Meggies Geburt im Krankenhaus (Achtung - lang!)

V

Vera

Am 15. September 2002 sollte Meggie laut ärztlicher Berechnung auf die Welt kommen. Nachdem dieser Termin verstrich, ohne daß Meggie Anstalten machte, das Licht der Welt zu erblicken, wurde ich ganz schön nervös und ungeduldig.
Am Montag, den 23. September 2002 um 7.45 Uhr, 8 Tage nach dem vorgesehenen Entbindungstermin, waren wir mal wieder zur CTG-Kontrolle. Mein Muttermund war wie die Wochen zuvor auch 1bis 2 cm geöffnet und sehr weich. Sie kitzelte mein noch ungeborenes Töchterlein sanft an ihrem Köpfchen mit der Absicht, dadurch Wehen auszulösen. Diese ?Methode? hatte sie bereits 7 Tage zuvor angewandt, jedoch leider ohne Erfolg. Allzu große Hoffnungen hatte ich also nicht. Statt dessen hatte ich mich mittlerweile an den Gedanken gewöhnt, am kommenden Freitag in die Klinik zur Geburtseinleitung eingewiesen zu werden. Ich rechnete nicht wirklich mehr damit, daß die Geburt von alleine losgehen würde.
Den restlichen Tag verbrachte ich mehr oder weniger auf der Couch. Am Vormittag spürte ich zum ersten Mal eine leichte Wehe. Es war ein ziehender Schmerz im Unterleib, vergleichbar mit den Schmerzen während der Periode. Doch zum ersten Mal hatte dieser Schmerz nun eine Höhepunkt, er fing leicht an, steigerte sich und flachte schließlich wieder ab. Über den Nachmittag verteilt, hatte ich noch zwei bis drei dieser leichten Wehen, allerdings sehr unkoordiniert. Sie hatten weder einen Höhepunkt noch dauerten sie eine bestimmte Zeit. Schon gar nicht kamen sie in regelmäßigen Abständen.
Sascha, mein Mann, kam kurz nach 16.00 Uhr von der Arbeit nach Hause und ich beschloß, zu OBI zu fahren um einige Zutaten für ein Herbstgesteck zu besorgen, das ich noch am selben Abend ?basteln? wollte. Auf dem Weg dorthin im Auto passierte es: Ca. 16.30 Uhr machte es in meinem Bauch plötzlich KLICK. Im ersten Moment wollte ich mich lautstark beschweren, dachte ich doch, Meggie hätte mir einen besonders fiesen Tritt der Extra-Klasse verpaßt. Doch nur eine Sekunde später setzte auch schon ein sehr intensiver Schmerz im Unterleib und Rücken ein. Er dauerte ziemlich genau eine Minute und hatte einen eindeutigen Höhepunkt. Ich war total überrumpelt von diesem Schmerz, der seinem Namen nun zum ersten Mal gerecht wurde. Und ich wußte sofort: Das war eine echte, wirkliche Geburtswehe. Nun geht es los. Es ist soweit. Vor Aufregung und Freude darüber, daß das Warten nun ein Ende hatte und der ersehnte Zeitpunkt endlich eingetroffen war, kamen mir sogar die Tränen. Mit einem Lächeln und Tränen in den Augen sagte ich Sascha, der am Steuer saß, daß ich gerade eine Wehe hatte und daß es nun losginge. Darauf hatte ich sooo lange gewartet ... Endlich begann das wohl größte Abenteuer in unserem bisherigen Leben und es würde der wichtigste Tag in unserem Leben werden. Die Geburt unserer Tochter würde heute, spätestens morgen, stattfinden! OK, der Countdown hatte also begonnen. Das KLICK in meinem Bauch war der sprichwörtliche Knoten, der endlich geplatzt war. Trotzdem ich mir sicher war, daß das der Anfang von Meggies Geburt war, wollte ich unsere Einkaufstour doch nicht abbrechen. Schließlich wußten wir weder, in welchen Abständen die Wehen nun kommen würden. Wahrscheinlich würde es noch viele Stunden dauern, bis ich überhaupt bei einem kurzen Wehenrhythmus angelangt war. Ich wollte auf keinen Fall hektisch werden. Bloß nichts überstürzen oder gar noch zu früh in der Klinik einreiten. Nee, nee, dann lieber noch ein bißchen warten.
Noch während ich in den Trockengesteckblumen wühlte, überrollte mich die nächste Wehe, allerdings erschien sie mir schon nicht mehr ganz so heftig wie die Wehe zuvor. Oder sollte sich mein Körper in dieser kurzen Zeit schon an den Schmerz gewöhnt haben? Wohl kaum. Auf dem Parkplatz auf dem Rückweg zum Auto kam wieder eine Wehe. Der Abstand zur letzten Wehe war 10 Minuten. Also noch kein Grund zur Panik. Eigentlich hatte ich vermutet, bei der ersten Wehe in Panik zu verfallen und aus Angst, zu spät in die Klinik zu kommen, gleich loszubrausen. Doch das Gegenteil war der Fall. Ich war total ruhig und überlegt und fand, daß ein 10-Minuten-Abstand immer noch zu früh wäre um aufzubrechen. Schließlich konnte es jetzt rein theoretisch noch sehr, sehr viele Stunden dauern. Diese wollte ich doch lieber zu Hause verbringen, als Stund um Stund auf einem kahlen Krankenhausflur meine Runden zu drehen.

