Wie darf ein Kind sich wehren?

M

Märilu

AW: Wie darf ein Kind sich wehren?

Ich stimme Christine zu und mache auch keinen Unterschied zwischen kleinem und großen Kind, wie soll es das denn verstehen, dass es das irgendwann nicht mehr darf?

Was ich meine: Ich fordere meine Kinder nicht dazu auf, sich durch Angriff zu verteidigen, wenn es das selbst tut und zurückhaut, sag ich schon, dass es sich wehren darf aber nicht so - sondern Siehe unten. Jeder ist für seine Handlungen selbst verantwortlich und Hauen oder körperliche Aggression ist nie eine angemessene Handlung. Elias erkläre ich auch schon mal, dass so Kriege entstehen und eskalieren. Bei solch einem Kampf gibt es nur Verlierer, und wenn ich gehauen werde und damit "Verlierer" bin, muss ich den anderen nicht auch noch dazu machen, das ist meine tiefe humanistische und religiös fundierte Überzeugung und die versuche ich meinen Kindern zu vermitteln.

Erlaubt ist: verbal - ich meine damit keine Beschimpfungen oder verbale Verletzungen sondern verbale Abgrenzung (und ich finde, Julia macht das ganz toll, Christine!!!) ebenso bei älteren Kindern (Schläge) abblocken oder den anderen festhalten, z.B. wenn der andere mich tritt, seinen Fuß fangen und festhalten, was ja ziemlich unangenehm sein kann... außerdem sich aus dem Konflikt zurückziehen, damit er später rein verbal ausgetragen werden kann und was auch erlaubt ist, andere (Erwachsene) zur friedlichen Konfliktlösung mit hinzuziehen. In Elias Schule gibt es Kinder, die Schlichterposition sind und hinzugerufen werden, wenn Konflikte ausarten oder ein Kind das in einem Streit möchte.

Die Aufforderung zum Zurückschlagen aus Erzieherinnenmund finde ich SEHR bedenklich. In meinen Augen hat sie die Aufgae, die Kinder dazu aufzufordern, die von Julia deutlich gesetzte verbale Grenze zu achten.

Liebe Grüße
 
M

MagicMoments

AW: Wie darf ein Kind sich wehren?

christine hat gesagt.:
Letztens saß ein Kind am Ende der Rutschbahn und ging nicht weg. Die Omi forderte Ben auf, einfach runterzurutschen, damit das andere Kind seine Füße spürt. Da hab ich ihr gesagt, daß ich das nicht will, mein Kind soll warten, bis unten frei ist, sie war sich ihrer aber ganz sicher. Ich auch. Also das wollte ich nicht.

Oje,

das halte ich nun wieder für ausgesprochen gefährlich, solche "Ratschläge" zu geben.
Da kann glaub ich eher was passieren, als wenn mal ein kleiner Schubser kommt.

@Märilu:
Und was macht mein Kind, wenn es sich sprachlich noch nicht so ausdrücken kann?
Weglaufen? (was ja Justy eh macht).


LG
Sandy
 

christine

Weltreisende
AW: Wie darf ein Kind sich wehren?

Hallo Kerstin, schöööön Dich zu lesen, ich wußte gar nicht, ob Du noch unter uns weilst ;-)
Die Aufforderung zum Zurückschlagen aus Erzieherinnenmund finde ich SEHR bedenklich. In meinen Augen hat sie die Aufgae, die Kinder dazu aufzufordern, die von Julia deutlich gesetzte verbale Grenze zu achten

Das weiß ich nicht und werde mich mal erkundigen, wie die dazu eingestellt sind, ich hab nur von der Mutter gehört, daß ihre Tochter lernen muß sich zu wehren. Wie weiß ich nicht. Nur wie gesagt ihr Vater hat sie dann aufgefordert mit Sand zurückzuwerfen...

Ich denke halt auch irgendwie, daß es besser ist Kinder lernen, daß man grundsätzlich keine Gewalt anwendet, nur im Notfall....

Das mit den Schlichtern finde ich auch ne gute Idee. Allerdings, wenn meine Kinder kommen und ständig sagen, der oder der hat das oder das gemacht, dann schick ich sie meist erst mal zurück, daß sie das selbst klären.

