Stille Treppe

Jacqueline

Ohneha mit der Lizenz zum Löschen
Mitarbeiter
Moderatorin
AW: Stille Treppe

Vor Trudis Hintergrund kann ich ihre Aussage verstehen - man macht sich nämlich schon Vorwürfe, ob man vielleicht einfach hätte konsequenter sein müssen, ob mehr "Nein" etwas geändert hätte, ob man "zu nett", zu wenig resolut, zu wenig autoritär war.
Dabei hätte das allerhöchstens bewirken können, dass das Kind vielleicht eine Weile lang "gespurt" hätte, solange Angst und (seelische) Abhängigkeit gross genug waren - und spätestens mit Pubertätseintritt wäre das ganze eskaliert....

Heute, im Rückblick, weiss ich:
es ist die Mischung.
Es lohnt sich nicht, ein Kleinkind mit unverständlichen Auszeiten zu bestrafen, weil sein Zeithorizont nur minim über "Jetzt" hinausgeht, man erreicht damit nur, dass sich das Kind bestraft fühlt, missachtet.
Es ist jedoch sinnvoll, selber konsequent zu sein.
Und damit meine ich nicht, aus jeder Kleinigkeit eine Grundsatzdiskussion zu machen - sondern sich selber treu zu bleiben, auch wenn es umständlich ist. Keine Androhungen, die man doch nicht umsetzt, weil sie aus der Emotion gesagt wurden. Kein "heute darfst Du das, morgen aber nicht und es gibt keine Logik dahinter". Es geht nicht darum, dem Kind Grenzen zu setzen - sondern dem Kind beizubringen, die Grenzen anderer Menschen zu respektieren - indem man seine auch respektiert.

Liebe Grüsse, Jacqueline
 

Blümchen

Mama Biber
AW: Stille Treppe

Jac, mein Kind war und ist ja auch ein eher mehraufwändiges, diesbezüglich. Ich schreibe all das ja nicht mit dem Hintergrund eines pflegeleichten und immer mitziehenden Kind, sondern mit einem Kind, das phasenweise echt speziell ist.

Und dennoch spüre ich sehr, wie wichtig es ist, ihn anzunehmen, so. Damals und heute.

Gerade weil die Umwelt einem so oft vermittelt 'Wärst du mal konsequenter gewesen', 'Hättest du mal strenger agiert', 'Bei mir hätte er das nicht gedurft', gerade deshalb schreibe ich das hier ja so eindringlich. Um anderen Mut zu machen, sich von starren Leitlinien zu lösen und individuell auf ihr Kind zu schauen. Weil sich das lohnt- für beide Seiten!

Liebe und Nähe können nie verwöhnen, wenn sie aufrecht und ehrlich sind und sich an kindlichen Bedürfnissen und der derzeitigen IST- Situation des Kindes (und der Familie) orientieren.
Auch, wenn Außenstehende das gerne nicht wahrhaben wollen, weil es dem wiederspricht, was sie selber (unreflektiert) weitergegeben haben und weitergeben.
Ich glaube nicht, dass wir absehen können, wieviel Schaden solche Situationen wirklich anrichten können, wenn das Gefühl des 'falsch' und 'ungeliebt seins' beim Kind dominiert und sich festsetzt.

Und Konsequenzen sollten fürs Kind immer nachvollziehbar sein und nicht abstrafen. Und bezogen auf Stuhl oder Treppe und ein (Klein)Kind passt das mMn einfach nicht zusammen.
Egal, ob das Kind speziell ist oder extrem pflegeleicht.
Genauso, wie du es auch im unteren Absatz deines posts schreibst.
 

