Tigerchen
Gehört zum Inventar
der Artikel habe ich gestern auch in Welt Kompakt gelesen und wurde sehr beeindrückt. Will das mit euch teilen.
Muttermilch gegen Krebs
Je länger gestillt wird, desto seltener treten bei Kindern Tumore und Leukämien auf
Von Birgitta vom Lehn
Für Mutter und Baby ist Stillen gesund. Dennoch stillen in Spanien nach sechs Monaten nur 35 Prozent der Mütter, in Deutschland nur noch 20 Prozent
Berlin - Dass stillende Mütter einen gewissen Schutz vor Brustkrebs genießen, ist bekannt. Doch Stillen schützt auch die Kinder vor Krebs. Das ist das Ergebnis einer Vergleichsstudie an insgesamt 374 Kindern in Spanien, die das "Journal of Paediatrics and Child Health" in ihrer Januarausgabe veröffentlicht. Der Schutz setzt jedoch erst dann ein, wenn das Baby mindestens zwei Monate lang voll gestillt wurde. Die Schutzwirkung erhöht sich mit jedem weiteren Monat, in dem das Baby ausschließlich Muttermilch erhält.
Die Forscher um den spanischen Kinderarzt Juan Antonio Ortega-García von der Uniklinik Murcia führte die Studie als Teil einer umfassenderen Analyse des US-amerikanischen, argentinischen und spanischen Kinderkrebsnetzwerks Macape durch und bezog im Jahr 2007 187 Kinder ein, die zwischen dem 1. August 2005 und dem 1. August 2006 an Krebs erkrankt waren. Pro Jahr erkranken in Spanien rund 900 Kinder an Krebs.
Als Kontrollpersonen wurden 187 Geschwister herangezogen. Bei Einzelkindern griff man auf vergleichbare andere Kinder zurück. Ausgeschlossen waren Frühchen, Kinder mit einer zweiten Krebserkrankung und Kinder, die nach der Geburt länger als drei Tage im Krankenhaus geweilt hatten. Die Mediziner kontaktierten die Familien telefonisch und führten zwei- bis dreistündige Interviews mit den Eltern. Die Kinder waren im Schnitt sechseinhalb Jahre alt. Zu den häufigsten Krebsarten zählten Leukämie (34 Prozent) und Tumore des Zentralnervensystems (14 Prozent).
Bei den Kindern, die an Krebs erkrankt waren, hatten ihre Mütter sie zwischen vier und 8,43 Wochen lang gestillt. Bei der gesunden Kontrollgruppe lag die mittlere Stilldauer deutlich höher: zwischen acht und 11,25 Wochen. Bei ausschließlich flaschengefütterten Kindern war die Krebsrate gegenüber den Stillkindern 1,8-fach erhöht. In allen Altersgruppen, schreiben die Mediziner, traten Krebsfälle bei voll gestillten Kindern seltener auf und der Schutz erhöhte sich mit der Stilldauer.
"Das zeigt, dass Stillen eine schützende Wirkung gegen kindlichen Krebs hat. Der Effekt beginnt nach den ersten acht Wochen und steigt dann fortwährend mindestens während des ersten halben Lebensjahres an", schreiben die Autoren. Der schützende Effekt beziehe sich auf alle Formen kindlicher Tumore. Der Zusammenhang zwischen Stillen und Krebsverhütung sei nicht nur vielen Eltern unbekannt, sondern auch vielen Ärzten.
Geringe Stillraten
"Ich bin sehr beunruhigt über die niedrigen Stillraten in unserer Region", sagt Studienleiter Ortega-García. Er verweist auf eine bislang unveröffentlichte Studie an 101 spanischen Mutter-Kind-Paaren. Danach stillten nach sechs Monaten noch 35 Prozent der Mütter. Die meisten stillten zwischen 45 und 63 Tagen. Hauptkriterien, die gegen das Stillen genannt wurden, waren das Rauchen, ein höheres Alter der Mütter (über 35 Jahre) und eine Kaiserschnittentbindung, die das Stillen anfangs manchmal erschwert. Außerdem stillten Mütter mit niedriger Schulbildung, solche, die bereits ein älteres Kind hatten und Mütter, die selbst Erstgeborene waren seltener. Ein Mutterschaftsurlaub wirkte sich hingegen positiv auf die Stilldauer aus.
"Wir versuchen, Sprecher für die Kinder zu sein. Manchmal fühle ich mich aber machtlos, weil die Industrie uns so stark bedrängt", sagt Ortega-García. "Die Millionen, die in die Werbung gesteckt werden, sind der größte Feind des "Ökosystems Stillen"". Kritisch äußert er sich zu den Werbekampagnen der Tabakindustrie. Er plädiert für eine Reduktion der Kaiserschnittraten, für Antitabakkampagnen, für mehr Unterstützung von Frauen in unteren sozialen Schichten und für längeren Mutterschutzurlaub.
Das bayerische "Stillmonitoring" 2006 ergab, dass hierzulande nur jedes fünfte Baby, wie von der WHO empfohlen, sechs Monate lang ausschließlich Muttermilch erhält. "Die Mütter in Deutschland beginnen schon früh mit der Zufütterung von Muttermilchersatz und Beikost", sagt Professor Hildegard Przyrembel, Geschäftsführerin der Nationen Stillkommission am Robert-Koch-Institut. Als europäisches Vorbild rangiert zurzeit Norwegen: Dort werden 80 Prozent der Kinder mindestens sechs Monate lang voll gestillt.
