Ostalgie ... bin ich überempfindlich?

silke1977

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AW: Ostalgie ... bin ich überempfindlich?

Hallo Silke (und Britta-mit-Nachdruck), der Vergleich kam von Dir!

Ja, aber ich meinte das eigentlich icht SO, wie es dargestellt wird, sondern ich meinte einfach die "Zeit", das dort aufgewachsen sein.
Das was manche hier vergleichen sind die Machenschaften und so.
 

Reni

die heisse Ohren macht
AW: Ostalgie ... bin ich überempfindlich?

Man kann es nicht totschweigen oder schönreden. Solche Dinge wie Zwangsadoptionen, etc. was jackie angeführt hat gab es und die Zwangsmaßnahmen und Foltermethoden erinnern schon an die Praktiken des 2. Weltkrieges, aber wo spioniert wird, wird auch gefoltert, genauso wie jetzt hier, in den USA oder in irgend einem anderen Land. Man darf deshalb nicht immer nur mit dem Finger auf ein einziges Land zeigen, wenns um solche Sachen gibt.
Und um das nochmal klar zu sagen, wir als Normalbürger wussten wirklich sehr sehr wenig, auch wenn ihr immer denkt, wir hätten die Augen verschlossen. Die Menschen, die ihren Mund aufgetan hätten, waren weggesperrt und diejenigen, die frei waren, hatten viel zu viel Angst um etwas zu sagen und Gefahr zu laufen, wieder ins Gefängnis zu kommen.
Ich hab nicht gewusst daß es von mir bei der Stasi eine Akte gibt, weil wir auch Oma´s "drüben" hatten, die uns besuchen kamen.
Meine Mutter hat früher öfter mal aus Überforderung gesagt, sie würde mich ins Heim geben. Wenn ich da heute dran denke bin ich dankbar, daß sie es nicht getan hat und froh, daß die Mauer schon weg war, als meine Große geboren wurde, denn ich war erst 17 und vielleicht wäre sie mir auch weggenommen worden und ich hätte sie nie wiedergesehen. Denn das erste mal sehen durfte ich sie Mittwoch´s, Sonntag wurde sie geboren.
Ich verschließe nicht die Augen vor dem was war, nur musste ich mir das Wissen WAS war, auch erstmal aneignen. Sicher war nicht alles schlecht und mit weniger Raffgier und Egoismus und mehr Menschlichkeit, wer weiß?
Und das, was das Regime früher schon geschafft hat, nämlich Ärger zwischen den Republiken, schafft sie auch heute noch und das sogar über die Grenzen hinaus ( :winke: jackie)
 

Wölfin

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AW: Ostalgie ... bin ich überempfindlich?

Denn für viele war es ab dann vorbei ....
Keine Arbeit mehr, weil massig Landwirtschaftsbetriebe dicht gemacht haben, ganze Dörfer wurden arbeitslos.
Denkt man über sowas denn gar nicht nach ????

Doch, Silke. Aber wenn es funktioniert hätte, dann gäbe es die DDR heute noch. Es hat aber nicht funktioniert, weil man Menschen nicht befehlen kann, was sie zu denken haben. Man kann MEnschen nicht vorschreiben, ob sie an Gott glauben oder nicht.
Die DDR war überschuldet, hatte kein Geld mehr. Alles kam zusammen - die Menschen, die für die Öffnung der DDR gekämpft haben und das Wissen der DDR-Obersten , dass es nicht weiter gehen kann.
ARbeit für jeden funktioniert auf diese Weise nicht.

Ich glaube aber nicht, dass das (West)Deutsche System besser, ist. Wir produzieren unglaublich viel Arbeitslose - aber das nur als Anmerkung, im anderen Thread wurde darüber ja schon genug diskutiert.
Nur so viel: ich verschließe weder die Augen vor den Tatsachen in der DDR noch in der BRD. Nur wurde nicht so systematisch Menschen umgebracht oder gefoltert. Wobei es sicher auch solche Dinge in den GEfängnissen der BRD gibt - ich mach mir da nichts vor.


