Raphael wird rausgeschmissen -KH

Janine83

nette arschige Rolle
Dienstag 12.2. 2013:
Aufgrund wieder erhöhter Leberwerte, verlasse ich die Frauenarztpraxis erneut mit einer Einweisung. Diesmal mit dem Vermerk: Einleitung zur Geburt und so langsam wird mir bewusst,dass die Schwangerschaft ein baldiges Ende hat.
In Absprache mit der Klinik kläre ich zuhause alles mit der Kinderbetreuung und fahre nachmittags mit Matthias zur Aufnahme in die Geburtsklinik.
Durch die Geburtsplanung und dem vorherigen Aufenthalt ist man dort schon bekannt und so trifft man „alte Gesichter“ im Kreissaal.
Es ist 17h,als auch dort nochmal Blut gezapft wird um die Werte zu überprüfen, danach geht es auf die Station. Mein Abendessen wartet, Matthias fährt nach Hause um die Kinder und Oma abzuholen,die für die nächsten Tage wieder bei uns „einzieht“.
Viel passieren wird wohl nicht mehr, also richte ich mich gemütlich in meinem Zimmer ein,bevor es um 20h erneut zur CTG-Kontrolle geht.
Die Blutergebnisse sind inzwischen da und das Urteil fällt: Den Ärzten sind die Werte zu heikel -zumal niemand weiß,wo die herkommen- und man beschließt,dass am selben Abend noch eingeleitet wird.
Mhmpf. Ich hatte so sehr auf einen spontanen Geburtsbeginn gehofft und bin ein wenig enttäuscht -andererseits freue ich mich,dass nun endlich etwas passiert und wir bald unseren Sohn im Arm halten werden.
Nachdem ich aufgeklärt wurde, wird mir der Prostagladin-Tampon vor den MuMu gesetzt, wo er die nächsten 24 Std. bleiben soll um dort Wehen auszulösen. Nun heißt es warten.

Mittwoch 13.2. 2013:
Die Nacht war ruhig, alle 3-4 Stunden muß ich zur CTG-Kontrolle. Dem Baby geht es weiterhin gut,ich bin auch ganz entspannt und die Ruhe selbst.
Nachmittags merke ich leichte Schmerzen im Rücken/Unterleib. Das CTG zeigt: Das sind Wehen.
Oh, so fühlen die sich also an.
Ich laufe und laufe und laufe. Die Flure entlang,durch die Treppenhäuser, die Wehen sind erträglich.
Bei der Untersuchung am Abend zeigt sich: Es tut sich was. MuMu etwa 3-4cm offen. Wow,das klappt ja. Der Tampon wird gezogen und man ist sicher -heute Nacht sieht man sich wieder.
Gegen Mitternacht hören die Wehen schlagartig auf, als wäre nichts gewesen.

Donnerstag 14.2. 2013:
Sollte es wirklich ein kleiner Valentin werden? Wäre jetzt nicht mein absolutes Lieblingsdatum, aber doch ein schönes Geschenk für den Liebsten,denke ich.
Einleitungstechnisch gehen wir nun auf ein Gel über und das zeigt erneut Wirkung. Gegen mittag habe ich wieder Wehen -ich laufe also weiterhin meine Kilometer durch das Klinikgelände.
Das Baby ist weiterhin munter, der Kopf sitzt allerdings noch nicht fest,was bedeutet das ich mich bei einem Blasensprung sofort hinlegen soll. Mein Kopfkino spielt mir lustige Szenarien vor..na super.:hahaha:
Das Gel wird nochmal verabreicht und ich wehe vor mich hin....bis es gegen Mitternacht wieder urplötzlich aufhört. Mhmpf. So langsam komme ich mir veräppelt vor,wenn ich ehrlich bin.
Ich bin aber immernoch gut gelaunt, kann ja nicht mehr ewig so weitergehen.

