Liebe Rachel,
das Verzeihen hatte wir hier im Forum schon sehr oft als Thema - es ist also etwas sehr Wichtiges, das viele von uns beschäftigt.
http://www.schnullerfamilie.de/threads/63888&highlight=verzeihen
oder
http://www.schnullerfamilie.de/threads/61720&highlight=verzeihen
Hier findest Du sehr viele Gedanken zu diesem wichtigen Lebensthema.
Es kommt auch immer darauf an, wie sich jemand das Verzeihen vorstellt. Ist Verzeihen auch ohne die andere Person möglich? Brauche ich unbedingt, dass ich dem anderen sage, wie schlimm das war damals?
Ein Beispiel von mir selbst:
Ich habe sehr viele Dinge mit meiner Mutter erlebt in meiner Kindheit.
Dadurch dass ich meinen Blickwinkel wechselte - ich sah, dass sie vieles aus Hilflosigkeit und Überlastung tat (auch aus Eifersucht usw.) - entlastete es mich schon einen Teil in mir.
Ich suchte das Gespräch mit meiner Mutter - ich sprach darüber, wie ICH es fühlte und erlebte. Doch sie konnte es nicht nachfühlen und das Ergebnis war dann, dass sie sich selber noch mehr sich selbst nicht verzeihen konnte.
Als Abschluß meines Verzeihens - das wirlich aus dem herzen kam (ohne dass ich von meiner Mutter haben wollte, dass sie mich versteht), schrieb ich ihr zum Geburtstag ein "Buch". Ich schrieb alles auf, was ich als Kind toll fand, was sie tat. Ich schenkte es ihr - und sagte ihr wirklich ganz klar, dass für mich die Vergangenheit abgeschlossen ist.
Das Ergebnis: Sie hat es wohl gelesen - sie hat es wohl gehört von mir - aber sie kann es nicht annehmen - weil sie sich selbst so schlecht vorkommt, wegen allem.
Was will ich Dir damit sagen?
Wichtig ist, dass Du für Dich alleine es schaffst, zu verzeihen. Dass Du Dir selbst sagst: Ich will einen Schlußstrich ziehen - egal was der andere versteht oder mitfühlt. Denn vielleicht kann Dein Vater es nicht nachvollziehen, was in Dir vorgegangen ist - auch wenn Du es Dir im Grunde am meisten wünscht.
An das Verzeihen darfst Du keine Bedingung knüpfen: "Ich kann erst verzeihen, wenn ich mit ihm gesprochen habe und er mich in meinen Gefühlen wahrnimmt und versteht."
Es ist ein harter udn schwieriger Weg. Denn das "wahre Verzeihen" spielt sich nur mit Dir selbst ab - ohne dem anderen.
Den anderen so sein lassen, wie er jetzt ist - und Du machst das, was für DICH wichtig ist - ihm verzeihen (bedingunslos).
Denn wenn Dein Vater zum Beispiel Altersdemenz hätte oder Alzheimer - dann würdest Du ihm nie verzeihen können, weil Du ja haben willst, dass er das hört, was Du ihm zu sagen hast - und es würde aber keine Resonanz kommen.
Und Verzeihen heißt ja auch nicht, dass du jetzt auf Liebe und Grießschmarrn mit ihm leben mußt.
Man kann auch Verzeihen und Distanz leben! Glaube es mir - ich spreche aus Erfahrung!
Kannst Du nachvollziehen, was ich meine? Ist etwas lang geworden.
Lieben Gruß
Christine