Mein Mann macht sich Sorgen

Buchstabensalat

Lebenskünstlerin
Heute war ein traniger Tag.

Eigentlich wollten wir ja alle Mann hoch mit Schlingel und Konsorten zum Burgfest im Nachbarort gehen und so richtig Spaß haben. War ja auch schon alles seit Mittwoch geplant.
Aber dann fiel ** am Donnerstag in den Brunnen.
Und hatte am Freitag Fieber und Husten.

Und natürlich ging es diese Nacht wieder so richtig los.
Von meinen diversen Wanderungen will ich gar nicht reden - jedesmal eingeleitet von mitleiderregendem Husten kam der Ruf nach Mama! Trinken! Gestreichelt werden hilft auch beim Wiedereinschlafen. Nur Mama kommt dabei nicht zur Ruhe.

Um zwei Uhr war der Ofen aus. Heulen und Zähneklappern. Kind wandert mit ins Elternschlafzimmer, große Umschichtmaßnahmen - Baby muß ins eigene Bett umziehen, und damit sie das nicht so merkt, kommt mein Schlafanzugoberteil mit rein. * kuschelt sich an und tut keinen Mucks - mein Körpergeruch muß also umwerfend beruhigend oder schlicht umwerfend sein.
** aber leidet, in allen Variationen. Hustet, rasselt, schleimt.
Mit schierer Gemeinheit bringe ich sie zum Inhalieren. Dann zwinge ich ihr den Hustensaft auf. Danach bekommt sie das Antibiotikum, und als sie nach fast einer Stunde immer noch tobt vor Verzweiflung, gibt es das Notfallzäpfchen mit dem Cortison. Gott, was tut man nicht alles, wenn man sich nicht zu helfen weiß...
Schließlich schlafen wir alle aus Erschöpfung wieder ein - alle bis auf *, die nur einmal kurz zum Stillen die Augen geöffnet hat.

Und da war das Burgfest natürlich gestorben für mich. Denn, wie jeder weiß - man kann nachts noch so sehr auf Papas Schoß sitzen und heulen, für die richtige Krankenpflege (also das Händchenhalten und Verwöhnen) braucht es unbedingt eine Mama. Wir verabschieden den Papa und die große Schwester, und Papa unkt noch angesichts des wechselhaften Wetters: "...wird ja wohl nicht so lange dauern, bis wir wiederkommen."

Also ziehe ich mit Baby, Mittlerer und Schwiegervater erstmal zum Notdienst los, um mir da anzuhören, daß ich ja sowieso alles falsch gemacht hätte.
Antibiotikum? Wozu?
Paracetamol? Fieber ist doch gut für den Körper.
Inhalationen und Hustensaft fanden Gnade vor des Doktors Augen. Ich fühlte mich schon wie ein Kandidat bei der Medizinabschlußprüfung, denn woher soll ich wohl wissen, warum mein Haus-Kinderarzt mich anweist, schon bei 38,5° C Fieberzäpfchen zu verabreichen? Und mit dem Antibiotikum weiterzumachen, wenn das Fieber nicht fällt? Gut, das Cortisonzäpfchen nehme ich auf meine Kappe, okay, aber für den Rest darf er gerne `ne schriftliche Anfrage an meinen Arzt richten. Ich mach, was man mir sagt. Wenn nicht, ist es doch auch wieder falsch.

Kaum wieder zuhause versuchten wir ein spätes zweites Frühstück zu veranstalten. Aber **, sonst Marke "Ich freß alles, auch ne zweite Portion davon" hat heute keinen Hunger (ja, warum nur...), ist dafür todmüde. Ich schaffe sie trotz ihrer Beteuerungen "Nich müde. Will nich slafen" ins Bett - und zack, ist sie weg.
Auch Mama und Baby pflegen der Ruhe. Da sind Mütter wie alte Soldaten: "Schlaf, wenn du kannst - wer weiß, wann die nächste Gelegenheit kommt". Jawoll, mon Capitaine.

Es schließt sich ein ruhiger Nachmittag an, ein wenig im warmen Garten mit dem kranken Kind sein, wieder rein, Versuch eines Abendbrotes mit Nudeln.
Ja, Nudeln sind toll. Wie, essen soll man die? Ehrlich?
Sie schiebt sie nur herum, also schnappe ich sie und packe sie wieder ins Bett. Immerhin, schon fast sechs Uhr, ein wenig früher als sonst, aber sie ist ja auch knatschig bis sonstwohin, und der Daumen ist immer im Mund. Außerdem untrügliches Zeichen für Müdigkeit: dunkle Ringe unter den Augen.

In der folgenden Stille kann ich den Tisch abdecken, das Baby stillen und auch ins Bett bringen, ein wenig fernsehen... es wird halb sieben, sieben Uhr... hat sich was mit bald wieder da.
Um kurz nach sieben trudeln sie dann ein, *** muß ein wenig vom Fest erzählen, hat mir was mitgebracht - ach, wie schön, man denkt an mich.
Mein Mann hat ein paar Süßigkeiten für mich gebracht, mein Herz geht auf, ich liebe dich auch, mein Schatz.

Zähneputzen, Haare kämmen, eine lange Geschichte vorlesen - dann sind wir endlich allein, mein Mann und ich.
"Wie war´s", will ich wissen, und bekomme auch eine eingehende Schilderung des Tages geboten.
"Aber ich mach mir echt Gedanken. So Puppenspiele mag *** ja gar nicht."
"Naja, und? Muß sie ja auch nicht."
"Ja, aber da war ein Kasperletheater, und Isabel fand das richtig klasse, und auch die anderen Kinder alle..."
"Dann ist sie eben einfach anders." Find ich nicht beunruhigend.
"Ja," insistiert mein Mann, mit einer tiefen Falte zwischen den Brauen. "Ich fand´s ja auch doof. Und Schlingel und Ute auch. Das war alles so langatmig. Aber die anderen Kinder gingen halt ab wie Zäpfchen. Nur *** nicht. Ich hab sie halt auf dem Arm gehalten, und sie hat sich das vielleicht zwei Minuten angeschaut."
Ich kann das immer noch nicht beunruhigend finden und zucke die Schultern.
"Laß sie doch."
"Laß ich sie ja auch", jammert er verteidigend, und dann grinst er bewundernd:
"Aber sie sah sich das an und sagte: Was für ein Blödsinn..."

Gruß,
Buchstabensalat
 
Zuletzt bearbeitet:
S

Stefan70

Was kannst Du schön schreiben!

Ein Highlight heute abend! Danke Dir (und Deinem Mann natürlich ;-) )
 
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