Wenn ich erleben würde, jemand läßt es zu, daß ein Kind Ben zurückschlägt, weil er geschlagen hat, damit er spürt wie das ist, würde ich was sagen. Ich glaube nicht, daß da ein Lerneffekt eintritt bei Ben, "es tut halt weh, was ich tue, also mache ich es nicht".



christine
 

christine

Weltreisende
AW: Wie darf ein Kind sich wehren?

Und was macht mein Kind, wenn es sich sprachlich noch nicht so ausdrücken kann?
Weglaufen? (was ja Justy eh macht).

Also Julia kann auch nicht diskutieren. Sie schreit halt "Hau ab, geh weg, sei ruhig, hey laß das" genau diese Worte. Und wenn sie nicht weiterkommt, dann schreit sie "Maaaama, blablalba......" und ich geb ihr manchmal Worte in den Mund, die sie sagen kann. Gut, dann mische ich mich ein, aber das würde ich wahrscheinlich auch tun, wenn beide sich hauend auf dem Boden hocken würden ;-)

Julias Freund haut Ben immer schön zurück, wenn er ihm was tut, die haben es immer miteinander. Ich finde es auch richtig, daß er sich wehrt, aber er geht meist etwas zu weit, er würde gnadenlos zuhauen, ihn fast prügeln vor Wut, hinter ihm herrennen mit Sand usw, seinen Wut rauslassen. Und das geht dann meiner Meinung nach in Richtung "Heimzahlen".

Aber wir kommen schon klar ;-)

christine
 
M

Märilu

AW: Wie darf ein Kind sich wehren?

MagicMoments hat gesagt.:
@Märilu:
Und was macht mein Kind, wenn es sich sprachlich noch nicht so ausdrücken kann?
Weglaufen? (was ja Justy eh macht).


LG
Sandy

Auch Kinder, die sprachlich noch nicht so weit sind (z.B. auch Einjhrige) können nonverbal zeigen, dass sie etwas nicht wollen, Heulen, wütend werden, Rückzug, und es gibt Kinder, die diese Signale verstehen und sich dann in ihren Aggressionen zurücknehmen und es ist auch meine Meinung, dass Eltern in solchen Situationen, in denen sie sehen, dass die Kinder alleine nicht weiterkommen für ihr Kind die Grenzen einfordern sollten und ihnen damit vorleben, wie man damit umgehen kann. Du brauchst dazu die anderen Kinder nicht zu erziehen, aber Du kannst hingehen und für Justy sagen: "Das hat ihm wehgetan, er möchte das nicht, ich möchte, dass Du das respektierst, blabla"
Justy erlebt dann in Dir ein nachlebenswertes Vorbild.

Auf der anderen Seite finde ich es wichtig, dass Eltern ihre Kinder darauf aufmerksam machen, wenn sie durch Aggression, wegnehmen, schubsen, usw, bei dem anderen eine Grenze überschritten haben, was nicht in Ordnung ist. Manche Kinder respektieren die Signale der "angegriffenen" Kinder von selbst, da kann man es verbalisieren, dass sie es gemerkt haben. Bei anderen Kindern, die nicht dieses "Feingefühl" oder Empathie haben oder die eben noch eine sehr egozentrische Sichtweise haben, weil sie z.B. selbst emotional so aufgebracht sind, kann man, finde ich, durchaus auch mal hingehen und sie auf die Sichtweise des anderen Kindes aufmerksam machen, das ist Wertevermittlung: Achtung, Respekt vor dem anderen, Friedfertigkeit. DAS sollte hochgehalten werden und nicht "Wehr Dich, schlag zu!"

Und noch mal in Sachen Vorbild:Was vermittelt die Haltung, sich gar nicht für die Konflikte der Kinder zu interessieren und sie ganz alleine machen zu lassen? Den Konflikt z.B. auch eskalieren zu lassen? Den stärkeren gewinnen zu lassen? Andere in schwierigen Situationen alleine zu lassen?

Und was vermittelt die Haltung, sich in jeden Konflikt einzumischen und alles für die Kinder zu regeln und zu kontrollieren?

Welche Werte sind da mit involviert?

Mir fällt dazu ein: Toleranz, Vertrauen, Zivilcourage, Gemeinschaft, Fürsorge...

Ist schon fast ein Thema fürs Nachdenkstübchen.
 

lulu

Königin der Nacht
AW: Wie darf ein Kind sich wehren?

Ich halte es aehnlich wie Maerilu :bussi:.

