Vorsicht, lang!: Elias - nicht ganz sooo spontan....im KH

M

Märilu

Geburt von Elias am 14.09.1998

Ich möchte Euch davon berichten, wie es war, als ich Elias geboren habe. Sein errechneter Termin war der 22.9.1998. Es gibt noch eine lange Vorgeschichte, die ich Euch aber nicht vorenthalten möchte, weil sie meiner Meinung nach Auswirkungen auf den Geburtsverlauf hatte.

Am 13.9. um 4:45 Uhr gehe ich - wie so oft in der Schwangerschaft - aufs Klo. Gerade kuschle ich mich wieder gemütlich ins Bett, da gibt das Baby einen Fußtritt und buck! die Fruchtblase platzt pschschschsch Fruchtwasser fließt in Strömen aus mir heraus.

:o PANIK!!! :o

"Lutz, das Handtuch!" (kreisch) In weiser Voraussicht haben wir seit ein paar Tagen ein großes Handtuch im Bett liegen. Nachdem ich mir erst einmal mit dem Handtuch die nötige saugfähige Unterlage bereitgelegt habe, kuschelt sich Lutz noch einmal an mich und versucht, mich zu beruhigen. Ich bin ganz aufgeregt. Die Gebärmutter macht Wehen und mit jeder Wehe strömt wieder ein Schwall Wasser heraus. Bald ist das Handtuch durchnässt und Lutz muß mir neue organisieren.
Er packt jetzt auch die letzten Dinge in die Kliniktasche und bringt mir Sachen zum anziehen. Da das Babyköpfchen bei der letzten Vorsorgeuntersuchung noch nicht fest im Becken lag und die Gefahr eines Nabelschnurvorfalls besteht, sind wir noch etwas unschlüssig, ob wir wirklich selbst zu dem von uns ausgewählten, zwanzig Minuten entfernten Kleinstadt-Krankenhaus mit anthroposophisch-medizinischer Geburtshilfestation fahren sollen oder nicht doch lieber den Krankenwagen rufen, damit ich liegend in die nächste Klinik transportiert werden kann (in die ich aber eigentlich nicht möchte...).Wir entschließen uns zur privaten Fahrt, mehrere Handtücher auf dem Sitz und halb liegende Position. Wie sich später herausstellt, ist das die richtige Wahl. :jaja:


Die Wehen sind so ziemlich unangenehm, aber auszuhalten. Wenn die Blase nur nicht so voll wäre! :-? Am Krankenhaus angekommen fährt mein Mann zur Liegendaufnahme, damit ich dann wenigstens gleich auf die Liege kann. In der Aufnahme ist erst einmal niemand und als jemand kommt, verschwindet er gleich wieder, um etwas "Passendes" zu holen. Was für ein Empfang! Ich lege mich dann einfach mal auf die nächste Liege, weil ich nicht länger stehen möchte. Der Mann erscheint dann nach einiger Zeit wieder und bringt einen Rollstuhl mit (????) schaut mich verständnislos an und sagt:"Der Fahrstuhl ist da vorne!" Ich bleibe natürlich auf der Liege liegen. Lutz schiebt mich alleine zum Lift.
Leute, ich habe Wehen und ich muss so doll aufs Klo! 8O aber wir sind ja gleich im Kreisssaal. Im Fahrstuhl gehen die Türen zu und dann geht erst einmal gar nichts mehr, weil die Rolliege zu lang ist und die Türen blockiert. Wir probieren alle möglichen Notschalter aus, nichts passiert. Zum Glück gibts ein Telefon im Fahrstuhl und wir haben auch nach nur 3-4 Versuchen den netten, hilfsbereiten Mann vom Empfang an der Strippe. "Was, Sie stecken fest? Ja, ich rufe gleich zurück." Nach ewigen Zeiten später: "Tja, kann man nichts machen, sonntags kommt kein Störungsdienst! Warum haben Sie denn nicht den Transportlift genommen?" 8O WIE BITTE? :shock: Ich glaub, ich krieg mein Kind im Fahrstuhl! 8-O Aber vorher mache ich noch Pipi auf den Boden! :) Die Situation entbehrt nicht einer gewissen Komik, Loriot hätte es nicht besser schreiben können.
Nach ein paar Minuten klingelt das Telefon noch einmal und der Mann vom Empfang sagt, wir sollen doch mal die Notbremse ziehen. Notbremse? Wir stehen doch! Aber tatsächlich, die Türen gehen wieder auf und wir sind frei, aber noch lange nicht im Kreißsaal. So,so, wir sollen den Transportfahrstuhl nehmen. Der funktioniert ja aber doch nur mit Schlüssel- unsrer passt leider nicht! Jetzt muß Lutz doch noch den netten Herrn vom Empfang bemühen: "Hätten Sie halt gleich den Rollstuhl genommen! Naja, ich bringe Sie wohl am besten mal rauf!" Na endlich.