Ich denke, wenn man nicht in der DDR aufgewachsen ist, sollte man nicht darüber urteilen.

Ich versuche mir ein Bilde zu machen, versuche es zu verstehen. Ich lebe hier! Ich erlebe ab und an Feindseligkeit den Wessis gegenüber. Und in gewisser Hinsicht kann ich es verstehen - nur diese Pauschalisierung auf beiden Seiten, die führt zu nichts :(. Wir als Menschen sollten aufeinander zugehn und zur Kenntnis nehmen, dass wir "nur" Menschen sind, die aus ihrer Situation das Beste machen. Hoffentlich nicht auf Kosten anderer.

ICH habe aber SO schlimme Dinge nicht miterlebt. UNS hat dieses Schlimme nicht betroffen.

Silke, das glaube ich dir.
Aber jetzt, jetzt weißt du, dass es auf Kosten der MEnschen war, die gestorben sind. Auf Kosten der freien Meinung. Auf Kosten von Reisebeschränkungen.
Reni hat es so schön ausgedrückt - es sind die persönlichen schönen Erfahrungen, die niemand irgendwem weg nehmen will. Es geht um das Regime, was nicht verherrlicht werden sollte.

Ich weiß nicht, ob ich lieber auch hier "draußen" (aus dem Thread) bleiben sollte, denn es geht mir nahe.
Seit ich hier lebe, sehe ich vieles anders, weil ich MEnschen kennen lerne und mit ihnen spreche.

Was die Zwangsenteignung angeht - es ist schwierig zu sagen, was hier Recht oder Unrecht ist. WEnn du ein Haus gebaut hast, und du musst fliehen, weil du deine Familie schützen musst, und nun gibt es eine Möglichkeit DEIN Haus wieder zu bekommen.....dann verstehe ich das.
Wenn jemand ein Haus übernommen hat, viele Jahrzehnte seines Lebens dort gelebt hat - und er wird zwangsenteignet und leidet darunter - dann kann ich das verstehen.

Individuellere Lösungen wären besser gewesen. Z.B. hätten die Nachkommen, die in den Haus ja nie gelebt haben, keinen Anspruch mehr haben dürfen.
Oder wenn schon Zwangsenteignung, dann wenigstens auch eine Abfindung in akzeptabler Höhe! Schließlich wäre das Haus ohne Bewohner längst verfallen gewesen....dann hätte man wenigstens die Hälfte des Wertes auszahlen müssen. Ich weiß allerdings nicht, ob es eventuell Abfindungen geben hat.

Ich stehe nicht auf der Seite der BRD oder DDR, sondern auf meiner, ganz menschlichen Seite, die verstehen möchte.
 

bribra

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AW: Ostalgie ... bin ich überempfindlich?

Hallo Silke (und Britta-mit-Nachdruck), der Vergleich kam von Dir!

Ja, das bezog sich auf Lucie, dann hat Silke darauf reagiert und dann kam Deine Eingabe ;-) Schwierig in solchen Freds den Überblick zu wahren...

Ich möchte nur noch anfügen, dass die DDR als Folge des Naziregimes entstanden ist, da die Besatzungsmächte sich eben das Land aufgeteilt haben (verständlich würd ich mal sagen...) - aber daher sollte man eh nicht das eine mit dem anderen vergleichen (und das bezieht sich nun auf Lucie und Jackie...) - geht aber hier ein wenig am Thema vorbei, daher Schluss damit!

Tschüssi, Britta
 
P

Paulchen

AW: Ostalgie ... bin ich überempfindlich?

Das ist echt ein sehr interessanter Fred, nicht zuletzt, weil die Meinungen so extrem konträr sind und auch die Gefühle so hochkochen.

Gerade deshalb sind doch solche Diskussionen so extrem wichtig! Nur so, ohne immer die Samthandschuhe anzuziehen, lernt man doch voneinander. Bleibt hier und schreibt weiter. Bitte. Versucht die Sachen von eurer Person zu lösen!