Jacqueline

Ohneha mit der Lizenz zum Löschen
Mitarbeiter
Moderatorin
AW: Stille Treppe

Liebes Blümchen,

wir sind uns ja doch einig :bussi:

Ich meinte "verstehen" in Bezug auf Trudis Aussage im Sinne von "nachvollziehen können", nicht im Sinn von gutheissen, ganz einfach, weil auch wir an einem Punkt standen, wo wir dachten, wir hätten es falsch gemacht, weil wir unseren Kinder mit Liebe und Respekt begegnet sind, weil Härte und Strafen nicht auf unserem (Erziehungs)Programm standen - und ich habe einige Jahre gebraucht, um zu verstehen, dass sich Liebe und Konsequenz nicht ausschliessen - wenn man Konsequenz im Sinn von Konstanz versteht und nicht im Sinn von "wenn nicht - dann"...

Liebe Grüsse, Jacqueline
 

Trudi32

Heisse Affäre
AW: Stille Treppe

Naja, es ist schwierig. Ich meine natürlich nicht, dass man das Kind abschiebt und damit hat man das Problem gelöst.

Es gibt sicher Fälle, wo ich dem Kind etwas erklären kann, aber auch, wo das nichts bringt.

Wenn es so einfach ist, dass man dem Kind erklärt "Ich verstehe, dass du neugierig bist, aber es ist sehr gefährlich, wenn du an den Herd gehst, weil du dich verletzen könntest" (natürlich kindgerecht verpackt), und danach hört es auf, weil man Respekt gezeigt hat, das Bedürfnis kennt, dann wäre alles super.

Mal abgesehen von meinem Sohn... ich habe ja auch noch zwei Töchter, die nicht verhaltensauffällig sind (bisher... und es sieht auch nicht nach einer Entwicklung dahingehend aus) und trotzdem gab es oft Situationen, wo es einfach Neugier war oder Spaß. Die Akzeptanz des Kindes, dort eine Grenze zu ziehen, ist nicht immer "oh könnte weh tun, danke Mama für den Warnhinweis". Was ist, wenn euer Kind es immer und immer wieder macht? Welche Konsequenzen setzt ihr dann, bei einem 2,5 Jährigen? So dass ihr unmissverständlich klar macht, dass das nicht geht?

Ich bin nämlich der Meinung (auch aus eigener Erfahrung), dass ein 2,5 jähriges Kind nicht unterscheiden kann, dass es einen Unterschied gibt zwischen der Regel "man rennt nicht auf die Straße" oder "man spuckt kein Essen quer über den Tisch". Das eine ist hoch gefährlich, das andere ist eine Unart, nicht schön, aber eben auch nicht gefährlich. Wie macht ihr den Unterschied klar?

Sicher, beides möchte man nicht. Aber wenn das Kind dann doch noch fünf mal die Grenze springt und fröhlich das Gekaute über den Tisch spuckt, dann ist das so. Immer noch nicht schön, immer noch nicht gefährlich. Und man hat noch 5 mal die Chance, die Grenze zu ziehen (muss nicht 5 x hintereinander sein, sondern mal heute, übermorgen, in einer Woche)

Wenn mein Kind aber blind auf die Straße rennt (es ist ein fiktives Beispiel, meinetwegen soll es auch nicht an den Herd, nicht an die Tür, keine Blumen essen, etc.), dann ist das jedesmal gefährlich. Es hat unter Umständen keine Zeit und keine Chance diese Grenze "beim nächsten Mal" zu aktzeptieren.

Ich weiß, dass man auf sein Kind achten muss. Aber Unfälle passieren und das nicht, weil man Beifall klatschend daneben steht. Und die Kinder müssen es ja trotzdem lernen.

Wie macht ihr das? Wie gesagt, von dem Fall ausgehend, dass euer Mitgefühl für das Kind und euer Verständnis für das Bedürfnis vorhanden ist, das Kind aber mit dieser Handlung, die man unterbinden möchte, nicht aufhört.

