Was tun, wenn angedrohte Konsequenzen nicht interessieren?

T

tina.st

Hallo an alle,

mein Mann und ich versuchen gerade Lars klarzumachen, daß einige Dinge absolut tabu sind für ihn. Dazu gehört den Fernseher dauerd ein und auszuschalten, in der Toilette zu planschen und am Laufstall zu rütteln, in dem unsere drei Wochen alte Tochter liegt.

Ein Beispiel: Gestern habe ich ihn dreimal nach Ankündigung wie "Nein Lars, laß den Laufstall, Maren schläft! Wenn Du das nicht sein läßt, setze ich dich raus auf den Flur und mach die Türe zu!" Er grinst mich an, rüttelt am Laufstall, ich setz ihn vor die Tür. er schreit wie am Spieß.

Beim ersten Mal raussetzen habe ich ihn 2 Minuten draußen gelassen und dann jeweilt eine Minute länger. Ich mach dann die Tür auf, er kommt rein, geht sofort an den Laufstall, grinst und rüttelt daran.

Heute rüttelte er wieder am Laufstall in dem Maren lag und ich warnte ihn wieder, daß ich ihn vor die Tür setzen würde wenn er das nicht läßt. Er steigt von seinem Hocker, von dem aus er in den Laufstell schauen kann, geht raus auf den Flur und macht die Tür zu! :-?

Das nur als Beispiel. Ich bin mir sicher, daß er sehr viel versteht, es aber einfach nicht machen will und teilweise provoziert er glaube ich auch absichtlich und testet aus, wie weit er gehen kann.

Weiteres Beispiel: Unsere Schubladen in der Küche (4 untereinander) sind mit einer Grillgabel verriegelt, ich habe sie von oben durch alle Griffe geschoben und unten zusammengebunden. Kürzlich war die Grillgabel rausgezogen und er war an der Schublade mit den Mülltüten, Backpapier etc. und hat sofort angefangen, diese abzurollen. Ich sagte: "Lars mach die Schublade zu!" Er macht die Schublade zu, zieht eine Schublade höher auf und gibt mir die Grillgabel, ich sollte sie wieder reinstecken!

In dem Fall wie heute weiß ich einfach nicht, wie wir uns verhalten sollen.
Er weiß die Konsequenz und nimmt sie offenbar in Kauf. Hat jemand den ultimativen Erziehungs-Tipp?

Ratlose Grüße
Tina
 
P

Petra Altmannshofer

Hallo Tina,

also den ultimativen Tipp habe ich für Dich nicht. Und es ist auch verständlich, dass Dich dieses Verhalten mit einem Neugeborenen überfordert.

Trotzdem bin ich der Meinung, dass Du Deinen Sohn mit solchen Erwartungshaltungen überforderst. Meine Tochter ist etwa gleichalt und ich kenne dieses Verhalten gut. Es ist auch absolut altersgerecht.

Was Dir helfen könnte ist ein sogenannter "Wechsel des Standpunktes des Betrachters".

Dein Sohn weiß erst seit kurzer Zeit, dass er in seiner Umwelt etwas bewirken kann. Daran hat er viel Freude (und Du auch): er wirft einen Ball, baut einen Turm.

Du solltest nicht übersehen, dass Du ein Teil seiner Umwelt bist. Ergo will er sehen, was er bei Dir bewirken kann. Wenn Du auf seine Aktionen reagierst und zwar egal wie, ist das erstmal ein toller Erfolg für ihn. Und auch für Dich als Mutter, denn es zeigt Dir, dass Dein Sohn ein aufgewecktes Kerlchen ist.