Wieder im Auto ging es dann richtig los. Die nächste Wehe folgte bereits nach 7 Minuten. Bei diesem Abstand blieb es während der Fahrt nach Hause. Eine Wehe dauerte exakt eine Minute. In der Wohnung angekommen, verkürzte sich der Abstand einmal auf 5 und dann auf 3 Minuten. Während ich in den Wehenpausen immer noch versuchte, das Gesteck zusammenzuzimmern. Ich bin ja ein wahrer Dickkopf, wenn ich mir in den Kopf gesetzt habe, heute ein Herbstgesteck zu machen, laß ich mich davon eben nicht so leicht ablenken. In Wirklichkeit wollte ich mir damit aber eher die Wartezeit angenehmer machen. Doch ehrlich gesagt, kam ich sowieso nicht weiter, als die Trockenblumen von der Folie zu befreien. Denn die Wehen wurden immer heftiger und die Wehenpausen brauchte ich, um mich davon ein bißchen zu erholen. Nun wurde ich aber doch ziemlich aufgeregt, die Wehen kamen weiterhin alle 3 Minuten. Ich beschloß, nun in die Badewanne zu gehen um zu testen, ob es sich um richtige Wehen handelt oder ob alles nur ein ?Späßchen der Natur? war. Die Antwort wußte ich eigentlich schon vorher, aber sicher ist sicher. Während das Wasser in die Wanne einlief, schrieb ich noch schnell eine kurze Nachricht in unser Forum, um die anderen schwangeren bzw. schon nicht mehr schwangeren Hühner zu informieren. Während dessen mußte ich bereits das erste Mal eine Wehe richtig veratmen. Ich wollte es gar nicht, hatte doch eigentlich vor, so lange wie möglich mit dem Veratmen zu warten, so jedenfalls hatte es meine Hebamme mir empfohlen. Aber ich konnte einfach nicht anders, der Schmerz war einfach schon zu heftig. Und so saß ich schniefend und prustend vor dem PC und tippte meine Nachricht ein. Sascha saß neben mir auf der Couch und bemerkte erstaunt, daß ich die Wehe ja bereits veratmen mußte. Er schien erst jetzt so richtig zu realisieren, daß es ernst wurde und freute sich richtig darüber. Auch ich wurde von seiner freudigen Erregung angesteckt, mir jagte eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken, und schon wieder mußte ich ein paar Freudentränchen wegblinzeln. In der Badewanne hielt ich es nicht besonders lange aus. Die Wehen blieben weiterhin sehr stark und kamen alle 3 Minuten, jeweils eine Minute anhaltend. OK, jetzt war ich überzeugt, daß nun die Zeit zum Aufbruch in die Klinik gekommen war. Während Sascha auf meine Anweisungen hin die letzten Sachen in meine Kliniktasche packte und diese schon mal zum Auto brachte, rief ich noch schnell meine Eltern an. Ich hatte Mühe, nicht in Tränen auszubrechen, als ich meiner Mutti am Telefon verkündete, daß ich endlich Wehen hatte und wir nun in die Klinik fahren würden. An ihrer Stimme merkte ich, daß sie kurz davor war, in so ein aufgeregtes Schluchzen zu verfallen wie ich es auch von mir kannte. Im Hintergrund rief meine Schwester, ich solle tapfer sein und sie werden alle an mich denken. Danach verschickte ich noch schnell ein paar SMS, und dann ging es los.

Die Fahrt im Auto war eine echte Tortur. Jeder noch so Unebenheit in der Straße brachte mich zu aufheulen. Ich verkrampfte während der Wehen total und war daher unendlich froh, als wir ca. eine halbe Stunde später, gegen 18.30 Uhr, im Sophien- und Hufeland-Klinikum in Weimar ankamen. Tapfer nahm ich den Weg zu Fuß; Sascha wollte mich doch tatsächlich wie so eine alte Frau mit dem Rollstuhl nach oben transportieren. Aber dagegen verwehrte ich mich aufs Heftigste. Schließlich bekam ich ein Kind und hatte kein gebrochenes Bein oder so! Mit Wehen alle 3 Minuten kamen wir also im Kreißsaal an, und in meiner Naivität ich dachte nun, daß das doch Grund genug für zumindest ein bißchen Hektik oder wenigstens ein anerkennendes Nicken von den Hebammen wert war. Denn immerhin hatte ich doch ziemlich lange zu Hause ausgeharrt und kam - wie ich fand ? ziemlich spät. Schließlich hieß es doch immer, daß man spätestens, wenn die Wehen regelmäßig alle 10 Minuten kämen, in die Klinik fahren sollte. Und hier war ich nun mit Wehen alle 3 Minuten. Das war doch was! Vielleicht war ich ja schon kurz vor der Geburt? Wer konnte es denn wissen? Doch die diensthabende Hebamme schien das überhaupt nicht aufzuregen. Im Gegenteil, sie plazierte Sascha und mich erst einmal auf den Gang neben einige puppernde CTG-Geräte und ließ uns gepflegte 15 Minuten warten. Nebenan in einem Zimmer wimmerte eine Frau, die offensichtlich in den Wehen lag. Während ich meine Wehen weiterhin tapfer veratmete, wimmerte sie wie ein krankes Tier vor sich hin. Meine Neven waren schon ziemlich angespannt und mir ging das Wimmern nach ein paar Minuten ehrlich gesagt auf den GeistNach einer Viertelstunde wurde ich in einen freien Kreißsaal verfrachtet. Hier wurde erst einmal ein CTG geschrieben. Während dessen fragte mich die Hebamme ein bißchen aus, von wegen wie ich heiße, Geburtsdatum und andere für mich so völlig nebensächliche Dinge. Ich konnte ihr während der Wehen schon gar nicht mehr antworten, so sehr hatte ich mit mir selbst zu tun. Die Hebamme schien das gar nicht zu bemerken, und falls doch ignorierte sie es einfach und fragte unbeirrt weiter. Sie fragte und fragte und bekam keine Antwort. Zumindest nicht von mir. Ich winkte dann immer Sascha mit der Hand, um ihm zu deuten, daß er an meiner Stelle antworten soll. Ich konnte nicht mal mehr ein Ja oder Nein hauchen. Dann endlich untersuchte sie den Muttermund und ? was für eine Enttäuschung ? dieser war immer noch erst 2 cm offen. Wie heute morgen bei der Untersuchung. All die Wehen hatten also gar nichts gebracht bisher. Ich ahnte Schlimmes ...