Freitag 15.2.2013:
8.00h wiedermals CTG im Kreißsaal und ich bekomme den Hammer:
Leberwerte weiterhin gestiegen, dem Chefarzt reicht es: Er will das Upsala daraus haben.
Jo, da sind wir schon 2. :hahaha:
Hebamme Hannelore hat Dienst und überbringt mir die Nachricht: PDA, Wehentropf, Blasenöffnung und dann wird’s wohl langsam was werden.
JETZT kommt der Frust. So war das bisher bei allen Geburten -dieser blöde Wehentropf. PDA wirkte bei Marlon schon nicht richtig und seine Geburt war ein echtes Trauma. :heul:
Die letztendliche Entscheidung überlässt man mir und ich füge mich meinem Schicksal. Die Ärzte wissen,was sie tun und die Werte machen auch mir langsam Angst. Also: packen wir`s an.
Um 9 kommt der Anästesist -kurz darauf liegt die PDA. „Merken Sie was?“ -Nö, alles gut -aber ich habe ja auch keine Wehen in dem Moment. Mal schauen,wie das wird wenns losgeht.
Mir wird kalt, ich habe meine Fassungs aber wiedergefunden und simse munter durch die Gegend. :winke: Brini. :hahaha:
Schwester K. Von der Geburtsstation bringt mir was vom Frühstücksbuffet -gegessen habe ich nämlich noch nicht. Irgendwie komme ich aber auch nicht dazu.
Matthias ist auf der Arbeit (60km weit weg) und wird ebenfalls auf dem neusten Stand gehalten.
Der Wehentropf wird angehängt und kurz darauf merke ich die ersten leichten Wehen. Gut auszuhalten, die PDA wirkt allerdings nicht,weil sie zu tief gesetzt wurde. Normalerweise dürfte ich die Wehen noch gar nicht merken. Na,was solls -ist ja auszuhalten.
Das ändert sich schlagartig,als Hanne den Tropf höher dosiert. Oh weh,das wird schon unangenehmer. Ich bekomme Globulis, die Untersuchung zeigt weiterhin,dass der Kopf nicht festsitzt und der MuMu immernoch bei 4-5cm liegt. Uffz, das kann ja noch Stunden dauern.
Matthias schreibt mir,dass auf der Arbeit alles vorbereitet ist und er nur auf mein „Go“ wartet um loszufahren.
Ich antworte,dass er doch noch nach Hause fahren soll,dann kann er duschen,was essen und Marlon hat auch noch etwas von ihm.

Gegen 11h wird’s Ernst: Hanne öffnet die Fruchtblase. Holla,das ist ne Erleichterung -auch wenns ekelig warm ist.
Ich merke einen schmerzhafte rumms im Bauch -schwer zu beschreiben,aber JETZT sitzt der Kopf fest.....und drückt wie verrückt von innen auf den MuMu.
Hanne dosiert den Tropf erneut hoch und schlagartig werden die Wehen deutlich stärker. Das ist allerdings nicht so schmerzhaft wie der Druck,den der junge Mann von innen verursacht. Es brennt und drückt,während der MuMu weiterhin bei 5cm steht. Aua, Upsala,es ist noch nicht soweit.
Zuerst nicht aus`m Knick kommen wollen und dann kanns nicht schnell genug gehen?! So haben wir nicht gewettet. :bruddel:

Hanne veratmet mit mir,beruhigt mich. Sie hat die 50 schon hinter sich gebracht und hat eine mütterlich-beruhigende Art an sich, die mir sehr gut tut.
Gegen 12 untersucht sie erneut...Holla, MuMu auf 8cm und sie sagt: „Na,wenn das so weitergeht,ist das Baby vor dem Papa da“. WAS???? Ich bekomme Panik, meint sie das im Ernst? Oh nein,das packe ich alleine nicht -Matthias kann doch nicht die Geburt verpassen. :heul:
Knappe Sms an ihn: „Kannst du kommen? Ich brauche dich!“ und bekomme die Antwort: „Stehe im Stau, die A3 ist dicht!“. PANIK die 2.!
Er war noch gar nicht zuhause?!Mir fällt ein,dass er noch über unsere Stadt-Autobahn muß und diese gesperrt war wegen einer Bombenentschärfung.Oh nein! :ochne:
Die Wehen werden richtig stark, Hanne spritzt mir irgendwas in den Po. Ich soll atmen, gleichmäßig -wir bekommen das zusammen hin,meint sie. Währenddessen legt sie Babyklamotten auf die Kommode und schaltet die Wärmelampe an. :verdutz: Es wird wirklich Ernst.

Mir ist kalt und ich schwitze wie verrückt. Ich schaff das nicht, absolut nicht. :heul:
Endlich wird der Wehentropf abgehängt -wurde auch Zeit!
Um 12:32h piept mein Handy und vermeldet: „Ich bin da!“ -oh Gott sei Dank...Baby,warte noch- der Papa ist gleich hier.
Kurz darauf steht er im Kreißsaal und versorgt mich ab da mit nassen Lappen für die Stirn.
Ich rufe inzwischen nach PDA, Kaiserschnitt, irgendwas -hauptsache das Baby kommt raus.
Hanne schlägt einen härteren Ton an und gibt klare Anweisungen. „Atmen, atmen,ATME verdammt! Wir wollen nicht in ner Sectio enden,oder?“
Ist mir egal, Hauptsache das ist vorbei!Die Wehen gehen fast nahtlos ineinander über. :heul:
Hanne`s Telefon klingelt und ich höre wie sie sagt, dass sie nicht zur Übergabe kommt, hier wird’s gerade Ernst und sie bekommt das Baby noch,keine Frage.

