Courage in der Erziehung

A

Addy

Liebe Mamis,

vorab, diese Seite bietet mir persönlich den lang ersehnten Blick über den Tellerrand. Im Alltag gehen leider die Menschen nicht so ehrlich mit den Themen um, was ich selbst nach voll ziehen kann.
Also diesmal möchte ich ein Thema aus der Babyzeit meines Sohnes ansprechen.

Schlafenszeiten der Babys.
Also ich war allein mit meinem Sohn. Er wachte halt immer 2x pro Nacht auf und weinte. Diesen Zustand - und ich gehörte zu den Frauen, die am Wasser gebaut waren (Hormonwechsel) - schaffte ich gerade mal 3 Monate. Dann der Stress mit dem Stillen, was nur funktionierte wenn ich ausgeschlafen war.

Ich fand schließlich eine alternative und sehr engagierte Kinderärztin, die lange Zeit in Afrika gearbeitet hatte. Bei ihr bin ich dann zusammen gebrochen und hab gesagt, dass ich nicht mehr der Situtation gewachsen sei. Die ewigen Schlafstörungen und das lange Aufbleiben meines Babys nahmen mir alle Ressourcen.

Sie erlaubte mir, dass ich so oft wie ich wolle zur ihr kommen dürfe, um den Druck abzulassen. Mit 5 Monaten bessserte sich der Zustand nicht und ich spürte in mir eine Wut aufsteigen, und dachte ich sei die schlimmste Mutter der Welt, weil ich ungeduldig wurde.

Sie brachte mir bei, dass ich das Baby anfangen müsste zu erziehen mit den Schlafenszeiten. Also begann ich ihn gegen 20 Uhr hin zu legen und alle 5 Minuten reinzuschauen und was liebes zu ihm zu flüstern.

Mein Sohn schrie - er schrie ohne Übertreibung 20 Minuten durch. Jeden Abend das gleiche. Ich gab ihm zu trinken, damit ihm der Hals nicht weh tat, schaute regelmäßig rein - und ansonsten saß ich im Wohnzimmer, stülpte die Decke über mich und betete, dass es endlich vorbei geht.

Es kam wie es kommen musste, nach 4 Tagen Schreierei kamen die Nachbarn an die Tür und drohten mit dem Jugendamt. Bevor ich es vergesse, meine Ärztin begleitete mich durch diese Zeit täglich.

Ich zog das genau 7 Tage durch und dann heulte ich die Nacht durch und schwor mir, das aufzugeben. Genau ab dem nächsten Tag schlief mein Sohn um 8 Uhr ein und wachte nur noch 1x pro Nacht auf - was sich dann in den übrigen Monaten auch automatisch legte.

Letzten Endes bin ich froh, dass ich es so geregelt hatte. Auf die Nachbarn bin ich übrigens offen zugegangen und hab mit ihnen über alles direkt gesprochen. Dafür fehlte ihnen aber die Courage und sie mieden mich.

Wie will man heute eigentlich ein Kind erziehen, wenn jeder meint, Mitspracherecht zu haben?

Früher konnte ich auf Bäume klettern, durch den Wald streifen, ohne Helm Fahrrad fahren und meine Eltern wurden nicht angegangen.
Man braucht heute Courage, um ein Kind zu erziehen, weil jeder meint sich einmischen zu dürfen.

Seht ihr das anders?

Liebe Grüße
 

Jacqueline

Ohneha mit der Lizenz zum Löschen
Mitarbeiter
Moderatorin
Addy hat gesagt.:
Seht ihr das anders?

Ja, das sehe ich anders.

Ein 5 Monate altes Baby 20 Minuten schreien zu lassen, hat für mich nichts mit Erziehung zu tun, sondern mit einem fehlgeleiteten Verständnis, was ein Baby in diesem Alter zu tun und zu lassen hat. Was Dein Kind daraus gelernt hat, ist vermutlich nicht "wie kann ich gut schlafen" sondern "egal, wie ich schreie, es nützt nichts". Damit wird das so wichtige Urvertrauen erschüttert, das für den ganzen Rest der Mutter-Kind-Beziehung von elementarer Wichtigkeit ist.