Aus dem Kreißsaal wieder heraus, in einem Nebenraum, machte die diensthabende Ärztin einen Ultraschall. Meggies Gewicht wurde auf 3.500 Gramm geschätzt, womit die Ärztin ziemlich nah an das tatsächliche Geburtsgewicht herankam, wie sich später herausstellen sollte. Dann verpaßte mir die Hebamme einen Einlauf, der nur unangenehm war, aber nicht im geringsten schmerzhaft, was ich erleichtert registrierte. Im übrigen hätte ich es auch nicht schlecht gefunden, wenn man mir gesagt hätte, daß ich danach am Besten auf dem schnellsten Wege zur nächsten Toilette eile. Ich hatte doch noch nie einen Einlauf! Statt dessen ließ die Hebamme mich erstmal auf der Krankenpritsche mit entblößtem Hintern liegen und begann mit der Ärztin ein Schwätzchen. Nach einer Weile bekam ich mit, daß sie gerade eine ach so lustige Geschichte von einer Gebärenden zum Besten gab, die es nach dem Einlauf nicht mehr rechtzeitig auf die Toilette geschafft hatte. Die Hebamme hatte anschließend wohl den gesamten Flur der Entbindungsstation putzen müssen. Haha, sehr lustig. Das war wohl offensichtlich ein dezenter Hinweis an mich, und so watschelte ich, so schnell man mit zusammengekniffenen Pobacken eben kann, quer über den Flur zum WC.