Der Druck nimmt zu,MuMu allerdings noch nicht ganz auf.Ich will aber pressen -es geht nicht anders.Matthias soll Hanne helfen und mein linkes Bein nach oben drücken,während ich mein rechtes in ihre Hüfte stemme. Ich merke, wie sie unten zieht und zerrt und ich soll drücken.
Peinliche Geräusche lassen mich stoppen. Nix da, weitermachen, fordert sie.
Schei** drauf,denke ich und presse. 3 Presswehen dauert es, es zieht und drückt und brennt und dann höre ich ein „flatsch“ und sofort ist der Schmerz vorbei.
Matthias ruft „Er ist da! Schatz! Du hast es geschafft“.

Das Menschlein wir mir auf den Bauch gelegt, wo er direkt zeigt,wofür er sein Geschlechtsteil besitzt :umfall:
Er schreit und uns stehen die Tränen in den Augen.
In dem Moment geht die Tür auf und die Ärztin stürmt rein -sie hat mich gehört und ist direkt losgespurtet. Es ging auf einmal alles so schnell,dass Hanne gar nicht mehr telefonieren konnte. :hahaha:
Die Nachgeburt ist schmerzmäßig nochmal richtig fies,aber dann ist auch das überstanden.
Hanne entschuldigt sich für ihre ruppige Art -aber nein,alles gut,ich bedanke mich sogar bei ihr dafür. Wäre sie eine Hebamme,der ich „auf der Nase hätte rumtanzen können“...ich würd wohl immernoch da liegen. Ich brauchte die klaren Ansagen. :jaja:

Ich habe Schürfwunden und werde von der Ärztin versorgt,während Hanne den kleinen Mann misst,wiegt und die Karte ausfüllt.
Nun ist es amtlich:
Raphael Lennart ist gelandet. Mit 52cm, 3390gr und 34 KU plumste er um 13.09h direkt in unser Herz.
Erst da wird mir bewusst, dass es von Matthias` letzter Sms bis zum ersten Schrei nur knapp eine halbe Stunde war und ich bin froh,dass er es geschafft hat.

Matthias lässt Raphael nicht mehr aus den Augen. Ich muß lachen, als Hanne Raphael vor Matthias auf die Kommode legt,dieser sie fragend ansieht und sie meint „Na los,Papa, anziehen!“.
Ihm fiel alles aus dem Gesicht und er stammelte nur „Wie? Ich? Alleine? Der ist so klein“. :hahaha:
Es dauerte zwar ein wenig, aber Raphael wurde ohne große Blessuren angezogen.

Ich schwitzte immernoch,mir war so heiß das ich mich ohne Probleme draussen in den Schnee gerollt hätte. Und ich hatte Durst. Ich hatte bis dato nicht nur nicht-gefrühstückt, sondern auch nichts getrunken -das bekam ich jetzt zu spüren und setzte die Wasserflasche direkt an den Hals.
Danach watschelte ich in mein Bett,welches vor dem Kreißsaal stand und wurde in den warteraum geschoben,damit man die Sauerei wegmachen konnte,die ich da veranstaltet habe. :oops:

Matthias schmierte mir ein Brötchen,während Raphael mir zum ersten Mal angelegt wurde.
Mir war schwindelig und ich hatte immernoch Durst ohne Ende.
Die Kombination aus nüchterem Magen, Mineralwasser und nem halben Brötchen war allerdings nicht so gut -weshalb ich mir die Sache wortwörtlich nochmal durch den Kopf gingen ließ.

Gegen 15h kamen wir dann wieder auf die Station und ENDLICH konnten die Schwestern mir gratulieren. Die waren nämlich auch schon neugierig,wanns endlich losgeht. :hahaha:
Die Nachwehen waren wirklich schlimm und zogen sich über 3 Tage,vorallem beim Stillen.
Aber auch das ging vorbei.
Die Geburt war schnell, schmerzhaft, aber von allen dreien doch die Schönste. Auch wenn ich es mir doch anders gewünscht hätte. Egal, das Ergebnis zählt -und da sind sich wohl alle Mama`s einig: Es hat sich absolut gelohnt! :herz:
 

lena_2312

Fotoholic
AW: Raphael wird rausgeschmissen -KH

:herz: Bewegend, ergreifend und einfach wunderschön geschrieben! Danke.
Und ich freu mich so sehr mit Euch, dass er gesund ist. :bussi:
 

Thalea

(E)I-App
AW: Raphael wird rausgeschmissen -KH

Da hat der junge Mann aber einen Endspurt hingelegt :)
Schön, dass alles doch noch halbwegs gut lief, dein Liebster dabei sein konnte und ihr nun alle wohlauf seid :herz:
 
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