Für mich gibt es einfach Situationen, da gibt es nichts zu diskutieren. Das habe ich übrigens von einem Polizisten (hatte ich das hier schon mal irgendwo geschrieben?). Situation - das Kind ist ein bißchen älter. 6 Jahre alt. Du gehst mit niemanden mit (mit niemanden heißt auch nicht mit der Oma, denn Kinder wissen nicht, dass der Mitbürger, den man freundlich grüßt, weil man sich schon öfter gesehen hat auch ein Fremder ist). Und da gibt es auch nichts zu diskutieren. Da bin ich der Bestimmer. Das muss sitzen und zwar bevor mein Kind in die Situation kommt und diese Entscheidung für sich alleine treffen muss. Genauso wie es verstehen muss, dass auf die Straße laufen gefährlich ist und auf den Herd fassen.

Ich hoffe, ich hab es so erklärt, dass man mich versteht. Es geht nicht um Härte und Strafe.
 

Su

Das Luder
AW: Stille Treppe

Ganz einfach die Situationen die lebensgefährlich sind in die kommt er einfach nicht, er geht an meiner Hand über die Straße, aber nicht alleine, weil ich nicht sicher sein kann ob er alles richtig macht. Genauso mit Wasser z.B. da ist er auch nicht unbeaufsichtigt.

LG
Su
 

Trudi32

Heisse Affäre
AW: Stille Treppe

Naja, dann viel Glück, dass es nie zu einer unerwarteten Situation kommt.

Ich bin trotzdem der Meinung, dass Unfälle nicht passieren, weil man es bewusst heraufbeschworen hat.
 

Blümchen

Mama Biber
AW: Stille Treppe

Essen über den Tisch spucken wird immer unangenehm, aber nie lebensbedrohlich sein. Um bei diesem Beispiel zu bleiben. Verhalten im Straßenverkehr wird immer gefährlich sein, wenn es nicht angemessen ist.
Und da liegt eben schon der Unterschied.
Es gibt Situationen, da muss ich klar sein, eindeutig und absolut konsequent.
Und es gibt Situationen, die sind einfach Phasen. Je mehr Aufmerksamkeit sie bekommen, desto ärger werden sie auch gerne.
Warum soll ich meine Energie an ein essenspuckendes Kind verschwenden? Wer spuckt, hat keinen Hunger. :mrgreen: Das ist die Grenze. Teller weg.
Ich sehe nicht ansatzweise wo ich die beiden Situationen vergleichen kann.

Wenn man sich an Kleinigkeiten aufreibt, ist doch klar, dass der Frust auf allen Seiten steigt.

Was mich einfach stört, in diesem und auch im anderen thread, das ist die (unterschwellige) Abwertung.
Dass muss ein Kind einfach so hinnehmen, es ist ein Kind. Punkt. Da wird nicht diskutiert, sonst mache ich mich zum Hänneschen. Warum diese Angst? Warum dem Kind nicht Vorbild sein und ihm zeigen, wie es gehen kann? Kindern wird oft einfach was vorgesetzt und sie sollen es schlucken. Weil sie eben Kinder sind.
Warum kann ich nicht klar sagen: Wer mit dem Essen spuckt, der ist satt. Dann kommt der Teller weg. Essen ist wertvoll und nicht zum Spucken. Wir möchten das nicht, niemand hier spuckt.
Und dann konesquent sein in der Umsetzung. Das tut niemandem weh und fürs Kind ist das eindeutig.
 

Trudi32

Heisse Affäre
AW: Stille Treppe

Aber deine Erklärung ist doch nicht richtig. Das Kind hat aber doch Hunger und du legst fest, dass es, wenn es spukt keinen Hunger hat. Es hat einfach Spaß daran, aber eben trotzdem Hunger.

Was lernt dein Kind als Schlussfolgerung für sich? Ich spuke, Teller weg - klar. Aber auch, wenn ich etwas mache, wo Mama meint, ich hätte keinen Hunger, dann ist das so, obwohl ich Hunger habe.

Warum kann man dem Kind nicht sagen - Ich möchte nicht, dass gespuckt wird?

