Wie lernt man verzeihen

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5MädelHaus

Hallo

In letzter Zeit, kommen mir immer wieder Szene aus meiner Kindheit hoch, die ich dachte vergessen zu haben.

Wie lerne ich meinem Vater verzeihen ? ist ein Gespräch über das Geschehene mit ihm unerlässlich dazu ? ich fürchte nämlich, dass das nicht möglich ist, da er niemals bereit wäre, seine Fehler einzugestehen, und sich nur angegriffen fühlen würde, obwohl das nicht in meiner Absicht liegt.

hat das jemand schon durch ? wie habt ihr geschafft zu verzeihen, nicht nur im Kopf aber auch im Herzen ?

Liebe Grüsse

Rachel
 

Mini-Muffti

Dauerschnullerer
Hallo Rachel,

vielleicht ist ein Gespräch dazu wirklich unumgänglich. Vielleicht weiß er gar nicht, wie schlimm einige Dinge Dich belastet haben und noch immer belasten.
Versuch ihm einfach zum Verstehen zu geben, dass es wirklich nichts mit Vorwürfen zu tun hat, sondern Du dieses Gespräch einfach brauchst, um Deinen weiteren Weg zu gehen.

Ansonsten weißt Du doch sicher aus eigener Erfahrung, wie schwierig Erziehung manchmal ist.
Man möchte alles richtig machen (denn die Wenigsten handeln böswillig) und schlägt manchmal doch den falschen Weg ein. Unbewußt! Und die Folgen sind erst viel später zu erkennen.
Vielleicht hilft Dir diese Tatsache dabei ihm zu verzeihen. Der Gedanke daran, dass er es nicht mutwillig getan hat, sondern auch nur ein Mensch ist.

Ich drück Dir die Daumen, dass Du es schaffst - für Dich!

Steffi
 
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5MädelHaus

Mini-Muffti hat gesagt.:
Ansonsten weißt Du doch sicher aus eigener Erfahrung, wie schwierig Erziehung manchmal ist.
Man möchte alles richtig machen (denn die Wenigsten handeln böswillig) und schlägt manchmal doch den falschen Weg ein. Unbewußt! Und die Folgen sind erst viel später zu erkennen.
Vielleicht hilft Dir diese Tatsache dabei ihm zu verzeihen. Der Gedanke daran, dass er es nicht mutwillig getan hat, sondern auch nur ein Mensch ist.

Hallo Steffi

Danke für Deine Antwort.

Das weiss ich auch nur zu gut, und damit habe ich vopm Kopf her auch Verständnis dafür. Böswilligkeit war sicher keine dahinter, aber Egoismus. Ich glaube auch nicht, dass ein Mensch ernsthaft glaubt, Schläge seien als Erziehungsmethode geeignet.

Vor dem Gespräch hab ich mich gedrückt, weil er ein Mensch ist, der keine Kritik verträgt - sei sie noch so gerechtfertigt, und ich bin vielleicht 34 Jahre alt, aber ihm immer noch körperlich unterlegen. Davor hab ich ehrlich gesagt Angst.

Liebe Grüsse

Rachel
 

clatamo

Dauerschnullerer
rachel,
nur so ein gedanke der mir kam, wenn er
nicht passt - vergiß' es :) .

... vielleicht sind manche dinge auch einfach "unverzeihlich"?

was treibt dich um? ist es der wunsch nach klärung, nach einer antwort
auf die frage was deinen vater zu seinem handeln bewogen hat, die frage
(und der wunsch) dass er es bedauert?
oder ist es die "gute erziehung", also dass du selbst das gefühl hast
verzeihen zu müssen (obwohl dich ja offensichtlich niemand um verzeihung bittet...)?

wenn ein verzeihen nicht möglich ist, dann kann man ja vielleicht akzeptieren,
dass etwas unverzeihliches geschehen ist...


liebe grüsse
 
L

Lillian

Mini-Muffti hat gesagt.:
Ansonsten weißt Du doch sicher aus eigener Erfahrung, wie schwierig Erziehung manchmal ist.
Man möchte alles richtig machen (denn die Wenigsten handeln böswillig) und schlägt manchmal doch den falschen Weg ein. Unbewußt! Und die Folgen sind erst viel später zu erkennen.
Vielleicht hilft Dir diese Tatsache dabei ihm zu verzeihen. Der Gedanke daran, dass er es nicht mutwillig getan hat, sondern auch nur ein Mensch ist.
Vermutlich hast du damit Recht :prima:



Mir geht es ähnlich wie dir, Rachel. Bei mir ist es meine Mutter.
Ein Gespräch macht hier wenig Sinn, in Ansätzen habe ich es auch schon versucht. Sie sieht einfach nicht, dass manche Dinge in meiner Jugend und auch ncoh heute sehr schlimm waren. Dinge, die sie sagt, dass sie mich nicht akzeptieren kann, wie ich nunmal bin.