Dass er mit seinem Verhalten bei Dir negative Gefühle hervorruft, bemerkt er zwar an Deiner Reaktion. Er ist aber in diesem Alter nicht in der Lage, Ursache und Wirkung komplexer Zusammenhänge zu erfassen. Er kapiert, wenn ich den Ball anschubse rollt er. Den Zusammenhang, wenn ich den Laufstall rüttle, ist Mama sauer, setzt mich raus, holt mich wieder rein, wenn ich es nochmal mache wieder, kapiert er aufs erste nicht. Deshalb probiert er es mehrmals aus. Bitte übersehe nicht, dass er Dich nicht ärgern will. Deine negativen Gefühle kann er in seinem Alter nicht vorhersehen. Das kommt erst viel später. Du bist noch ein Teil von ihm und wenn Dinge ihm Freude machen, kann er es überhaupt nicht nachvollziehen, warum Du Dich ärgerst. Er würde die gleiche Freude, die er empfindet, bei Dir erwarten.

Angekündigte Konsequenzen sind für Kinder in diesem Alter Schall und Rauch. Er versteht viel unserer Sprache, aber solche abstrakten Zusammenhänge noch nicht.

So was kannst Du nun tun? Ich kann Dir nur vorschlagen, was ich mit meiner Tochter mache: Ich kündige Konsequenzen auch an. Aber nicht weil ich erwarte, dass sie ihr Tun dann ändert. Sondern um vorzubauen für spätere Lebensalter. Sandra soll lernen, dass Mama nicht ohne Vorwarnung, dann aber konsequent reagiert. So dann nehm ich sie auch von Dingen weg, die sie nicht haben soll. Sie wieder hin, ich nehm sie weg. Das ganze 200 Mal am Tag.

Um mich nicht zu überfordern, habe ich Dinge, die sie wirklich nicht haben soll, wirklich aus ihrem Lebensbereich entfernt. Sprich: es gibt sie entweder nicht, oder sie sind mit einer geeigneten Kindersicherung gesichert. Aber ich wäge bei vielen Dingen ab: Zum Beispiel sind bei uns fast keine Schränke abgesperrt. Und das Thema Schrank-Ausräumen ist bei uns schon sooo langweilig. Denn man darf das ja und damit ist es nicht mehr interessant.

Wie gesagt: Ich kann Deine Situation gut verstehen, aber ich glaube Du entschärfst sie nicht dadurch, dass Du von Deinem Sohn ein Verhalten erwartest, das er nicht leisten kann, denn er ist selber noch viel zu klein. Außerdem hat er sicher auch die Belastung, dass er nicht mehr Prinz im Haus ist zu verarbeiten. Dieses in einem kritischen Alter, in dem er erst dabei ist, sich ganz langsam von Dir als mit ihm identische Person zu lösen.

Versuch ihm soviel zu lassen, wie geht und überbehüte auch Dein Neugeborenes nicht. Sie halten viel mehr aus, als man spontan so meint und haben auch an Dingen Freude, von denen wir Erwachsene denken, das muss doch nerven. Also schütze sie vor dem Großen erst, wenn sie wirklich ihren Unmut äußert. Auch das entspannt schon viele vermeintliche Konflikte (Heult sie, wenn er am Laufstall rüttelt?)

Außerdem rate ich Dir, soviel Vater und Verwandten-Hilfe als nur möglich anzunehmen. Geb Deinen Sohn in gute Hände, damit er ausgelastet ist, ohne Dir zur Last zu fallen.

Du bist in einer sehr anstrengenden Situation. Ich beneide Dich wirklich nicht. Also nehm Hilfe an woimmer es geht.

Alles Gute und gute Nerven
Petra
 
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LilyP

Hallo Tina,

das Beispiel, was du angebracht hast mit selbst rausgehen und die Tür zumachen kenne ich auch :-D

Ich denke mal, der Kurze ist eifersüchtig auf das Baby, also holt er sich Aufmerksamkeit, auch negative, Hauptsache, du bist gezwungen dich um ihn zu kümmern.

