hinein. Es zeigt einfach seine Gefühle, holt sich den nötigen Trost und dann ist alles wieder in Ordnung.

Besser kann man aber den Unterschied noch erklären, wenn man die unsicheren Bindungsqualitäten näher beschreibt. Wenns dich noch interessiert, sag bescheid, dann kann ich morgen nochwas dazu schreiben. Wenn deine Frage damit beantwortet ist, ists natürlich auch gut :) .

lg, Johanna
 
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5MädelHaus

Achso. Dann hatte ich das genau umgekehrt verstanden. Das wäre für mich eine zu tiefe Wahrnehmungsschwelle gewesen (die Wahrnehmung für Babys Bedürfnis)

Liebe Grüsse

Rachel
 
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5MädelHaus

Giovanna hat gesagt.:
Hm... so im Alltag ist das schwer feststellbar.
Für die Bindungsforschung wurde ein ganz spezieller Labortest, die Fremde Situation, ausgearbeitet. Dabei handelt es sich um eine Art "Minidrama" für das Kleinkind (das ca. zw. 1 und 1 1/2-Jahren alt sein sollte), bei dem die Mama für einige Minuten den Raum verlässt und das Kind einmal allein und einmal im Beisein einer Fremden (aber sehr freundlichen) Person, im Labor (der fremden Situation) zurückbleibt. U.a. an der Reaktion des Babys bei der Wiederkehr der Mama erkennt man die Bindungsqualität.

Für Kiga-Kinder wurde ein ähnlicher Test entwickelt, der allerdings nicht ganz so genau ist, da die Kinder in dem Alter schon ein Verhalten "vortäuschen" können.

Jedenfalls ist es so, dass ein sicher gebundenes Kind, ganz genau weiß, dass es bei der Mama jederzeit Schutz findet, wenn Gefahr droht. Ein sicher gebundenes Kind versucht weder seine Gefühle (z.B. Angst, Traurigkeit) zu verbergen noch steigert es sich zuviel hinein. Es zeigt einfach seine Gefühle, holt sich den nötigen Trost und dann ist alles wieder in Ordnung.

Besser kann man aber den Unterschied noch erklären, wenn man die unsicheren Bindungsqualitäten näher beschreibt. Wenns dich noch interessiert, sag bescheid, dann kann ich morgen nochwas dazu schreiben. Wenn deine Frage damit beantwortet ist, ists natürlich auch gut :) .

lg, Johanna

Noch eine Frage Johanna, ich find das Thema wahnsinnig interessant. Kann ein sicher gebundenes Kind auch "übertrieben" reagieren, nach diesem test, aber trotzdem sicher gebunden sein ?

Ich weiss dass Aurélie sich total reingesteigert hätte, dabei bin ich immer auf ihre Bedürfnisse eingegangen.

Liebe Grüsse

Rachel
 
M

Märilu

Mal am Rande:

"Gefühl der Wirksamkeit seines Verhaltens"

ist eine extrem wichtige Voraussetzung für die Wahrnehmunsentwicklung im Allgemeinen und für die Sprachentwicklung im Besonderen! Es sollte jeder Mutter bewusst sein, dass sie sich mit zuverlässiger Reaktion auf die Äußerungen ihres Babies entwicklungsfördernd verhält! (Mal ganz abgesehen von der emotionalen Sicherheit, die daraus entsteht.)

Giovanna, Du machst Dir so viel Arbeit hier! DANKE!

:winke:
 

Jill A.L.

Dauerschnullerer
Giovanna hat gesagt.:
Besser kann man aber den Unterschied noch erklären, wenn man die unsicheren Bindungsqualitäten näher beschreibt. Wenns dich noch interessiert, sag bescheid, dann kann ich morgen nochwas dazu schreiben. Wenn deine Frage damit beantwortet ist, ists natürlich auch gut :) .
interessiert mich sehr, wenn du noch Lust hast zu schreiben, freu ich mich.

Gruß
Jill
 
G

Giovanna

Hallo ihr Lieben!

Ich versuch mal die komplexen Zusammenhänge zu erklären...

Das "Ergebnis" beim Fremden-Situations-Test, wird in den ganz genauen Längsschnittstudien der Bindungsforschung immer im Zusammenhang mit mehreren ausgiebigen Beobachtungen der Mutter-Kind-Interaktionen im ersten Lebensjahr bewertet. Der Labortest allein kann die Bindungsqualität nicht exakt vorhersagen. Darum ist es wichtig zu gucken, wie die Mutter auf die Bindungsbedürfnisse und auf das Erkundungsverhalten des Kindes reagiert, um wirklich Schlüsse daraus auf die Bindungsqualität zu ziehen.

Eine feinfühlige Mama lässt bei ihrem Säugling das Gefühl der Sicherheit wachsen. Das Kind muss keine Angst haben, bei Gefahr (also in allen Situationen in denen es sich unwoh fühlt), verlassen zu sein, weil es weiß, dass es seine schützende Bindungsperson zuverlässig herbeiholen kann. Und es kann auch sicher sein bei Herausforderungen, die es selber meistern möchte, nicht durch störende Eingriffe seiner Bindungsperson, behindert zu werden. Sicher gebundene Kinder zeigen eine schöne Balance zwischen Bindungsverhalten (in belastenden Situationen oder bei körperlichen und psychischem Unwohlsein) und Erkundungsverhalten (wenn alles in Ordnung ist).