Zurueckschlagen ist unerwuenscht, weil aggressives Verhalten. Blocken und "seinen Wirkungskreis" verteidigen, in dem man Agressoren "hinausschiebt" und auf Armeslaenge haelt ist gewuenschte Verteidigung. Hinausschieben heisst nicht umschupsen, obwohl das durchaus passieren kann, wenn die Kraefte nicht exakt dosiert sind. Aber mei, wenn sich ein Agressor mal auf den Hosenboden setzt, finde ich das auch nicht so tragisch.

Mir geht es darum, den Kindern den Unterschied zwischen agressivem Verhalten, das in der Regel nur mehr Agressionen, Geheule und Gewuete ausloest, und Selbstschutz, dass man sich auch nicht verkloppen lassen muss und trotzdem das Feuer nicht anfacht sondern erlischt, aufzuzeigen. Ist nicht so einfach, aber schauen wir uns doch die Erwachsenenwelt an. Selbst die hat es ja noch nicht komplett kapiert :zwinker:.

Am schwierigsten finde ich es momentan, wenn mein Kleiner meinen Grossen aergert und piesakt und natuerlich kein bisschen auf dessen verbale Kommunikation/Verteidigung hoert. Geschwisterliebe halt :heilisch:.

Lulu
 

Schäfchen

Copilotin
AW: Wie darf ein Kind sich wehren?

lulu hat gesagt.:
Blocken und "seinen Wirkungskreis" verteidigen, in dem man Agressoren "hinausschiebt" und auf Armeslaenge haelt ist gewuenschte Verteidigung.

Und wenn dadurch das Feuer erst recht entfacht wird, weil der Gegenüber auf ein kuschendes Häschen hoffte, über das er sich dann lustig machen kann, weil es kuscht?

Ich frag deswegen, weil ich fast immer das kuschende Häschen war und wenn ich mal versuchte, nicht wegzulaufen und den Gegenüber wegschob mit "lass mich in Ruhe", das Ganze eher verstärkte als es abzublocken.

Zum Thema kann ich nicht viel beitragen, meine Mädels lernen auch, dass man nicht haut, schlägt, beisst ... aber ich möcht sie gern vor meinem Schicksal bewahren. Und da hab ich nicht gesehen, dass man mit Abblocken Aggression stoppen kann.

nachdenkliche Grüße
Andrea
 

lulu

Königin der Nacht
AW: Wie darf ein Kind sich wehren?

Schäfchen hat gesagt.:
Ich frag deswegen, weil ich fast immer das kuschende Häschen war und wenn ich mal versuchte, nicht wegzulaufen und den Gegenüber wegschob mit "lass mich in Ruhe", das Ganze eher verstärkte als es abzublocken.
Das sind aber komische Mitmenschen, die Dir da gegenueber standen :???:. Haben die einfach weiter Agressionen ausgeuebt/gehauen, oder was?
Fuer mich hat das nichts mit kuschen zu tun, wenn man seine Grenzen klar zeigt. Kopf hoch, Brust raus.

Ich habe selber kaum Hauereien oder so erlebt und auch jetzt bei den Kindern ist es kein Alltag, dass es zu so unschoenen Situationen kommt. Ob man sich als kuschendes Haeschen fuehlt oder Selbstbewusstsein versprueht, hat sicher auch damit zu tun, wie bestimmte Handlungsweisen bei anderen ankommen. Ich wuerde meinen Toechtern an Deiner Stelle mitgeben, dass sie wunderbar einmalig sind, dass sie geliebt sind, dass Ihr Euch freut an dem was sie sind und auf das was sie werden. (Und das tut Ihr ja sowieso!) Gerade bei zarten Maedchen finde ich es auch wichtig, dass sie ein gesundes/gutes Koerpergefuehl ausbilden. Ich wuerde also Turnen oder Martial Arts oder Ballspiele als Sport vorschlagen und die Maedels sie nicht (oder selten) fuer Auesserlichkeiten loben. Das hoert man immer noch total oft in Bezug auf Maedchen: Hach, wie suess, siehst Du in dem Kleidchen aus. Ach hast Du schoene lange Haare. Viel wichtiger finde ich es zu sagen: Mensch, da hast Du Deinen Grips aber gut benutzt. Oder: Mensch, wie mutig, dass Du dies oder jenes getan hast. Ich bin stolz auf Dich.

Und dann kommt es natuerlich auch auf das soziale Umfeld an. Wo keine Empathie gelebt und gelehrt wird, da ist auch kein gutes Sozialverhalten zu erwarten.

Lulu
 
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