Was ich aber noch anmerken mag: Es gibt nicht "Das Regime" oder "Das System". Diese "Dinge" bestehen aus Menschen, aus jedem von uns. Wir sind Teil davon. Und gerade deshalb ist das doch auch so schwer. Es würde doch ad absurdum führen, wenn die Menschen, die im Osten aufgewachsen sind/gelebt haben, jetzt sagen würden, dass dort alles schlecht war. Das geht doch gar nicht. Weil: Entweder findet man etwas nicht gut, dann tut man was dagegen oder geht weg. Oder man arrangiert sich und hält die Beine still. Oder man akzeptiert es, findet es sogar gut. So unterschiedlich wie die Menschen sind ja auch ihre Ansprüche, Bedürfnisse und Möglichkeiten. Da ist doch auch bei den "Wessis" nicht anders. Wie oft arrangier ich mich mit Dingen, die ich anscheinend nicht ändern kann - bevor ich es auch nur versuche. ICH meine MICH (um Missverständnissen vorzubeugen).

Überall gibt es Obdachlose. Es gibt Arbeitslose. Es gibt Morde und Vergewaltigungen. Genauso wie in jedem anderen Land. Aber es gibt auch Menschen, die eine gemeinsame Vergangenheit haben (den zweiten Weltkrieg/Hitler), und dieses Trauma ist doch vielleicht ganz unterschiedlich "bearbeitet" worden. Es interessiert mich wirklich: Wie ist dieses Thema ist der früheren DDR aufgearbeitet worden für die Menschen, die dort wohnten?

Was ich in dem anderen Fred geschrieben habe, bewegt mich seit Tagen: Was ist aus den Menschen geworden, die hohe Positionen innehatten in der DDR? Sind die alle nach Russland gegangen? Das ist eine ehrliche Frage. Sind die weiterhin in hohen Positionen? Was machen die jetzt? Ich hab keinen blassen Schimmer. Ist da irgendso ein Prozess abgelaufen wie diese "Entnazifizierung" nach dem zweiten Weltkrieg? Zum Beispiel die Lehrer. Arbeiten die weiter als Lehrer? Geht das überhaupt ohne dass derjenige in Zwiespalt gerät. So viele Fragen. Und ich hab keine Antworten - habt ihr welche für mich?

Katja
 
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Wölfin

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AW: Ostalgie ... bin ich überempfindlich?

Katja, seit ich hier wohne, beschäftigt mich das Thema wie gesagt auf ganz andere Weise - es berührt mich mehr.

Auffällig ist, dass die meisten älteren Menschen die DDR ausblenden (zumindest in dem Dorf, wo ich gewohnt habe)und mehr von ihrer Kindheit erzählen (als ich Kind war, gab es hier 20 Kinder in der Straße..., der Mann ist 90 Jahre alt). Nur meine Nachbarin hat nach Monaten ein wenig erzählt, dass sie bespitzeln sollte, aber immer gesagt hat, sie wüsste nichts. Das war mutig, finde ich. Dabei hat sie viel mitbekommen.

In dem Dorf hat ein Rechtsanwalt gewohnt, der bei der Stasi war. Er ist mittlerweile gestorben, ein Prozess fand nie statt. Mein Mann weiß mehr darüber, der ist aber gerade beim Elternabend.

Die Menschen in unserem Alter sind sehr verschlossen gewesen. Darüber grübel ich immer noch....

Die Fragen, die du dir stellst, stelle ich mir auch. Aber man muss erstmal ein Vertrauensverhältnis aufbauen, bevor so etwas Thema wird. Dazu haben wir zu kurz dort gelebt, denke ich.

Ich habe mich ein wenig damit abgefunden, dass die Frage "wo kommst du her/wo bist du geboren" immer wieder gestellt wird. Es ist wie ein sondieren, bist du Ossi oder Wessi. Es ist nicht immer so, aber ich merke es schon, wenn es so ist.
 

suchtleser

Hühnerflüsterin
AW: Ostalgie ... bin ich überempfindlich?

Ich möchte da niemanden pers. angreifen, das darf ja jeder sehen wie er möchte aber zwei Aussagen fand ich besonderst schlimm.
Solange man/frau so denkt wird dieses "Ossi" und "Wessi" Gestreite auch nicht besser.