Im Entbindungsbereich nimmt uns eine freundliche Hebamme in Empfang. Irgendwie ist es viel zu weitläufig, Ihr zu erzählen, warum wir erst nach 30 Minuten im Kreißsaal angekommen sind. Sie schiebt mir als erstes eine Bettpfanne unter, was für eine Erleichterung!
:-D :-D
Muttermundbefund: 1 cm. Dann legt sie das CTG an - die Wehen sind erst einmal weg. Zum Glück darf ich aufstehen und rumlaufen, das macht den Herztönen nichts. Danach bekommen wir Frühstück und Lutz geht uns anmelden. Wir bekommen sogar ein Bett in den Vorbereitungsraum gestellt, damit wir es uns gemütlich machen können. Wir spielen Dame und Mühle und hören Musik. :cool: Leider passiert wehenmäßig gar nichts mehr. Nach dem Mittagessen schickt uns die Hebamme auf einen mindestens einstündigen Spaziergang, weil im Kreißsaal gerade eine Geburt in die heiße Phase kommt, das sollen wir wohl nicht mit anhören. Wir sind froh, daß wir ein bißchen rauskommen und beim Spazierengehen bekomme ich wieder leichte Wehen. Nach unserer Rückkehr wird noch einmal ein CTG geschrieben. Dann kommt mein Bett auf Station, weil sich offenbar noch nicht viel bewegt. Ich bin enttäuscht. :( Auf der Wochenbettstation ist es sehr voll. Alle Zimmer sind mit drei Frauen plus Babies belegt, Normalbelegung ist 2+2. Ich habe das Glück, auf ein normales Gynäkologiezimmer zu kommen, in dem schon eine andere Wöchnerin liegt. Wir sind also zu zweit, nee zu dritt. Ich werde langsam müde. Lutz schicke ich nach Hause, damit er sich noch ein bißchen ausruhen kann, bis es richtig losgeht. Ich lege mich ins Bett und möchte schlafen. Geht aber nicht, weil meine Nachbarin Besuch hat. Außerdem sind diese Wehen im Liegen irgendwie viel stärker als im Stehen oder Gehen. Sie kommen ca. alle zehn Minuten und ich weiß dann gar nicht, wie ich liegen soll.
Nach dem Abendessen wird noch einmal CTG geschrieben. Keine geburtswirksamen Wehen. :( Mittlerweile hat die Hebammenschicht gewechselt. Auf einen Muttermundbefund wird verzichtet wegen der Infektionsgefahr nach dem Blasensprung. Die Hebamme erklärt mir, daß sie nach einem Blasensprung lange Geduld haben, bis die Wehen von alleine einsetzen: 24 Stunden Beobachtung, um danach das richtige homöopathische Mittelchen zum Einleiten zu finden. Schließlich hat das Baby auch ein Wort mitzureden, wann es auf die Welt möchte. Nach 48 Stunden würden sie dann hormonell mit Wehentropf einleiten, manchmal warten sie noch länger, je nach Allgemeinzustand der Mutter. Um Entzündungszeichen zu beobachten, wird mir mehrmals am Tag Temperatur gemessen und Blut abgenommen. Ich bin einfach nur froh, daß sie mich nicht so schnell an dem Wehentropf hängen. :jaja:

Ich soll jetzt versuchen zu schlafen. HAHAHA! Beim Laufen spüre ich keine Wehen, im Liegen dafür um so unangenehmer. Im Bett drehe und wende ich mich von einer zur anderen Seite. Die Wehen schießen quer ins Becken und nur mit Hin- und Herschaukeln und Veratmen sind sie erträglich. Dazu kommt, daß meine Bettnachbarin wohl ein nachtaktives Schreibaby hat. Und ich bin soooo müde... In der Nacht um eins halte ich es nicht mehr aus und gehe noch einmal zur Hebamme, damit sie eine MuMu-Befund macht: 1cm, weicher Muttermund, Köpfchen tief und fest im Becken. Alles geburtsbereit. Na wenigstens hat sich der Kleine richtig eingefunden. "Tja, aber mit DIESEN Wehen kriegen Sie Ihr Kind aber nicht auf die Welt!" 8O Schnippisches Weib! 8O Bei DER WILL ich mein Kind gar nicht kriegen! :) Wieder zurück ins Bett und irgendwie die Zeit rumgebracht bis zum Frühstück.

Die Wehen sind fies und zermürbend und bringen gar nichts außer Schlaflosigkeit. Schon über 24 Stunden keinen Schlaf, woher die Kraft nehmen zum Kinderkriegen? Und "richtige" Wehen sind auch nicht in Sicht. Ich soll mal wieder zu CTG. Die Hebamme von der Tagesschicht (12-Stundenschichten) ist total sympathisch. Lutz kommt auch, endlich ist er wieder da! :) Aber es ist immer das selbe: Zu wenig zum Gebären, zu viel zum schlafen. Ich bin echt schon zu müde, das CTG im Stehen zu machen, aber im Liegen? geht auch nicht. Die Stationsärztin möchte mit uns besprechen, wie wir weiter vorgehen sollen. Ich habe einen guten Vorschlag: Ich möchte schlafen!!!! :-x Die Ärztin wollte eigentlich etwas anderes vorschlagen, geht aber auf mich ein. Ich darf ausnahmsweise baden trotz Infektionsgefahr, danach Mittagessen und dann soll ich Globuli bekommen (Bryophyllum) und mich bis 14.00 Uhr ausruhen. Danach eine Spritze mit homöopathischem Wirkstoff und Cimicifugumtropfen. Und tatsächlich: es funktioniert! Um ca. 13.30 Uhr falle ich zwischen den Wehen in entpannten einigermaßen erholsamen Schlaf. Um 14:30 bin ich ein bißchen fitter. Ich habe das Gefühl, daß sich die Wehen verändern. Lutz soll lieber sofort kommen und nicht erst um 16:00, wie verabredet.
15:30 Uhr: Trotz anderer Wehen bekomme ich die Spritze und die Tropfen auch noch. Die Hebamme schickt uns noch ein paar Runden drehen. Gut, machen wir. Wie schön, daß die Wehen trotz Laufen nicht aufhören! Ich muß mich schon an etwas festhalten, wenn eine kommt und mitschnaufen. Vorbei ist die Müdigkeit, ich fühle mich stark und wach. Weit gehen wir nicht, da möchte ich dann doch mein Plätzchen im Kreißsaal sichern. (Wooo ist mein Nest?) Vorher noch mal umziehen und dann die Tasche mit Tee, Traubenzucker, dicken Socken, etc. in den Kreißsaal bringen. Unterwegs gehe ich noch mal aufs Klo. Zum Glück gibts da zwei Griffe zum Festhalten, dort überrollt mich nämlich eine Wehe. Ich schnaufe und stöhne. Die Frau in der Nachbarkabine fragt, ob sie mir helfen kann. "Nein, nein, sind nur die Wehen! Danke!" :)

