Von den Ereignissen überrollt…

lena_2312

Fotoholic
...…wurden wir am 23.12.2004, als unsere kleine Tochter Lena Sophie, 4 Wochen zu früh, das Licht der Welt erblickte. Meine Hebamme hat mir damals geraten, ich solle alles mal aufschreiben und aufbewahren, eine Art Bewältigung der Geschehnisse, aber jedes Mal, wenn ich mit schreiben anfing musste ich aufhören, weil die Tränen kamen. Heute, genau 8 Monate ist es mir endlich gelungen und ich möchte es Euch nicht vorenthalten (Vorsicht sehr lang!).


Eigentlich begann alles mit der ersten Akupunktursitzung, die ich am 21.12.2004 im Klinikum hatte. Die Akupunktur selbst empfand ich als angenehm. Als ich von der Liege aufstand merkte ich wie eine ganze Menge Flüssigkeit abging und war mir sicher, dass es sich um Fruchtwasser handelte. Leider war es eine ganze Menge Blut. Die Hebamme, die noch zugegen war brachte mich sofort zur Untersuchung in den Kreissaal. Dort stellten sie nichts weiter fest, als leichte Wehentätigkeit, ruhige Herztöne unseres Kindes (sie schlief mal wieder) und eine eigenartig aussehende Plazenta. Ich sollte zur Beobachtung einen Tag in der Klinik bleiben. Die Blutung versiegte rasch wieder, CTG, Blutdruck und auch sonst alles schien in Ordnung und so durfte ich am 22.12. morgens das Krankenhaus wieder verlassen.
Allerdings fühlte ich mich sehr schlapp und verbrachte fast den ganzen Tag daheim auf dem Sofa. Am 23.12. wachte ich früh 5 Uhr auf und bemerkte wieder wie eine Menge Flüssigkeit auslief. Nach einem Toilettengang war ich mir diesmal ziemlich sicher, dass bei dem Blut Fruchtwasser dabei sein muss (soviel Blut kann man doch nicht mit einem Mal verlieren, dachte ich).
Für den 24.12. waren die angehenden Großeltern zum Essen und Feiern eingeladen und ich hatte noch nichts vorbereitet. Da es klar war, dass ich wieder in die Klinik muss und sicher auch Weihnachten dort bleiben müsste, begann ich noch den Weihnachtsbraten vorzubereiten. Als der im Ofen war, machte ich noch Frühstück und weckte meinen Mann Jan. Wir frühstückten ganz in Ruhe. Völlig verrückt??? Nein, im Nachhinein war es das Beste, was wir machen konnten, der Tag sollte noch hektisch genug werden. Danach fuhren wir erst mal zu meiner FA, die machte per Telefon die Leute im Kreissaal rund, waruim sie mich mit einer derart auffälligen Plazenta einfach so entlassen könnten… Sie schickte mich wieder in die Klinik - ich wurde erneut untersucht und wieder eingeliefert, da der Muttermund 2cm geöffnet war.
Das Blut floss ab und an schwallartig dahin und so richtig interessierte das bis Mittag niemanden. Danach sollte ich zum Ultraschall und der Besuch beim „Ultraschalpapst“ der Klinik brachte Gewissheit, dass sich ein Hämatom gebildet und ein Stück der Plazenta gelöst hatte.
Aufgrund des argen Blutverlustes wurde mir leider eine natürliche Geburt verwehrt. Die Gefahr für Mutter und Kind wäre zu groß. „Wir holen heute noch ihr Kind per Sektio“ klingt es mir immer noch im Ohr. Ab da durfte ich keinen Schritt mehr laufen und bekam wehenhemmende Medikamente. Wehen? Die sollte ich schon seit dem 21.12. gehabt haben, die habe ich aber nur bei der Toko gesehen, gespürt selbst habe ich nichts.
Jan sagte ich Bescheid und er kam dann auch eine Stunde später. Ab da an hieß es warten…. Einerseits freuten wir uns, aber andererseits ging auch alles viel zu schnell. Gerade erst hatten wir doch noch beschlossen Weihnachten zu feiern und…
Die Medikamente setzten mir arg zu und die Aufregung stieg. So war doch das eingetreten, wovor ich am meisten Angst hatte. Ich sollte eine PDA bekommen.
Gegen 16.30 Uhr begannen dann die Vorbereitungen und wir waren fast froh, dass die Warterei ein Ende hatte. Die Aufklärungsgespräche wurden so kurz wie möglich gehalten, leider vergaß man dabei auch ein paar wichtige Informationen, die mir im Op-Saal und am Folgetag einige Aufregung erspart hätte, wie z.B. das einem nach Setzen der PDA schlecht wird, man am nächsten tag Kopfschmerzen und Sprachstörungen haben kann und und und..
Im OP angekommen wurde mir dann die PDA gelegt, was zwar unangenehm war, aber bei Weitem nicht so schlimm war, wie ich befürchtet hatte. Eigenartig war nur das Gefühl, dass man sich bis zum Oberkörper nicht mehr bewegen konnte. Die Anästhesistin vergewisserte sich, dass alles in Ordnung ist und dann ging es auch schon los. Mitbekommen hab ich kaum etwas, nur das Gerüttel und Geschlürfe hat mich nervös gemacht. Und 17.48 Uhr war es soweit. Da war sie…………..
Unsere Kleine Lena war auf der Welt und wir haben sie das erste Mal ganz kurz gesehen. Der stolze Papa ging mit der Hebamme mit und ich „musste“ ja noch liegen bleiben und mich in Geduld üben, da sie erst beim Zunähen waren. Im Hintergrund hörte ich nur noch den Kinderarzt rufen „alles in Ordnung“ und dann standen die Hebamme und Jan mit der kleinen Maus an meinem Kopf. Mir ging alles Mögliche durch den Kopf. Die Maus lief sofort blau an,
sie war mit 42 cm und 1915g einfach zu winzig, zu schwach und wurde sofort auf die Säuglingsstation gebracht. Ich selber kam ins Aufwachzimmer, bekam ein Polaroid in die Hand gedrückt, was zum Fürchten aussah. Mir kamen die Tränen…
Jan sah ich an diesem Abend auch nicht mehr und so war ich mit meiner Freude, aber auch mit meiner Angst allein. Gegen 23 Uhr wurde ich wieder auf die normale Station gebracht und die Ungewissheit um das Kind und die Schmerzen wurden immer größer. Es konnte keine Hebamme auf der Station sagen, wo das Kind liegt und warum es dorthin gebracht wurde. Diese Ungewissheit blieb, bis zum nächsten Morgen als ich Jan anrief. Er kam sofort in die Klinik, packte mich in einen Rollstuhl (da ich immer noch nicht laufen durfte) und wir kamen dann nach einiger Irrfahrt auf der Säuglingsstation an.
Und da lag sie nun… und ich bekam den nächsten Schreck. Ich hatte nicht erwartet sie in einem Inkubator liegen zu sehen, mit vielen Kabeln und einer Sonde in der Nase. Die Gefühle kann man nicht beschreiben. Als mir erklärt wurde, dass die Kabel lediglich zur routinemäßigen Überwachung dienten und sie Sonde noch drin war, weil sie zu schwach war und allein nicht trinken konnte, wurde ich ruhiger und konnte zum ersten Mal das kleine Wunder betrachten. Sie lag so friedlich schlafend in ihrem Bettchen und war so niedlich….
Der 24.12. war noch sehr anstrengend und ich war sehr wehmütig, zumal noch viele Nachrichten kamen, wo mir Leute „Frohe Weihnachten“ wünschten. Ich war einfach nur fertig, die Schmerzen waren arg und es war Weihnachten- ein fest der Familie und ich lag allein in einem Zimmer und das kleine Wunder war so nah und doch so weit entfernt, auch sie war allein.