Nachdem das auch erledigt war, sollte ich erst einmal zur Wehenanregung in die Badewanne. Die Hebamme gab mir in einem Abstand von vielleicht 10 Minuten zwei kleine, weiße Tabletten, die mir auf der Zunge zergingen. Sie sollten eine entspannende und wehenanregende Wirkung haben.
Bereits nach ein paar Minuten in der Wanne wußte ich, daß ich wohl keine Wassergeburt haben möchte. Das hatte ich ursprünglich mal in Betracht gezogen, doch nun fühlte ich mich in der Badewanne völlig verloren. Während der Wehen, die innerhalb kurzer Zeit noch schmerzhafter und intensiver wurden, hatte ich überhaupt keinen Halt. Ich konnte mich liegend nirgendwo festhalten oder abstützen, sondern schaukelte hin und her wie ein gestrandetes Walroß. Und hier verließ mich auch mein guter Vorsatz, nicht zu stöhnen, sondern die Wehen tapfer zu ertragen. Es war mir völlig egal, es tat einfach nur wahnsinnig weh. Mit zusammengekniffenen Augen ?verstöhnte? ich die Wehen eher, als daß ich sie veratmete. Wenn ich zwischendurch die Augen aufmachte, sah ich Sascha, der etwas entsetzt auf meinen dicken Bauch starrte. Dieser nahm während der Wehen groteske Formen an. Sascha war richtiggehend entsetzt zu sehen, was da für Urkräfte während der Wehen wirken. Ich glaube, er litt richtig mit mir. Ich selbst war nicht in der Lage den Blick nach unten zu richten. Nur aus den Augenwinkeln sah ich, daß mein Bauch ziemlich in Bewegung war. Nach 20 Minuten war ich mit meinen Kräften am Ende und setzte mich in der Wanne auf. Im Sitzen konnte ich mich wenigstens mit den Armen auf dem Wannenrand abstützen. Nach ein paar Sekunden stürmte aber auch schon die Hebamme herein und hielt mich an, mich wieder hinzulegen, da das CTG im Sitzen nicht richtig aufzeichnen würde. Ich sagte ihr, daß ich gern wieder aus der Wanne aussteigen würde, doch das durfte ich noch nicht. Ich sollte noch weitere 40 Minuten aushalten, damit ich insgesamt eine Stunde im warmen Wasser war. Das wäre gut für den Fortgang der Geburt. Schließlich verabschiedete sie sich dann auch von uns und wünschte uns eine schöne Geburt. Ihre Schicht war beendet. Ein paar Minuten später ging die Tür auf und für mich damit ein Lichtlein an. Die neue Hebamme erschien und ich kannte sie! Es war Claudia, die nette junge Hebamme, die uns vor ein paar Wochen durch den Kreißsaal geführt hatte. Wir hatten uns damals auf Anhieb mit ihr verstanden und gleich viel miteinander gescherzt und gelacht. Nach Späßen und Lachen war mir zwar momentan gar nicht mehr zumute, aber ich fühlte mich sofort in sicheren Händen und gut aufgehoben bei ihr. Auch sie sagte mir, daß ich noch ein bißchen in der Wanne aushalten sollte. Ich hatte absolut keine Ahnung, wie ich die verbleibenden 40 Minuten überstehen sollte. Und auch Sascha war mittlerweile alles andere als glücklich in seiner Rolle als Neben-der-Wanne-Sitzer. Er konnte von seinem Stuhl aus ja gar nichts für mich tun. Nicht mal mehr seine Hand konnte ich nehmen, da ich mich weiterhin verzweifelt versuchte, irgendwie abzustützen und Halt zu finden. Nach wie vor drohte ich bei jeder Wehe ganz ins Wasser abzutauchen.
Irgendwann hatte ich es geschafft und die Zeit war um. Ich fragte erst gar nicht, ob ich aussteigen dürfte, sondern hievte mich auf die Minute genau nach einer Stunde aus der Wanne. Noch mit den Füßen im Wasser stehend, fing ich sofort an heftig zu Zittern. Meine Beine schlotterten und drohten einzuknicken. Mein Kreislauf sackte in den Keller und ich bekam einen Schüttelfrost, der mir auch noch den letzten Rest Selbstkontrolle über meinen Körper nahm. Ohne die Hilfe von Sascha hätte ich weder aus der Wanne steigen können, noch mich abtrocknen und schon gar nicht einen Fuß heben können, um in den Schlüpfer zu steigen. Das war ja aber auch gar nicht mehr nötig. Wozu brauchte ich während der Entbindung einen Schlüpfer? Ich ließ mich also abtrocknen und auf den nächsten Stuhl fallen. Die Wehen kamen in dieser aufrechten Haltung ohne Pause und mit einer Heftigkeit, die mir fast die Tränen in die Augen trieb. Mir wurde schwindelig und etwas übel. Ich brauchte insgesamt eine halbe Stunde, um den kurzen Weg aus dem Badezimmer zur Toilette und wieder zurück zu bewältigen. Von der Heftigkeit dieser Dauerwehen total überwältigt, schnaufte ich die Hebamme mühsam an, ob das denn so normal wäre. Was für eine Frage! Sie nickte nur mit einem etwas verständnislosen Lächeln, und ich fragte mich insgeheim, wie ich das auch nur noch eine einzige Minute länger aushalten sollte. Ich war mit meinen Kräften am Ende, und es waren erst 2,5 Stunden seit unserer Ankunft im Krankenhaus vergangen. Bereits während der Zeit in der Badewanne kam mir immer öfter der Gedanke an eine PDA. Ich wollte sie ja eigentlich gar nicht, hatte mir fest vorgenommen, es auch ohne zu schaffen. Und doch, es tat so furchtbar weh und die Schmerzfreiheit lockte mich enorm. Es war nun erst 21.00 Uhr und ich war mir sicher, daß ich wohl ein Opfer dieser gefürchteten, uneffektiven Eröffnungswehen war. Ich wollte jetzt nur noch eins, mich hinlegen. Vergessen waren all die anderen im Geburtsvorbereitungskurs geübten und ausprobierten alternativen Geburtspositionen. Weder der Gebärhocker, noch der Vierfüßlerstand und schon gar nicht die Entbindung im Stehen kamen für mich noch in Frage. Ich hatte nicht einmal mehr die Kraft, mich aus eigenen Kräften an Saschas Hals zu klammern, um beim Stehen etwas gehalten zu werden. Wie ein nasser Sack hing ich an seinem Hals und Oberkörper. Ich fand einfach keinen Halt. Sascha mußte wohl ganz schön zu tun haben, mich oben zu halten, da ich sonst in die Knie gegangen wäre.

Endlich lag ich auf dem Bett in Kreißsaal, der den hübschen Namen ?Sternenzimmer? trug, da an der Decke über dem Kreißbett viele kleine Lichter eingelassen waren. Diese wurden nun etwas gedimmt und tauchten den Kreißsaal in ein gemütliches Dämmerlicht. Ich durfte mich auf die Seite legen, kuschelte mich in mehrere Kissen und wurde mit einem Laken zugedeckt. Mein Kreislauf erholte sich langsam wieder und ich atmete auf, als ich endlich mal wieder eine Wehenpause hatte. Nun kam der Moment der Wahrheit. Mein Muttermund wurde untersucht. Er war schon auf 5 bis 6 cm aufgegangen und das innerhalb von ca. 1,5 Stunden! Die Hälfte war also schon geschafft. Wenn es in diesem Tempo so weitergehen würde, würde ich tatsächlich noch heute unser Baby zur Welt bringen. Das Ende rückte für mich in greifbare Nähe. Ich mußte nur noch weiterhin tapfer durchhalten. Das würde ich schon schaffen.
Sascha saß die kommenden Stunden stets an meiner Seite und hielt meine Hand. Jedesmal, wenn eine Wehe kam, drückte ich seine Hand so fest ich konnte, versuchte den Schmerz abzugeben. Mein ganzer Körper war dann unter Spannung und ich presste meinen Kopf in die Kissen, mein Gesicht in Saschas Hand. Ich ?lebte? von Wehe zu Wehe und sagte mir jedesmal, daß die letzte Wehe mich eine Wehe weiter an mein Baby heranbrächte.
Die Wehen wurden immer intensiver (daß eine Steigerung überhaupt noch möglich war, überraschte mich), aber immerhin hatte ich im Liegen auch mal eine kleine Wehenpause. Doch auch in diesen Pausen verspürte ich leichte Schmerzen, so daß ich eigentlich nie wirklich schmerzfrei war. Oftmals ging eine Wehe fast nahtlos in die Nächste über. Claudia erinnerte mich immer wieder daran, in den Bauch zu atmen, was mir unheimlich schwer fiel. Ich hatte das Gefühl, daß der Schmerz dann noch stärker wurde.
Irgendwann fragte Sascha mich, ob er mich mal für 5 Minuten allein lassen könne. Er wollte ein Zigarette rauchen. Natürlich durfte er das, obwohl ich mich am liebsten noch fester in seine Hand verkrallt hätte und ihn angebettelt hätte, bei mir zu bleiben. Doch auch er brauchte ja mal eine kurze Pause. So wies ich ihn nur noch schnell an, meine Eltern bei der Gelegenheit kurz anzurufen und sie über den aktuellen Stand zu informieren. Wußte ich doch, daß zu Hause alle mitfieberten und an mich dachten.
Während Saschas Abwesenheit, die mir wie eine Ewigkeit erschien, setzte sich Claudia an mein Bett und hielt meine Hand. Sie lobte mich die ganze Zeit über und sprach mir Mut zu.