Im Kreißsaal angekommen (ca. 16:00) soll ich vor dem Weiterspazierengehn noch einmal an das CTG - sieht auch nicht anders aus als vorher, fühlt sich aber anders an! Ich kann absolut nicht mehr sitzen, weder auf dem Pezziball noch sonstwo. Geschweige denn Liegen! Das drückt so im Becken! Lutz wird weggeschickt, um das Abendessen zu organisieren, das bekommt man normalerweise nur auf Station. Ich veratme so meine Wehen, langsam geht das nicht mehr leise. Am besten geht es, wenn ich mich auf das Fensterbrett stütze, Knie locker und pferdeschnaubend mit entrücktem Blick die Bäume fixiere. Ob das jetzt endlich geburtswirksame Wehen sind?
Zwischendurch immer noch ein Pläuschchen mit der netten Hebamme, die nebenan sauber macht. :) Das schnauben und Prusten wird immer stimmhafter. Lutz kommt mit dem Essen und macht mir ein Brot, davon beiße ich zwei Mal ab. Die Wehen werden immer stärker, sind so wild und unberechenbar. An Spazierengehn ist nicht mehr zu denken. Die Hebamme schlägt vor, mir ein Bad einzulassen. Au ja! Sie möchte einen wehenregulierenden Schwefelbadezusatz mit reingeben - warum nicht. Sie geht raus und läßt das Wasser ein.
Wir stehen mal wieder am Fensterbrett und warten auf die nächste Wehe, da kommt sie angeweht und haut mich schier um! Zieht mir einfach die Beine unter dem Bauch weg und ich finde mich schreiend auf allen Vieren wieder. Oh, ich glaube, jetzt geht die Geburt wirklich wirklich wirklich los! Mache ich eben auf dem Boden weiter. Die Hebamme kommt rein und sagt: "Jetzt möchte ich aber doch mal nachschauen, wie weit der Muttermund ist!" Im Vierfüßlerstand kann sie nichts tasten, ich soll mich mal kurz hinsetzen und an Lutz anlehnen. Oh, Gott, hoffentlich kommt jetzt keine Wehe! 8O Zum Glück nicht. Verdutzt: Schon 7 Zentimeter! Weder die Hebamme noch Lutz und ich können fassen, daß wir schon so weit sind!!!

Ich gebe Anweisungen, wie ich mir das Zimmer herrichten möchte: Matte her, Pezziball her zum drauflehnen. Während der Wehen darf mich niemand anfassen. Ich tanze mit weit gespreizten Beinen auf allen Vieren, umd das Becken zu lockern. So geht es am besten. Immer wenn eine Wehe kommt denke ich :"Oh, nein, nicht schon wieder!" Aber ich versuche, den Gedanken umzuwandeln in: "Jaa, mein Baby, komm, ich lasse Dich raus!" Das sage ich auch ganz oft am Anfang und Ende der Wehen, mittendrin ist nur noch Schreien und Stöhnen möglich. (Kleine Anmerkung: Mit Wehenstärke ist nicht vordergründig Schmerz gemeint, eigentlich hauptsächlich ANSTRENGUNG, sie sind so überwältigend!) Die Wehen kommen jetzt Schlag auf Schlag.
Endlich ist das Badewasser eingelassen! aber vorher nochmal Blase leeren. Nach einer Wehe schaffe ich gerade so die maximal 7 Meter vom Kreißsaal zum Klo im Vorbereitungsraum, da hauts mich schon wieder auf die Knie. Rauf aufs Klo, Blase leer, runter vom Klo, auf die Knie - WEHE - 4 Meter zur Badewanne auf die Knie und anlehnen - WEHE - T-Shirt ausziehen und rein in die Badewanne - WEHE kommt. Oh nein, Badewanne ist so schmal, ich kann die Beine nicht spreizen! Will wieder raus, Panik! :o
Die Hebamme hält mich zum Glück fest und schafft es, mir klarzumachen, daß ich während einer Wehe nicht aussteigen kann und das jetzt aushalten muß. Danach suchen wir eine andere Lösung: Ich lege mich auf die Seite in die Wanne und Lutz muß mir bei einer Wehe ein Bein hoch abstützen. Der Arme ächzt vor Anstrengung, aber ich lege mein Bein jedes Mal voll ab und bin froh darum. Die Wehen werden immer länger, stärker und die Pausen noch kürzer. Jedesmal schreit es mich OOH NEIN!, Aber ich ende mit einem JAAA! Ich sage in einer Pause zu Lutz: "Oh, Mann ist das AN-STREN-GEND! Und tut das weh!" Ich kann nicht mehr, ich möchte nur eine Pause, danach mache ich weiter! :heul: Drück doch mal einer den Pausenknopf!!! An einem Punkt dachte ich: Schlimmere Schmerzen kann es kaum noch geben, das würde ich nicht stundenlang aushalten! Die Hebamme fragte mich, wo ich denn die Schmerzen spüren würde, eher im Bauch oder im Rücken? WAAAS? DIe Wehen sind überall! Lass mich doch damit in Ruhe!