Ich versuche einfach, es positiv zu sehen: SIE ist möglicherweise nicht aus Boshaftigkeit so, sondern es entspricht eben IHRER Persönlichkeit.
Und damit kann ich mittlerweile ganz gut leben.

Da SIE in all den Dingen kein Problem sieht, werde ich mir auch nicht weiter den Kopf darüber zerbrechen - denn es kommt ohnehin nichts dabei raus.

Ich hoffe, du findest eine Lösung, mit der DU klarkommst :bussi:
 
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5MädelHaus

Hallo

Ja einige Dinge sind unverzeihlich, aus meiner Sicht auf jeden Fall.

Warum es mir wichtig ist, ihm zu verzeihen ? hmm ich glaube ich muss es tun, damit ich mich selber mögen kann. Ich bin ihm so ähnlich, und jeden Tag kämpfe ich aufs neue, nicht ins selbe Muster zu verfallen. Aber im Gegensatz zu ihm, gelingt es mir.

Ja ich glaube ich muss verzeihen, um mit mir selber im Reinen zu sein. Helfen würde es mir schon, wenn er zugeben würde, dass er Fehler gemacht hat, aber er ist sich so sicher, dass ich das schwierige Kind war.... wenn man das ganze nur anschneidet, rastet er aus. Aber es ist kaum auszuhalten, wenn er sich nach aussen als so toleranter und verständnisvoller Vater gibt.

Liebe Grüsse

Rachel
 
G

Grisu

Liebe Rachel,

das Verzeihen hatte wir hier im Forum schon sehr oft als Thema - es ist also etwas sehr Wichtiges, das viele von uns beschäftigt.

http://www.schnullerfamilie.de/threads/63888&highlight=verzeihen

oder

http://www.schnullerfamilie.de/threads/61720&highlight=verzeihen

Hier findest Du sehr viele Gedanken zu diesem wichtigen Lebensthema.

Es kommt auch immer darauf an, wie sich jemand das Verzeihen vorstellt. Ist Verzeihen auch ohne die andere Person möglich? Brauche ich unbedingt, dass ich dem anderen sage, wie schlimm das war damals?

Ein Beispiel von mir selbst:
Ich habe sehr viele Dinge mit meiner Mutter erlebt in meiner Kindheit.
Dadurch dass ich meinen Blickwinkel wechselte - ich sah, dass sie vieles aus Hilflosigkeit und Überlastung tat (auch aus Eifersucht usw.) - entlastete es mich schon einen Teil in mir.
Ich suchte das Gespräch mit meiner Mutter - ich sprach darüber, wie ICH es fühlte und erlebte. Doch sie konnte es nicht nachfühlen und das Ergebnis war dann, dass sie sich selber noch mehr sich selbst nicht verzeihen konnte.

Als Abschluß meines Verzeihens - das wirlich aus dem herzen kam (ohne dass ich von meiner Mutter haben wollte, dass sie mich versteht), schrieb ich ihr zum Geburtstag ein "Buch". Ich schrieb alles auf, was ich als Kind toll fand, was sie tat. Ich schenkte es ihr - und sagte ihr wirklich ganz klar, dass für mich die Vergangenheit abgeschlossen ist.
Das Ergebnis: Sie hat es wohl gelesen - sie hat es wohl gehört von mir - aber sie kann es nicht annehmen - weil sie sich selbst so schlecht vorkommt, wegen allem.

Was will ich Dir damit sagen?
Wichtig ist, dass Du für Dich alleine es schaffst, zu verzeihen. Dass Du Dir selbst sagst: Ich will einen Schlußstrich ziehen - egal was der andere versteht oder mitfühlt. Denn vielleicht kann Dein Vater es nicht nachvollziehen, was in Dir vorgegangen ist - auch wenn Du es Dir im Grunde am meisten wünscht.

An das Verzeihen darfst Du keine Bedingung knüpfen: "Ich kann erst verzeihen, wenn ich mit ihm gesprochen habe und er mich in meinen Gefühlen wahrnimmt und versteht."
Es ist ein harter udn schwieriger Weg. Denn das "wahre Verzeihen" spielt sich nur mit Dir selbst ab - ohne dem anderen.

Den anderen so sein lassen, wie er jetzt ist - und Du machst das, was für DICH wichtig ist - ihm verzeihen (bedingunslos).
Denn wenn Dein Vater zum Beispiel Altersdemenz hätte oder Alzheimer - dann würdest Du ihm nie verzeihen können, weil Du ja haben willst, dass er das hört, was Du ihm zu sagen hast - und es würde aber keine Resonanz kommen.

Und Verzeihen heißt ja auch nicht, dass du jetzt auf Liebe und Grießschmarrn mit ihm leben mußt.
Man kann auch Verzeihen und Distanz leben! Glaube es mir - ich spreche aus Erfahrung!

Kannst Du nachvollziehen, was ich meine? Ist etwas lang geworden.

Lieben Gruß
Christine
 
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