Ich weiß nicht, wann ich es zum ersten Mal spürte, denn mein Zeitgefühl hatte ich schon lange verloren, doch irgendwann während einer sehr heftigen Wehe hatte ich das Gefühl, von einem starken Schluchzen geschüttelt zu werden. Mein Bauch machte sich auf eigenartige Weise selbständig und ich sagte Sascha, daß ich wahrscheinlich bei der nächsten Wehe heulen müßte. Als diese dann anrollte und das Gefühl sich verstärkte, begriff ich, daß es gar kein Heuldrang war, sondern daß der Pressdrang eingesetzt hatte. Ich war völlig überrascht, daß ich nun schon pressen wollte, wußte ich doch, daß es bedeutete, daß die Austreibungsphase nun immer näher rückte. Aber gleichzeitig erinnerte ich mich auch daran, daß diese Zeit der letzten Zentimeter bis zur vollständigen Öffnung des Muttermundes auch die schwerste Zeit werden würde. Ich schrie der Hebamme also zu, daß ich schon pressen müßte. Sie wurde etwas aufgeregt, wies mich an, auf keinen Fall zu pressen, sondern zu hecheln und hievte mich, nachdem die Wehe vorüber war, mit Saschas Hilfe auf den Rücken. Ich selbst war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr fähig, auch nur einen Muskel zu bewegen. Schon längst hatte ich keine Kontrolle mehr über mich, ich selber konnte nichts mehr steuern. Die Urgewalt der Natur hatte das Kommando über meinen Körper übernommen. Meine Muskeln bewegten sich nicht, sie wurden bewegt. Von der Kraft der Wehen. Daher war ich nicht im geringsten in der Lage, mit auf den Rücken zu drehen. Ich registrierte das mit Entsetzen. Ich war im Grunde genommen völlig hilflos und der Hebamme und ihrem Fachwissen ausgeliefert. Es wurde mir erst in diesem Moment richtig klar, daß man sich während der Geburt einer fremden Person völlig ausliefert, auf diese Person vertrauen muß, und das ausgerechnet in einer Situation, in der sehr viel auf dem Spiel steht.

Die Untersuchung ergab, daß der Muttermund 7, mit Augenzudrücken sogar 8 cm offen war. Sascha fragte die Hebamme, ob es nun für eine PDA zu spät wäre. Die Hebamme erklärte, daß es nun keinen Sinn mehr hätte, da die PDA erst wirken würde, wenn das Kind schon fast da wäre. Abgesehen davon hätte ich sie auch nicht gewollt. Es ging ja wunderbar vorwärts bislang, daher hatte ich auch von mir aus nicht gefragt. Diese lächerlichen 3 cm würde ich nun auch noch schaffen. Es wurde ein Blasenkatheder gelegt, den ich im übrigen kaum als schmerzhaft empfand, und ich bekam eine Spritze in den Po, die die weitere Geburt noch beschleunigen sollte. Außerdem sprengte Claudia irgendwann zwischendrin auch meine Fruchtblase, doch davon bekam ich überhaupt nichts mehr mit. Im Allgemeinen habe ich während der gesamten Entbindung das Geschehen um mich herum so gut wie gar nicht verfolgen können. Ich registrierte weder, ob und wann Claudia den Raum verließ, noch sonst irgend etwas. Meine Augen waren die meiste Zeit starr auf einen bestimmten Punkt im Raum fixiert oder geschlossen. Nun mußte ich mich wieder auf die Seite drehen. Seitenlage war mir auch wesentlich angenehmer als Rückenlage. Gleichzeitig sollte ich nun das obere Bein anheben, um im Becken mehr Platz für das Köpfchen zu machen. Mein ganzer Körper schmerzte unendlich, und ich hatte einfach nicht mehr die Kraft, mein Bein selbständig anzuheben. Daher nahm hielt Sascha es oben in der richtigen Position. Bei jeder Wehe wurde der Drang zu pressen stärker, immer stärker. Es schien mir unmöglich, mit so ein bißchen Hecheln und Atmung dem Pressdrang zu widerstehen. Ich konnte einfach nichts dagegen tun, mein Körper presste, ohne daß ich es wollte. Und hier brach ich das zweite Mal meinen guten Vorsatz: Ich schrie bei jedem Pressdrang. Oder vielmehr: Mein Körper schrie. Ich selbst wollte es gar nicht, konnte es aber auch nicht verhindern. Immer wieder entrang sich meiner Kehle ein wie mir schien lauter Schrei (Sascha beruhigte mich später aber dahingehend, daß ich gar nicht soooo laut geschrieen hätte.). Zwischendurch kam ich immer wieder aus dem Hechelrhythmus. Meine Konzentration ließ immer mehr nach. Während ich hechelte in den unterschiedlichsten Varianten sah ich ständig meine Mami vor mir, wie sie im Flur ihrer Wohnung steht und mir bei einer unserer Verabschiedungen zeigt, wie man hechelt. Das hat sie zum Ende meiner Schwangerschaft nämlich sehr oft getan, ich hatte fast immer den Eindruck, daß ihr das Hecheln von ihrer eigenen Entbindung am meisten im Gedächtnis haften geblieben ist. Dieses Bild wechselte sich mit dem Bild meiner Hebamme aus dem Geburtsvorbereitungskurs ab, wie sie uns zeigte, in welchen verschiedenen Arten man hecheln kann. Ich probierte verzweifelt so ziemlich alle Varianten aus. In den kurzen Wehenpausen jammerte ich oft, daß es mir nicht gelingt, das Pressen wegzuhecheln. Claudia hatte mir ja erklärt, warum ich nicht zu früh pressen dürfte, und nun hatte ich ehrlich gesagt eine Scheiß-Angst, daß sich mein Muttermund verklemmt und alles noch schlimmer wird, als es ohnehin schon war. Diese letzten paar Zentimeter waren wirklich am Schwierigsten! Ich weiß noch, daß ich mich fragte, wie man so eine Geburt nur ein zweites oder sogar drittes Mal freiwillig über sich ergehen lassen könne. Das erschien mir in diesem Moment als reines Märtyrium.