Aus der Berliner Morgenpost vom 3. Januar 2008
Muttermilch gegen Krebs
Je länger gestillt wird, desto seltener treten bei Kindern Tumore und Leukämien auf
Von Birgitta vom Lehn
Für Mutter und Baby ist Stillen gesund. Dennoch stillen in Spanien nach sechs Monaten nur 35 Prozent der Mütter, in Deutschland nur noch 20 Prozent
Berlin - Dass stillende Mütter einen gewissen Schutz vor Brustkrebs genießen, ist bekannt. Doch Stillen schützt auch die Kinder vor Krebs. Das ist das Ergebnis einer Vergleichsstudie an insgesamt 374 Kindern in Spanien, die das "Journal of Paediatrics and Child Health" in ihrer Januarausgabe veröffentlicht. Der Schutz setzt jedoch erst dann ein, wenn das Baby mindestens zwei Monate lang voll gestillt wurde. Die Schutzwirkung erhöht sich mit jedem weiteren Monat, in dem das Baby ausschließlich Muttermilch erhält.
Die Forscher um den spanischen Kinderarzt Juan Antonio Ortega-García von der Uniklinik Murcia führte die Studie als Teil einer umfassenderen Analyse des US-amerikanischen, argentinischen und spanischen Kinderkrebsnetzwerks Macape durch und bezog im Jahr 2007 187 Kinder ein, die zwischen dem 1. August 2005 und dem 1. August 2006 an Krebs erkrankt waren. Pro Jahr erkranken in Spanien rund 900 Kinder an Krebs.
Als Kontrollpersonen wurden 187 Geschwister herangezogen. Bei Einzelkindern griff man auf vergleichbare andere Kinder zurück. Ausgeschlossen waren Frühchen, Kinder mit einer zweiten Krebserkrankung und Kinder, die nach der Geburt länger als drei Tage im Krankenhaus geweilt hatten. Die Mediziner kontaktierten die Familien telefonisch und führten zwei- bis dreistündige Interviews mit den Eltern. Die Kinder waren im Schnitt sechseinhalb Jahre alt. Zu den häufigsten Krebsarten zählten Leukämie (34 Prozent) und Tumore des Zentralnervensystems (14 Prozent).
Bei den Kindern, die an Krebs erkrankt waren, hatten ihre Mütter sie zwischen vier und 8,43 Wochen lang gestillt. Bei der gesunden Kontrollgruppe lag die mittlere Stilldauer deutlich höher: zwischen acht und 11,25 Wochen. Bei ausschließlich flaschengefütterten Kindern war die Krebsrate gegenüber den Stillkindern 1,8-fach erhöht. In allen Altersgruppen, schreiben die Mediziner, traten Krebsfälle bei voll gestillten Kindern seltener auf und der Schutz erhöhte sich mit der Stilldauer.
"Das zeigt, dass Stillen eine schützende Wirkung gegen kindlichen Krebs hat. Der Effekt beginnt nach den ersten acht Wochen und steigt dann fortwährend mindestens während des ersten halben Lebensjahres an", schreiben die Autoren. Der schützende Effekt beziehe sich auf alle Formen kindlicher Tumore. Der Zusammenhang zwischen Stillen und Krebsverhütung sei nicht nur vielen Eltern unbekannt, sondern auch vielen Ärzten.
Geringe Stillraten
"Ich bin sehr beunruhigt über die niedrigen Stillraten in unserer Region", sagt Studienleiter Ortega-García. Er verweist auf eine bislang unveröffentlichte Studie an 101 spanischen Mutter-Kind-Paaren. Danach stillten nach sechs Monaten noch 35 Prozent der Mütter. Die meisten stillten zwischen 45 und 63 Tagen. Hauptkriterien, die gegen das Stillen genannt wurden, waren das Rauchen, ein höheres Alter der Mütter (über 35 Jahre) und eine Kaiserschnittentbindung, die das Stillen anfangs manchmal erschwert. Außerdem stillten Mütter mit niedriger Schulbildung, solche, die bereits ein älteres Kind hatten und Mütter, die selbst Erstgeborene waren seltener. Ein Mutterschaftsurlaub wirkte sich hingegen positiv auf die Stilldauer aus.
"Wir versuchen, Sprecher für die Kinder zu sein. Manchmal fühle ich mich aber machtlos, weil die Industrie uns so stark bedrängt", sagt Ortega-García. "Die Millionen, die in die Werbung gesteckt werden, sind der größte Feind des "Ökosystems Stillen"". Kritisch äußert er sich zu den Werbekampagnen der Tabakindustrie. Er plädiert für eine Reduktion der Kaiserschnittraten, für Antitabakkampagnen, für mehr Unterstützung von Frauen in unteren sozialen Schichten und für längeren Mutterschutzurlaub.
Das bayerische "Stillmonitoring" 2006 ergab, dass hierzulande nur jedes fünfte Baby, wie von der WHO empfohlen, sechs Monate lang ausschließlich Muttermilch erhält. "Die Mütter in Deutschland beginnen schon früh mit der Zufütterung von Muttermilchersatz und Beikost", sagt Professor Hildegard Przyrembel, Geschäftsführerin der Nationen Stillkommission am Robert-Koch-Institut. Als europäisches Vorbild rangiert zurzeit Norwegen: Dort werden 80 Prozent der Kinder mindestens sechs Monate lang voll gestillt.
Aus der Berliner Morgenpost vom 3. Januar 2008