Ich sage auch einmal "Du darfst die Schere nicht haben, sie ist spitz und du kannst dir damit wehtun" und lege die Schere dann hoch. Ich lass ihn dann zetern, irgendwann merkt er schon, daß er sie trotzdem nicht bekommt und sein zetern auf taube Ohren stößt.
Bei dem von dir genannten rütteln am Laufstall wartet er ja praktisch darauf, daß du aktiv wirst- rütteln, Mama angucken, was macht sie und dich (in unseren Augen) frech angrinsen.
Vielleicht reagierst du ja beim nächsten Mal rütteln einfach recht gelangweilt und fragtst ihn ob er sich jetzt lieber ein Bilderbuch ansehen möchte oder in sein Zimmer gehen. Einfach 2 Möglichkeiten geben, von denen er sich eine aussuchen kann, mit dem rütteln selbst aber nichts zu tun hat.
Wenn er weiter rüttelt würde ich ihn in sein Zimmer tragen und ihm freundlich zu verstehen geben, daß er gerne gleich wiederkommen kann und dann vielleicht versucht, sich ein Buch anzusehen oder zu malen, singen, Märchen hören...

Oli hat Jan auch dauernd geärgert und tut das natürlich immer noch, auch wenn Jan sich jetzt besser wehren kann, aber gerade bei Oli wirken am besten logische und natürliche Konsequenzen.

Er macht den Fernseher an und aus- er kann sich aussuchen, ob er etwas anderes machen möchte oder in sein Zimmer geht. Wenn er nichts anderes machen möchte und weiter den Fernseher traktiert bringe ich ihn in sein Zimmer. Wenn's ganz schlimm ist auch mit Auszeit.
Danach sagt er dann meist "Ok, ich geh da jetzt nicht mehr dran, können wir ein Buch gucken?"

Hast du schon mal probiert ihm Auszeiten zu geben? Bringt das was bei ihm?
Wie hälst du es sonst mit der Konsequenz- läßt du dich eher mal breitschlagen oder bleibst du fest und läßt ihn dann auch mal heulen, wenn er seinen Willen nicht durchsetzen kann?

LG und noch alles Gute
Lily
 
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tina.st

Hallo Petra und Lily,

vielen Dank für eure Antworten.

Ich werde mal versuchen, das Rütteln am Laufstall zu ignorieren, mal sehen, ob ihm das dann langweilig wird. Ich denke schon auch, daß er eifersüchtig ist und er eine Reaktion erwartet. Maren weint übrigens tatsächlich nicht, wenn er dran rüttelt.

Er darf auch an einige Schränke und Schubladen aber an andere eben nicht und auch nicht an den Fernseher. Er hat kürzlich das Telefon die Kellertreppe runtergeworfen und der Fernseher muß nicht auch noch kaputt sein. Ich werde ihn mal ausstecken und sehen, ob ihn das dann langweilt, wenn er nicht mehr angeht wenn er daran rumschaltet.

Wir haben nicht die Möglichkeit, ihn in sein Zimmer zu schicken, weil das im oberen Stock ist und wir ihn dann einsperren müßten. Wir haben den ganzen unteren Stock offen und nur noch das Arbeitszimmer, in das ich ihn nicht schicken kann. Daher hatte ich kaum eine andere Möglichkeit, als ihn in den Flur zu setzen (das übrigens zum Wohnzimmer eine Glastüre hat).

Petra, was meinst Du, ab welchem Alter Sanktionen angebracht sind?

Liebe Grüße
Tina
 
M

Melanie

@Petra

Danke für deinen super Beitrag.

Es war sehr interessant, ihn zu lesen.

Musste ich einfach mal los werden.

Melanie
 
P

Petra Altmannshofer

tina.st hat gesagt.:
Petra, was meinst Du, ab welchem Alter Sanktionen angebracht sind?

Hallo Tina,
um darauf eine schlüssige Antwort zu geben, muss ich wieder etwas weiter ausholen. Mach ich heute abend gerne.
Gruss
Petra
 
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