Nach sehr kurzer Zeit schon bettelte ich Claudia an, meinen Muttermund noch einmal zu untersuchen. Sie wollte erst nicht, es waren ja erst ein paar Minuten vergangen. Doch schließlich tat sie mir den Gefallen und stellte fest, daß er mittlerweile 9 cm geöffnet war. Nur noch 1 cm, nur noch ein verdammter, kleiner Sch...-Zentimeter! Sascha berichtete mir zwischendrin immer mal wieder, daß mit Meggies Herztönen alles in Ordnung war und sie die Geburt offensichtlich gut bewältigte. Ich registrierte diese Infos sehr dankbar, war aber nicht mehr in der Lage, darauf mit Freude zu reagieren. Ich nickte daher nur. Außerdem versorgte er mich regelmäßig mit Informationen darüber, daß die letzte Wehe nun gerade mal wieder die Stärkste gewesen sei. Die Wehen übertrafen sich gegenseitig an Intensität, und mein lieber Mann hielt mich darüber stets auf dem Laufenden. Ich gebe zu, daß ich auf dieses Wissen auch gut und gerne hätte verzichten können. Welche Wehe nun die Stärkste war, war mir ziemlich egal, für mich war eine Wehe wie die andere, nämlich einfach nur zum Schreien schmerzhaft und unerträglich.