Ein so kleines Kind kann seine Bedürfnisse nur durch Schreien äussern. Dies dann einfach zu ignorieren, weil man seinen Schlaf braucht, grenzt für mich an Egoismus und hat herzlich wenig mit Courage zu tun.


Freundliche Grüsse, Jacqueline
 

Silly

Moni, das Bodenseeungeheuer
Hallo Addy,

Mich würde mal interessieren, was hättest Du getan, wenn Dein Kind nach Tag 7 nicht eingeschlafen wäre?
Kleine Kinder gerade in dem Alter drücken ihre Bedürfnisse durch schreien aus, daher hätte ich mein Kind nicht schreien gelassen - und ich weiß wovon ich spreche. Mein Jüngster hat 5 Jahre lang nicht durchgeschlafen und kommt auch jetzt dann und wann noch nachts zu uns. Und ich bin damals durchschnittlich 4-5 x nachts aufgestanden.
Als Mutter muß man nunmal eine zeitlang seine eigenen Bedürfnisse zurückschrauben, auch wenn man "auf dem Zahnfleisch" daherkommt .

Addy hat gesagt.:
Wie will man heute eigentlich ein Kind erziehen, wenn jeder meint, Mitspracherecht zu haben?

Wer hat denn ein Mitspracherecht gehabt in Deinem Bericht? :???: Meinst Du damit die Nachbarn, die sich vielleicht Sorgen gemacht haben? Oder meinst Du die Ärztin, die Dir geraten hat Dein Kind brüllen zu lassen? :verdutz:

Addy hat gesagt.:
Früher konnte ich auf Bäume klettern, durch den Wald streifen, ohne Helm Fahrrad fahren und meine Eltern wurden nicht angegangen.

Du kannst mich gerne für zu fürsorglich halten: aber gerade was den Helm angeht - der Straßenverkehr hat seit früher wo extrem zugenommen und ohne Helm zu fahren, halte ich sogar für mich als Erwachsenen für unverantwortlich, zumal Stürze vom Fahrrad auf den Kopf im Normalfall nicht klimpflich ausgehen. :-?
Wer sollte dagegen sein, wenn Kinder auf Bäume klettern oder durch den Wald streifen?

Addy hat gesagt.:
Man braucht heute Courage, um ein Kind zu erziehen, weil jeder meint sich einmischen zu dürfen.

Ich denke auch, daß man Courage braucht um ein Kind zu erziehen, aber wieviele Kinder sind schon gestorben oder wurden verwahrlost aufgefunden, weil sich eben niemand eingemischt hat? Da braucht es auch Courage sich einzumischen. :)
Und außerdem kann man sich die Einmischung ja auch untersagen.

LG Silly
 
S

Schocko

Erst aml Hallo und herzlich Willkommen,

da ich ja auch eine bekennende rabenmutter bin habe ich nicht das Problem mein Kind auch mal schreien zu lassen.
Ich vertraue auf mein Gefühl (bzw. Gehöhr), das ich unterscheiden kann, was es für ein Brüllen ist. Wenn es Abends/ Nachts ein "mir ist langweilig" weinen ist, muß er lernen (egal wie alt), das jetzt nicht die Zeit zum spielen ist.

Addy hat ja auch geschrieben, das sie alle 5 Minuten rein gegangen ist, um ihm zu zeigen, das er nicht allein ist. Ich frage mich, was soll man denn sonst machen? Sein Kind jedesmal in den Schlaf wiegen? Die ganze zeit an seinem Bettchen stehn? Daran würden sich die kleinen Racker doch sehr schnell gewöhnen und ihnen dann bei zu bringen alleine einzuschafen, stelle ich mir auch nicht lustig vor.
Also, ich lege Wert darauf ,das meine Kinder alleine einschlafen können. Das ist ein Lernprozess bei dem ich sie unterstütze, in etwa so wie Addy es gemacht hat.