Dann kam eine längere Pause und ich spürte Druck auf den Darm. Ich dachte, ich mache jetzt ins Badewasser, aber das war nur so ein Gefühl. Ich wollte eigentlich nicht raus aus dem Wasser, aber die Hebamme weigerte sich, den MuMu abzutasten, solange ich noch im Wasser liege. Ich sollte noch 3-4 Wehen verschaffen und dann aussteigen. Gut, das schaffe ich noch. :jaja:
In einer passenden Wehenpause steige ich aus der Wanne- gleich die nächste Wehe! An Land ist es auch okay *erleichtertbin*. Ich bin so erschöpft. Lutz trocknet mich ab, stützt mich und zieht mich wieder an.

Zurück in den Kreißsaal, auf alle Viere aufs Bett. Tastbefund: Bis auf einen kleinen Saum an einer Seite vollständig eröffnet. Die Hebamme bereitet mich darauf vor, daß sie den jetzt wegmassieren möchte und daß das ziemlich weh tun kann. :( Zum Glück halten die Wehen gerade in dem Moment Ruhe und ich merke fast gar nichts davon. :) Danach kommt erst mal keine Wehe mehr und ich lege mich erschöpft auf die Seite und will meine Ruhe haben. Ich genieße die Schmerzfreiheit.

Wo bleiben die Austreibungswehen? Die Hebamme verläßt den Raum und kommt nach kurzer Zeit wieder zurück mit einer fremden Frau. "Darf ich Ihnen Frau... vorstelle, sie wird Sie jetzt weiterbetreuen!" Oh, nein! 19:30Uhr! Schichtwechsel! Lasst mich doch in Ruhe!

Die neue Hebamme versucht ein Mal, mich auf der Seite liegend zum Mitdrücken anzuleiten und erkennt, daß das so nicht geht. Sie gibt ganz rasche und überlegte Anweisungen an Lutz: "Stuhl dahin zum Seil, Matte drunter, Hinsetzen , Frau M-H kommen Sie und hocken sich vor Ihren Mann!" Lutz sitzt also auf dem Stuhl und stützt mich unter den Armen ab. Ich kann mich gleichzeitig noch am Seil festhalten. Ach nee, jetzt macht die mir auch noch ein CTG dran!!! Aber nicht am Bauch berühren!!
"So, Frau M-H, bei der nächsten Wehe drücken Sie bitte mal mit!" Wie, Wehe? Ich spüre keine Wehen! "Wenn Sie mir sagen könnten, wann ich eine Wehe habe?!" Ich habe absolut keinen Pressdrang!!! Das CTG zeigt eine Wehe an und die Hebamme meint: "Jetzt haben Sie eine Wehe!" Ach so, so fühlt sich das also jetzt an! :???: Na gut, mitdrücken. Erster Versuch voll daneben, :) aber ich darf nach der Wehe aufstehen und mein Becken lockern und die Beine entspannen. Aufstehen heißt: Lutz hieft mich hoch und ich ziehe mich gleichzeitig am Seil hoch. Das ist echt gut, weil ich mich nicht so lange in der Hocke halten kann!

Es fühlt sich wieder so komisch an im Bauch- muß wohl die nächste Wehe sein! Wieder hinhocken und nach kurzen Anweisungen der Hebamme drücke ich effektiver. Boah, anstrengend. So lange drücken, bis ich nicht mehr kann und dann noch so lange, bis ich wirklich nicht mehr kann und dann noch ein bißchen. Wehe vorbei.
Lutz:"Wieder hoch?" Wieder hoch! Es tut richtig gut, zwischen der Arbeit das Becken hin und her zu schaukeln. Ich spüre den Kopf immer tiefer. Nächste Wehe - wieder runter. Drücken, drücken, drücken. "Das machen Sie richtig gut, wollen Sie mal fühlen?" Ich lege die Hand an die Scheide und fühle eine ca. walnussgroße Öffnung und dahinter etwas Zartes, Weiches Haariges. Das kann doch nicht wahr sein!
Wieder hoch? Wieder hoch! Becken schaukeln. Und das allererstaunlichste: Ich fühle genau, wie der Kopf in der Scheide steckt wie ein Korken UND ES TUT NICHT WEH!!! 8O (Jedenfalls nicht im Vergleich zu den schlimmen Wehen :) ) Ich muß die Beine richtig auseinander machen, damit der Kopf Platz hat! Nächste Wehe, wieder runter in die Hocke. Drücken, drücken , drücken."wollen Sie noch mal fühlen?" Na klar!!! Uff, die Öffnung ist jetzt schon etwa auf Orangengröße und ich kann die weiche Kopfhaut und die nassen Haare ganz genau fühlen! Der Kopf drückt jetzt schon doll auf de Beckenboden und den Damm und ich habe keine Lust, mich noch mal hinzustellen. Die Hebamme holt mir einen Gebärhocker, der nicht fest auf Füßen steht, sondern zwei Kufen hat, die ich mir so einrichten kann, wie es mir am bequemsten ist. Weil mir immer noch jede Fixierung und Berührung am Becken unangenehm ist, rücke ich mir den Hocker so zurecht, daß ich nur auf einer Kante sitze. Die Hebamme telefoniert den Arzt in den Kreißsaal. Er kommt gerade am Anfang einer Wehe zur Tür rein und meint: "Na, wie sitzt die denn auf dem Hocker, das gibt ja Striemen!" "Lassen Sies so ist es mir am angenehmsten" kann ich noch sagen, bevor ich weiterdrücke. Der Arzt setzt sich einfach neben das Bett auf den Boden und tut so, als würde ihn das alles nichts angehen und läßt die Hebamme und mich machen. Cool! :cool:

Jetzt nehme ich nur noch den Druck auf den Damm und das Brennen am Scheidenausgang wahr. Schnipp! Schnitt nur gehört, nicht gemerkt. Es brennt so sehr und ich bin eigentlich noch gar nicht darauf eingestellt, daß das Baby jetzt schon kommt, hin und her gerissen, dem Schmerz entgegenzudrücken oder nicht, aber ein Zurück gibt es nicht, das merke ich genau. Lutz flüstert mir ins Ohr: "Los, drück!" Was die Hebamme sagt, kommt schon lange nicht mehr bei mir an. Geschnitten ist eh schon also egal. Ich drücke und drücke und dann ist der Kopf durch! Und die Wehe vorbei. Der Körper steckt noch in der Scheide, huch fühlt sich das an! 8-O "Können Sie noch mal ein bißchen drücken, ohne Wehe?" Und dann kommt schon der Körper hinterher.
Kaum daß ich weiß, wie mir geschehen ist, strecke ich die Arme aus nach unserem Baby. Die Hebamme gibt es mir, deckt es mit einem warmen Tuch zu und zieht sich zurück. Baby schreit gar nicht, macht kurz "Meck!" und schaut uns mit großen, erstaunten, allwissenden Augen an. Wir staunen nur zurück. Ich weiß gar nicht so recht, wie ich es halten soll! So ist das also. Bei jedem Geburtsbericht muß ich heulen, jetzt kommt nicht eine Träne, nur ein großes Staunen. Das Baby ist nicht verschmiert und gar nicht so zerdrückt. Ich suche nach irgenetwas Verknautschtem, aber finde nichts. Frage Lutz: "Findest Du es irgendwie häßlich?" "Nee!" Irgendwie hatte ich nicht so ein schönes Baby erwartet. Jetzt aber mal nachschauen, wer das überhaupt ist! Wo finde ich denn nochmal... vor lauter Nabelschnur... Ohh, das ist ja der Elias!! Die Hebamme mischt sich ein und meint, daß der vorher ausgesuchte Name nicht immer passt. Wir gucken noch mal: Er passt.