Neben sicher gebundenen Babys gibt es auch noch unsicher-vermeidend und unsicher-ambivalent gebundene Kinder und eine kleine Zahl an Desorganisierten Kindern. Letztere gibt es aber gsd nur ganz selten, da dieses Bindungsmuser die Folge von Vernachlässigung, Missbrauch und Misshandlung ist. Darum werd ich darauf auch nicht näher eingehen.

Unsicher-vermeidende Kinder erkennt man daran, dass sie in Belastungssituationen keine negativen Gefühle zeigen. Sie tun in der Fremden Situation (FS) so, als ob sie das Weggehen der Mama garnicht kümmern würde und gehen auf ihre Mama auch nicht zu, wenn sie wiederkommt. Sie spielen einfach weiter. Misst man aber die Konzentration des Stresshormons Cortisol, so zeigt sich, dass diese Kinder am meisten Bekümmert sind, während ihre Mama nicht da ist.
Diese Reaktionen kann man am besten verstehen, wenn man guckt, wie sich die Mütter dieser Kinder im ersten Lebensjahr verhalten: Diese Mamas haben eine deutliche Aversion gegen die Nähewünsche ihrer Kinder, also gegen ihr Bindungsverhalten. Sie haben Angst ihr Kind zu verwöhnen, versorgen das Kind nur sehr kurz wenn es weint bzw. befriedigen den Wunsch nach Nähe garnicht. Gegen ende des ersten Lbj. scheinen diese Babys den nahen Kontakt zur Mama auch garnicht mehr zu mögen...
Das Alleinspielen des Kindes wird von solchen Müttern aber ganz toll unterstützt und gelobt.
Dadurch entwickeln solche Kinder in der FS, die Strategie kein Bindungsverhalten zu zeigen und möglichst viel alleine zu spielen. Aus Angst in der ungewissen Fremde zurückgelassen zu werden, verhalten sich diese Kinder so, wie sie gelernt haben, das Wohlwollen der Mutter zu erhalten.

Unsicher-ambivalente Kinder sind eher selten. In der FS zeigen sie sehr übersteigertes Bindungsverhalten und können kaum alleine spielen. Wenn die Mama den Raum verlässt protestieren diese Kinder oft so lautstark, dass diese Episode im Test frühzeitig abgebrochen werden muss und die Mama früher als üblich wieder reingeschickt wird. Ein wichtiges Merkmal für diesen Bindungstyp, ist aber, dass sich diese Kinder von der Mutter nicht gut trösten lassen können. Sie finden keine Ruhe bei ihr und zeigen oft aggressives, eben ambivalentes Verhalten iherer Mutter gegenüber.
Auch die Reaktionen der unsicher-ambivalent gebundenen Kinder versteht man am besten, wenn man guckt, wie die Mutter im ersten Lbj. auf sie eingegangen ist: Im Ggs. zu den unsicher-vermeidenden Müttern, haben diese Mamas eine Art Aversion gegen die Selbständigkeitsbestrebungen ihrer Säuglinge. Die Reaktionen auf die Kindlichen Signale waren in den Hausbeobachtungen oft unvorhersagbar und zufällig. Die Mütter ließen sich eher von ihren eigenen Stimmungen leiten, als von den Bedürfnissen ihrer Babys. Mal behandelten sie ihr Kind wie einen Schmusebären und ein andermal wurde das Baby völlig ignoriert, wenn es weinte.
Dadurch entwickeln diese Babys in der FS die Strategie, ihr Bindungsverhalten äußerst dramatisch und stark zu äußern, da sie gelernt hatten, wenn überhaupt, nur so Beachtung zu finden.

Sodele, das war mal ein zwar langer aber wohl doch unvollständiger Abriss über die Bindungsqualitäten.

Ich finde es noch wichtig, anzumerken, dass man die Bindungssicherheit nicht als etwas verstehen sollte, dass entweder gegeben ist oder nicht. Zwischen sicher und unsicher gibt es viele Abstufungen. Und auch zwischen den unsicheren Typen gibt es Mischformen.
Im Wesentlichen ist es so, dass ein Babygehirn ja sehr großzügig ist und vereinzelte "Fehler" verzeiht. Vielleicht auch eine durchgezogene "Ferberepisiode". Dennoch glaube ich leidet die psychische Sicherheit darunter, vielleicht auch nur in der spezifischen Schlafsituation. Man riskiert dadurch in der Folge, dass sich das Kind eben unsicher und panisch fühlt, wenn es dunkel ist, die Tür zur Bindungsperson geschlossen ist usw. Und man riskiert dadurch, dass es sich immer mal wieder in Belastungssituationen hilflos ausgeliefert fühlt und diese nur schwer verkraftet. Oft müssen die Eltern dann in der ganzen Kindheit hindurch in solchen Situationen extra Beistand leisten, um die verloren gegangene Sicherheit wieder aufzutanken.
Ich denke, all die "Arbeit" zahlt sich letztendlich auch für die Eltern aus, weil man es mit einem Sicheren Kind die ganze Kindheit über, viel leichter hat. Weil es Stressituationen besser meistern kann, Herausforderungen annehmen und bewerkstelligen kann und sich bei etwaigen Misserfolgen nicht gleich im Selbstwert angegriffen fühlt. Die Untersuchungen der Bindungstheorie beweisen auch, dass sichere Kinder viel kooperationsbereiter sind und sich eher an die Regeln halten.

lg, Johanna
 
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