Claudia wies mich nun an, auf der rechten Seite liegend noch drei Wehen und anschließend auf der linken Seite weitere drei Wehen zu veratmen bzw. zu verhecheln. Anschließend wollte sie dann noch einmal den Muttermund untersuchen. Ich drehte mich also auf die rechte Seite. Die ersten beiden Wehen waren sehr stark, der Pressdrang kaum noch zu unterdrücken. Die dritte Wehe war wieder schwach, der Pressdrang ließ nach. So wurden aus drei Wehen vier. Da diese vierte aber wieder sehr stark ausfiel, beließ mich Claudia auf der rechten Seite und ich hielt weitere zwei Wehen durch. Plötzlich, es fehlte noch die letzte sechste Wehe, wurde sie ein wenig hektisch, untersuchte schnell noch einmal meinen Muttermund und sagte, daß wir nun einen Press-Versuch starten würden. Wie ich später von Sascha erfuhr, hatte sie sich deshalb zum schnellen Handeln entschlossen, da Meggies Herztöne kurzfristig in den Keller sackten und die Frequenz nur noch bei 60 lag (normal ist eine Herzfrequenz zwischen 120 und 160). Doch das sagte sie mir zu diesem Zeitpunkt nicht. Auch Sascha sagte nichts. Schnell instruierte Claudia mich noch, wie ich mich während der nun kommenden Wehen verhalten sollte. Eine weitere Hebamme und die Ärztin wurden hinzugerufen, das Licht wurde heller gemacht und ich wiederum auf den Rücken gedreht. Die nächste Wehe ließ nicht lange auf sich warten, und als sie sich dem Höhepunkt näherte, presste ich so sehr ich nur konnte. Ich presste, als ginge es um mein Leben. Zwischendrin holte ich schnell Luft und presste dann noch mal ... und noch mal. Dann war die Wehe vorbei, ich atmete ruhig, schickte viel Sauerstoff zu meinem kleinen Baby, daß nun ebenfalls die schwerste Phase der Geburt durchmachte. Dann kam schon wieder die nächste Wehe. Erneut pressen bis ich das Gefühl hatte, mein Kopf und meine Scheide zerplatzen. Das Spannungsgefühl war so stark und doch war der Schmerz, der nun den Wehenschmerz überdeckte, nicht halb so schlimm, wie die Wehe. Es stach, zog, brannte. Einfach alles gleichzeitig. Ich spürte, wie ich das Köpfchen meines Babys mit meiner eigenen Kraft nach draußen presste. Es war einfach ein unbeschreibliches Gefühl. Und trotzdem es so anstrengend war und das Pressen meine letzten Kräfte aufbrauchte, von denen ich nicht gedacht hätte, überhaupt noch welche zu haben, war es doch irgendwie sehr erleichternd. Endlich konnte ich aktiv mitmachen. Claudia rief, man könne das Köpfchen schon sehen und daß mein Baby wenige, blonde Härchen hätte. Ich weiß noch, daß ich kurz dachte, daß das überhaupt nicht mit meiner Vorstellung übereinstimmt. Hatte ich doch immer gedacht, Meggie käme mit vielen dunklen Haaren zur Welt. Also genau das Gegenteil war der Fall. Ich hatte jedoch keine Zeit, mich damit näher zu beschäftigen, denn ich wurde aufgefordert, mal nach unten zu fassen und zu fühlen. So recht wollte ich das eigentlich nicht, jede Bewegung war mir zuviel, aber gleichzeitig wollte ich auch kein Spielverderber sein. Also langte ich nach unten und ertastete das Köpfchen meiner Tochter. Mir schien, daß der Scheidenausgang maximal ein paar Zentimeter gedehnt war. Keinesfalls konnte da das Köpfchen von Meggie durchpassen! Es war doch noch viel zu früh zum Pressen! Aber ich sagte nichts, die Hebammen und die Ärztin würden schon wissen, was richtig ist.
Nach zwei weiteren Presswehen, unendlich viel Kraftanstrengung und viel Aufregung um mich herum, war Meggies Köpfchen endlich geboren. Der restliche kleine Körper steckte noch im Mutterleib, und schon erfüllte der erste Schrei unseres Babys den Raum. Dann dauerte es noch eine Wehe, während der ich das Gefühl hatte, förmlich auseinandergerissen zu werden. Claudia zog Meggies Schultern aus mir heraus, und nur einen kurzen Moment später, 23.11 Uhr, war das ganze neue Menschlein geboren. Meggie war tatsächlich noch heute auf die Welt gekommen!
Da lag sie nun vor mir, zwischen meinen Beinen, schrie und strampelte, was das Zeug hielt. Sie war ganz rot und bis auf ein bißchen Blut und Fruchtwasser eigentlich sehr sauber. Ich bekam es gar nicht mit, aber Sascha schnitt wohl die Nabelschnur durch. Dann wurde mir meine Meggie auf den Bauch gelegt, und ich konnte sie nun endlich nach 9 langen Monaten in meine Arme schließen, liebkosen und streicheln.
Eigentlich hatte ich immer angenommen, daß ich in diesem Moment wie ein Schloßhund heulen würde. Vor Glück und Erleichterung, überwältigt von meinen Gefühlen. Doch tatsächlich passierte nichts dergleichen. Ich war einfach nur völlig erschöpft und froh, daß es nun vorbei war. Meggie und ich, wir hatten es geschafft. Sascha beugte sich zu unser herab, umarmte uns Beide, und ich sah ein kleines Tränchen auf seiner Wange klitzern. Ich hatte Sascha während unserer ganzen gemeinsamen Zeit, und das sind immerhin 8 ½ Jahre, noch nie weinen sehen ...

Fast hätte ich es vergessen, aber Claudia verstand ihren Job, denn natürlich fehlte ja noch die Nachgeburt. Es wurde gar nicht erst abgewartet, ob diese sich von alleine löst, sondern ich sollte gleich pressen. Es viel mir unheimlich schwer, jetzt noch einmal Kraft zum Pressen aufzubringen. Sollte doch die blöde Nachgeburt bleiben, wo der Pfeffer wächst. Schließlich hatte ich meine Belohnung doch schon in den Armen. Dafür hatte es sich gelohnt zu Pressen. Aber für die Nachgeburt? Mir fehlte jegliche Motivation und aus eigener Kraft schaffte ich es nicht, die Nachgeburt nach draußen zu pressen. So legte sich Claudia mit ihren Armen und Oberkörper kurzerhand auf meinen Bauch und half mit Druck von oben nach. Nach ca. 3 mal Pressen war auch endlich die Plazenta geboren. Puuuhhhhh...