Elias Jonas, 14.9.1998, 19:57

So, jetzt aber auf das Bett. Hocke wird ungemütlich. Gar nicht so einfach mit Kind auf dem Arm und völlig inaktivem Beckenboden.
Ich schneide selber die Nabelschnur durch, war mir wichtig als symbolischer Akt, nachdem ich am liebsten für immer mit diesem Baby schwanger geblieben wäre.. Die Nachgeburt drücke ich raus, sie lag schon in der Scheide. Die Hebamme und der Arzt gratulieren uns. Die Hebamme entschuldigt sich noch, weil der Schnitt noch weiter eingerissen ist, Sie hatte einen Dammschutz probiert, aber ich habe ihr einfach die Hand weggeschlagen im Eifer des Gefechts. 8O HäH?? daran kann ich mich gar nicht erinnern!
Nähen ist blöd, bin zu keiner Schmerztoleranz mehr bereit und es lenkt mich so vom Kind ab.
Danach will der Arzt Elias mit auf die Kommode zur Untersuchung mitnehmen. Ich frage ihn, ob er das nicht hier bei mir auf dem Bett machen kann. Nein, er besteht darauf, ihn auf den Tisch zu legen. Ich könne ja mit aufstehen und zuschauen. Das probiere ich dann auch, aber der Kreislauf klappt natürlich weg. Da liege ich alleine auf dem Bett, Lutz, Hebamme und Arzt mit dem Baby und ich habe keine Ahnung, was die da mit ihm machen! Ich will sofort mein Baby wiederhaben! Aua, das tut weh! Nach der Untersuchung ziehen sie ihn an! Nein! Ich will noch mit ihm kuscheln! Nach 10 Minuten bringen sie ihn mir wieder, eingepackt und ich würde Elias am liebsten wieder auspacken. Aber ich bin brav. :(

-( Im Nachhinein würde ich mir das nicht mehr gefallen lassen. Das Sorgerecht der Eltern beginnt spätestens mit der Geburt. Und wenn kein medizinischer Notfall vorliegt, wie in unserem Fall, hat der Arzt auch die Wünsche der Eltern zu respektieren. Daß ich ja aufstehen und mit hinkommen könnte, ist der reine Hohn. Welche Frau ist denn dazu 15 Minuten nach der Geburt in der Lage, ohne daß der Kreislauf abschmackt? Es klingt wahrscheinlich lächerlich, v.a. für Eltern, denen das Kind länger weggenommen wurde und die Angst um sein Leben haben mußten, aber mir hat das wirklich ganz sehr wehgetan, auch wenn es nur 10 Minuten waren. Das war so unnötig! Ich hätte vorher nie gedacht, daß ich das so extrem empfinden würde.)-

Jetzt darf ich ihn endlich anlegen. (Kleidung stört) Elias saugt ganz kräftig. Die Hebamme wäscht mich noch, danach läßt sie uns alleine, bis ich nach ca. 2 Stunden mit Elias auf Station soll.
Ich rufe meine Eltern an, die sich riesig freuen. Lutz geht nach Hause, weil er auch nicht die Bettnachbarin stören möchte. Schade, daß wir uns nach einem so tollen gemeinsamen Erlebnis trennen müssen und uns nicht austauschen können. Am liebsten würde ich gleich mit nach Hause gehen, aber das geht nicht, weil wir nicht darauf vorbereitet sind, daß das Baby 8 Tage früher kommt. Elias und ich staunen uns noch die halbe Nacht an. Als er eingeschlafen ist, lege ich ihn ins Babybett, obwohl ich ihn gerne mit im Bett haben würde, habe aber Angst, daß ich ihn beim Schlafen vor Müdigkeit aus dem engen Krankenhausbett schubsen könnte. Dann lege ich mich erst einmal auf den Bauch AAAAH! Noch mal ausnutzen vor dem Milcheinschuss! Schnarch, endlich schlafen!

Kerstin


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H

hildegard

:winke: Hallo Kerstin!

Du hast deinen Geburtsbericht so spannend geschrieben :jaja: . Ich hab geglaubt ich steh daneben und schau dir zu :wink: .
Märilu hat gesagt.:
Das Sorgerecht der Eltern beginnt spätestens mit der Geburt. Und wenn kein medizinischer Notfall vorliegt, wie in unserem Fall, hat der Arzt auch die Wünsche der Eltern zu respektieren.
Das sollte, schön bunt geschrieben, in jedem Geburtszimmer aufgehängt werden.

Viele liebe Grüße
hildegard
 
A

Anonymous

Glückwunsch zum Sohnemann

das mit dem Sorgerecht stimmt , ausdrucken aufhängen!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Tina
 

Stef

Gehört zum Inventar
Das hast Du wirklich wunderbar geschrieben. Das gleiche gilt auch für Marias Geburtsbericht. Ich hatte auch das Gefühl, direkt neben Dir zu stehen.

LG Steffi
 

Claudia H.

die mit dem offenen Ohr
Wow, Du hast wirklich Talent zum Schreiben. Ich wollte schon längst ins Bett gehen, aber Deine Berichte haben mich echt gefesselt. :D

Viele Grüsse
Claudia
 
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