Nach einer Woche wurde ich entlassen und Lena musste noch auf der Kinderstation bleiben. Wir fuhren täglich in die Klinik um Milch abzugeben, zu stillen und einfach bei unserem Kind zu sein. Sie hatte kaum abgenommen und ungeheuren Appetit. Man konnte richtig aufpassen, innerhalb von 3 Tagen hatte sie immer 100g mehr und so konnten wir sie am 16.01.2005 mit einem Gewicht von 2550g nach Hause holen.

Leider hat sich herausgestellt, dass Lena ein Loch im Herz hat, was aber auf ihre momentane Entwicklung keinerlei Einfluss hat. Aller 3 Monate müssen wir in der Klinik zur Untersuchung antreten. Erst gestern waren wir zur Kontrolluntersuchung und die Ärzte sind begeistert, es hat sich eine kleine Blase gebildet und es sieht so aus, als ob das Loch zuwächst.

Das Ganze ist heute 8 Monate her und unsere Maus ist mit ihren 68cm und 7000g quietschfidel, arbeitet am allein Aufsetzen und Krabbeln und brabbelt seit gestern allerlei lustiges Zeug.

Kleine Maus, wir lieben Dich!!!
 
Zuletzt bearbeitet:

flonikki

Habibi
auch, wenn die entbindung nicht so verlaufen ist, wie ihr euch das gewünscht habt, finde ich deinen bericht wunderschön geschrieben... :prima:
 

Eve

's Heidi
Das hast Du sehr schön geschrieben *Tränchenwegwisch*

Es tut mir so leid, dass Du ein nicht so schönes Geburtserlebnis hattest und Du und Deine Maus an Weihnachten allein waren. :-(

Aber ich bin sicher, ihr habt alles aufgeholt und Eure kleine Lena macht Euch jeden Tag Freude und wird geliebt wie nichts auf der Welt :herz:


Liebe Grüße, (und ein schönes Weihnachten 2005 ;-) )


Tina :winke:
 

Pluto

Schokoladine
Wir haben ja ungefähr, dass gleiche durch von den Gefühlen her und deshalb drück ich dich mal ganz ganz fest......
 

lena_2312

Fotoholic
Ich danke Euch für Eure einfühlsamen Worte.
Es ist wie gesagt nun 8 Monate her und tut nur manchmal noch weh, eigentlich hat man viele Dinge schon wieder vergessen und denkt an ein weiteres :uta:
 

Steffi B.

Miss Liebenswert
Ich habe eine gänsehaut.. das ganze erinnert mich an meine.. leider auch nicht so schöne geburt von paulchen.. heute ist vieles vergessen.. das mein ich auch

herzlichen glückwunsch an dieser stelle nochmal zu kleinen zaubermaus

lg steffi
 

wippi

Gehört zum Inventar
AW: Von den Ereignissen überrollt…

Huhu,
beim Lesen fiel mir auf, ich hatte Deinen bericht schon mal gelesen.
Jetzt, nach so langer Zeit glaubt man gar nicht mehr, was man für starke emotionale Belastungen ausgehalten hat.
Ich freu mich, dass auch bei euch alles gut verlaufen ist.
Liebe Grüsse

wippi
 
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