Bettina
 
S

Schocko

Kleine Kinder gerade in dem Alter drücken ihre Bedürfnisse durch schreien aus, daher hätte ich mein Kind nicht schreien gelassen - und ich weiß wovon ich spreche. Mein Jüngster hat 5 Jahre lang nicht durchgeschlafen und kommt auch jetzt dann und wann noch nachts zu uns. Und ich bin damals durchschnittlich 4-5 x nachts aufgestanden.
Als Mutter muß man nunmal eine zeitlang seine eigenen Bedürfnisse zurückschrauben, auch wenn man "auf dem Zahnfleisch" daherkommt .


erst mal kompliment ! nach 5 jahren hätte ich gar kein zahnfleisch mehr gehabt :)

hattest du denn nicht mal den wunsch etwas daran zu ändern und nicht mehr so oft aufstehen zu müssen?
klar hat es auch etwas mit egoismus zu tun,endlich mal wieder 7 stunden am stück schlafen zu dürfen, aber ich denke den kindern schadet es auch nicht. und sorry, aber ich finde es hart, wenn dann jemand sagt, das ich nicht gewillt bin meine bedürfnisse runterzuschrauben. mir war von anfang an klar, das sich mein leben komplett ändern wird, aber trotzdem bin ich nicht "nur" mutter und auch ich habe bedürnisse die gestillt werden wollen.

bettina
 
S

Scrollan

Hallo!

Ich denke, das es schon schwierig ist! Ich bin auch eine der Mütter, die fast immer direkt beim Kind war sobald sie sich gemeldet hat. Natürlich geht man irgendwann am Stock! Aber: ich habe angefangen, ähnlich zu reagieren als meine ca. 9 Monate alt war! Ich habe es nicht Abend für Abend so gehalten daß ich alle 5 Min. rein bin - nein, Aber schon ab und zu! Manchmal war ich eben auf dem Klo, oder auf dem Balkon oder habe mich um die Katzen gekümmert etc.... da konnte ich auch nicht sofort wieder rien, sondern Becca mußte jetzt mal warten! Ich habe mir dann eben vorgetsellt, daß sie das 2. Kind sei und ich jetzt eben kurz anders beschäftigt bin! Aber ich habe sie niemals wirklich schreien lassen. Denn auch ich bin der Meinung: ein Kind weint dann nicht mehr weil es resigniert und nicht weil es geklernt hat!Rebecca hat vom 1. Jahr an eine Coolness an den Tag gelegt, weil sie immer wußte, sie kann sich auf mich verlassen - sie ist nicht alleine! Deshalb hat sie nie wirklich genervt, gequängelt oder Stress gemacht. Sie wußte, ich komme .... weil ich immer kam wenn sie weinte!

Aber ich denke, jeder macht es so wie er es für am Besten hält - und ich denke auch: wenn Du das jetzt so gelöst hast, dann ist es für Dich okay. Aber bemüh Dich einfach auch, in anderen Situationen eben Dein Kind so zu nehmen wie es ist! Indem Du Dich auf es einlässt, hast Du schon gewonnen ... und viel Humor gehört auch dabei!
 

Buchstabensalat

Lebenskünstlerin
Ack. Mir persönlich ist jede Mutter, die ihr Kind 20 Minuten (och Gott, ging das schnell) schreien läßt, um vieles lieber als eine, die dann drauf haut, damit Ruhe ist.
Das Kind war ja nicht alleine, sie hat ja alle fünf Minuten danach geschaut.

Gruß,
Buchstabensalat
 

Hedwig

Sternenfee
ne klar, Buchstabensalat. und n klapps auf den po ist auch besser als ins gesicht und so.... :-?

darum geht´s doch hier gar nicht.
hilflosigkeit als courage hinzustellen kann ich nicht ganz nachvollziehen.

mir stellt sich hier eher die frage, ob es nicht ein ganz schmaler grad zwischen courage und ignoranz ist.

liebe grüße
kim
 
Oben