Ich behielt Meggie noch ein wenig bei mir, und nach einer schönen langen Schmusezeit wurde sie mir aber doch aus den Armen genommen. Schließlich mußte sie ja untersucht werden, Gewicht, Größe und Kopfumfang mußten gemessen werden. In der Zwischenzeit flickte die Ärztin meinen Damm zusammen, der einen winzigen Riß erlitten hatte. Nachdem ich nun eine kurze schmerzfreie Zeit genossen hatte, erschien mir das fiese Stechen der Betäubung und der Nadel schier unerträglich. Ohne daß ich es wollte, rutschte ich mit meinen Po immer weiter von der Ärztin fort, die darüber nach einer Weile ziemlich ärgerlich wurde. Dann bekam ich Meggie wieder in meine Arme gelegt, wohl um mich auch wenig abzulenken. Ich weiß gar nicht, wie lange das Nähen dauerte, auf jeden Fall erschien es mir für nur 3 oder 4 Stiche sehr, sehr lang.
Sascha ging zwischendurch kurz nach draußen und rief die frisch gebackenen Großeltern an.
Mit Claudias Hilfe wurde Meggie nach etwa 30 Minuten zum ersten Mal an meine Brust angelegt. Es dauerte sehr lange bis mein kleines Mädchen begriff, was sie da machen mußte und wie das Saugen funktionierte. Bald war sie sehr erschöpft und müde und schlief ein. Die zwei Stunden, die wir noch allein im Kreißsaal blieben, vergingen wie im Fluge. Es waren unsere ersten Stunden als richtige kleine Familie. Schließlich durfte ich dann aufstehen und vom Kreißbett zu einem fahrbaren Bett watscheln. Ganz überrascht stellte ich fest, daß mir das Laufen gar nicht so schwer fiel. Ich fühlte mich eigentlich schon wieder ganz gut. Mit Meggie unter die Decke gekuschelt, wurden wir auf Station gefahren. Ich durfte sie gleich mit ins Zimmer nehmen und in meinem Bett behalten. Natürlich tat ich die ganze Nacht kein Auge zu, statt dessen betrachtete ich im Dämmerlicht meine Tochter, die dann später im Glasbettchen schlief. Immer wieder zogen die Bilder der Geburt an mir vorüber. Schon oft hatte ich gehört, daß die Schmerzen und die Anstrengungen in dem Moment vergessen sein würden, wenn das Baby endlich in den Armen liegt. So war es aber beileibe nicht. Ich erinnerte mich noch sehr gut an alles und war nach wie vor entsetzt. Entsetzt über die Heftigkeit einer solchen natürlichen Geburt. Daß es kein Spaziergang werden würde und schmerzhaft sein würde, hatte ich immer gewußt. Das war mir völlig klar gewesen, darauf hatte ich mich eingestellt. Und dennoch ... es hatte mich eiskalt erwischt. Die Wirklichkeit hatte schlicht und ergreifend mein Vorstellungsvermögen übertroffen. Dieses leichte Entsetzen sollte noch ein paar Tage anhalten, doch dann merkte ich langsam, wie es verblaßte. Von Tag zu Tag immer mehr. Und heute habe ich Meggies Geburt als unwahrscheinlich schönes Erlebnis in Erinnerung, das mein Leben so sehr bereichert hat. Ich kann mit Worten kaum beschreiben, wie erfüllend ich die Entbindung nun empfinde. Und natürlich soll Meggie kein Einzelkind bleiben. Fast ein bißchen wehmütig erinnere ich mich nun an diese aufregenden Stunden, die mein Leben völlig veränderten. Und ich wünsche mir, daß ich es noch einmal erleben darf.

Meggie wurde am 23. September 2002, 23:11 Uhr, geboren, wog 3.560 Gramm, war 51 Zentimeter groß und hatte einen Kopfumfang von 34 Zentimetern. Die Apgar-Werte waren hervorragend: 10/10.

So, das war mein Geburtsbericht. Die, die es tatsächlich bis zum Ende gelesen haben, :bravo: HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH! Ihr habt echt Ausdauer bewiesen! :)
Nee, ich habe mich jetzt hier nicht den halben Tag hingesetzt, um diesen Mammut-Bericht zu schreiben. Den habe ich schon vor einiger Zeit mal geschrieben, für mich, damit ich nichts von der GEburt vergesse, und für Meggie, damit sie das irgendwann, wenn sie selbst mal schwanger ist, nachlesen kann. Daher ist der Bericht auch so detailliert.
 

Vanilla

Gehört zum Inventar
*WOW* das hat sich wirklich gelohnt,bis zum Schluss zu lesen :jaja: :jaja: :jaja:
Super geschrieben und ein ganz toller Bericht!!!
 

Helga

Frau G-Punkt
Hallo Vera,

ein wunderschöner Geburtsbericht !!

Auch ich habe mir die Zeit genommen, ihn zu lesen und bin wirklich begeistert, von Deiner Schreibweise !!

Auf bald !!
 
S

sunflower99

Kann mich nur anschließen :jaja: .

Das war ein ganz toller Geburtsbericht...so richtig zum mitfiebern.
 
A

Anonymous

Herzlichen Glückwunsch

Herzlichen Glückwunsch nicht nur zu deiner Tochter sondern auch zu deinem hervorragend geschrieben Geburtsbericht. Packend fesselnd und bis zum Schluß kein bißchen langweilig.
Hoffe das die kleine Meggie noch ein paar Geschwisterchen bekommt damit wir auch weiter mit gutem Lesestoff versorgt werden. Ich hab das Gefühl ich wär dabei gewesen, schön!!
Grüße Tina
 

Bruni

Wichtel Moderatorin
Hallo Vera,
So, das war mein Geburtsbericht. Die, die es tatsächlich bis zum Ende gelesen haben, HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH! Ihr habt echt Ausdauer bewiesen

Herzlichen Glückwunsch, du hattest Ausdauer.

Und ich wünsche mir, daß ich es noch einmal erleben darf.
Das gefällt mir ganz besonders.

Sehr, sehr schön geschrieben. :jaja: :jaja: :jaja:

Liebe Grüße Bruni
 
V

Vera

Ooooh, Danke Ihr Lieben für die vielen Komplimente! *ganzdollfreu* :oops:

Mönsch, dass mein Geburtsbericht Euch so gefallen hat, damit hätt ich ja gar nicht gerechnet. Bin froh, dass sich keiner bei gelangweilt hat. ;-)

Liebe Grüße und Schmatz an Eure Knispel!
 
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