Bei den beiden Vergleichen geht es mir darum, dass eben nicht alles erklärt werden muss. Das Straßenverkehr gefährlich ist, kann ich meinem Kind sagen und damit begründen. Aber ob es das versteht? Ich könnte meinem Kind auch sagen über dem Tisch spucken ist gefährlich. Das Kind weiß es nicht besser und glaubt mir vielleicht, dass auch spucken lebensgefährlich ist. Wenn es dann feststellt, dass es gar nicht so ist, könnte es ja auch annehmen, dass der Straßenverkehr auch gar nicht so gefährlich ist. Ich weiß, kein Mensch zieht diesen Vergleich. Aber ein Kind, kann eben nicht abschätzen, was ist wahr und was nicht. Und wenn es doch tatsächlich mal auf die Straße rennt und nichts passiert, kann die eigene Erfahrung die Annahme, dass die Straße gar nicht gefährlich ist auch total bekräftigen.

In diesem Moment habe ich mein Kind verunsichert. Denn ich habe etwas Unwahres in seinen Augen gesprochen. Ich könnte auch erklären "Wenn ein Auto kommt, dann...". Kommt aber keins :) Kinder sehen bekanntlich herannahende Autos sehr spät. Könnte schwierig sein.

Aber es gibt soviele Abstufungen von diesen Situationen, die entsprechend weniger gefährlich sind. Aber das Prinzip bleibt immer das gleiche.

Warum ich mit einem Kind nicht diskutiere? Weil es zu klein ist um Situationen angemessen einzuschätzen und gar nicht diskutieren kann.

Warum kann ich nicht klar sagen: Wer mit dem Essen spuckt, der ist satt. Dann kommt der Teller weg. Essen ist wertvoll und nicht zum Spucken. Wir möchten das nicht, niemand hier spuckt.

Kann man ja sagen. Aber der letzte Satz Wir möchten das nicht, niemand hier spuckt reicht doch völlig aus. Denn wer mit essen spuckt, wie oben schon geschrieben, ist nicht wirklich zwangsläufig satt. Jede solche Aussagen sind für uns Erwachsene nachvollziehbar und als Erklärung annehmbar. Wir wissen ja, was man damit sagen möchte. Ein Kind nicht. Und im Alltag merken wir solche Dinge oft nicht. Aber es stellt unsere Glaubwürdigkeit in Frage. Vielleicht nicht bei einem 2,5 jährigen, aber man ändert sich ja nicht einfach so, weil das Kind plötzlich älter ist.

Es kann auch, wie ebenfalls schon gesagt, 100 mal gut gehen. Aber mir geht es eher um die Fälle, wo das Kind trotzdem weiter spuckt.

Es kann auch die verlangte Aufmerksamkeit sein. Negative Aufmerksamkeit ist ja bekanntlich auch eine Art der Aufmerksamkeit, die Kinder sich holen. Aber, wenn ich das negative Verhalten mit Aufmerksamkeit bestätige, dann holt sich das Kind diese doch immer wieder. Deshalb nach wie vor für mich der Ansatz - in der Situation - nein, es wird nicht gespuckt bei Tisch (von mir aus auch mit "wir möchten das nicht", "das ist eklig", usw.) Aber dann war es das auch. Dafür, wenn das Kind das nächste Mal bei Tisch sitzt und nicht spuckt, lieber nochmal die negative Situation aufgreifen und das jetzige Verhalten bestätigen "Guck mal, jetzt spuckst du nicht, das machst du prima. Das ist doch so viel schöner!". Damit erkläre ich die gewollte Situation. Hat das Kind meiner Meinung nach mehr von, als wenn ich in der negativen Situation die Erklärung für das Nichtwollen abgebe.

Du kannst das auch weiter spinnen. Was ist, wenn das Kind jetzt am Tisch anfängt zu schreien, auf den Tisch zu hauen etc. weil es nicht damit einverstanden ist, dass der Teller weg kommt? Wie löst du so eine Situation? Und hier auch bitte an einem Beispiel, wo das Kind nicht akzeptiert, dass der Teller als Konsequenz weggekommen ist, sondern ganz heftig diese Maßnahme "kommentiert" und davon auch nicht abzubringen ist.
 
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