Man muss immer bedenken, das sich nicht für die Wessi's großes geändert hat, sondern die Ossi's hat es getroffen. Für die hat sich sehr sehr viel verändert.

Stimmt !! Sie konnten auf einmal reisen und die DDR verlassen, ihre Meinung LAUT sagen, mussten keine Angst mehr vor der Polizei haben, konnten auf einmal Karriere machen ohne in der Partei zu sein und vieles mehr.... da hat sich echt viel verändert!


Mein Onkel und meine Tante sind eingefleischte Ossis und sie halten noch heute, 20 Jahre nach dem Fall der Mauer, nicht viel davon. Sie wünschen sich jeden Tag das alte zurück. So leben und denken sie.

Das finde ich sehr, sehr schlimm!! Menschen haben ihr Leben gegeben um dort raus zu kommen und etwas zu bewegen ( und "Wessi´s" haben ihres riskiert um zu helfen !! ). Wenn ich aber natürlich schön brav mit dem Strom schwimme, nicht aufmucke und nicht auffalle wars dort bestimmt "nett" !! Ich habe Bekannte die dort im Gefängnis saßen weil sie "auffällig" waren.... die wünschen sich das "alte" nie wieder zurück!!
 

bribra

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AW: Ostalgie ... bin ich überempfindlich?

Stimmt !! Sie konnten auf einmal reisen und die DDR verlassen, ihre Meinung LAUT sagen, mussten keine Angst mehr vor der Polizei haben, konnten auf einmal Karriere machen ohne in der Partei zu sein und vieles mehr.... da hat sich echt viel verändert!

Das finde ich sehr, sehr schlimm!! Menschen haben ihr Leben gegeben um dort raus zu kommen und etwas zu bewegen ( und "Wessi´s" haben ihres riskiert um zu helfen !! ). Wenn ich aber natürlich schön brav mit dem Strom schwimme, nicht aufmucke und nicht auffalle wars dort bestimmt "nett" !! Ich habe Bekannte die dort im Gefängnis saßen weil sie "auffällig" waren.... die wünschen sich das "alte" nie wieder zurück!!

Sorry Sandra, im Grunde hast Du ja recht, aber wie einige/viele Andere stellst Du das demokratisch-geprägte Gemeinwohl über das Wohl des Einzelnen. Provokativ gefragt: Was nützt die die Freiheit alles sagen zu dürfen und reisen zu dürfen (da Du das ja ansprichst) und die berühmt berüchtigten Bananen kaufen zu können, wenn Du 1. Deine Arbeit verlierst; 2. Dein Sozialgefüge verlierst, 3. entwurzelt wirst und auf einmal alles schlecht finden sollst, obwohl Du Dich nicht schlecht gefühlt hast, 4. Deine Freunde und Familien sich in den Westen aufmachen und statt blühender Landschaften leere Dörfer hinterlassen und 5. die Marktwirtschaft (die ja auch im Westen sehr provokant diskutiert wird!) die Kolchosen und LPG's und damit Dein Einkommen ruiniert? Und Du zwar tehoretisch mit Deinen Kiddies nach Italien in den Urlaub fahren könntest, aber leider am untersten Existenzminimum lebst?

Ist überspitzt und provokant, aber mit Absicht so formuliert! Und ich glaube ich habe bereits deutlich gemacht, dass ich mehr als froh drüber bin, dass die Mauer gefallen ist, dass ich aber dennoch verstehen kann, dass viele Leute aufgrund ihrer persönlichen Lebenswege - und ich rede da nicht von den Parteifunktionären! - eben nicht alles schlecht finden können!Und es rein subjektiv gesehen besser hatten - was die Ostalgie (die ich nicht schlimm finde) auch erklärt.

Es helfen doch Niemandem irgendwelche Pauschalisierungen in dem Sinne, alles was dort war war schlecht und alles was hier war, war gut. Das ist doch Schmarrn, sorry! Und erhält die Gräben aufrecht, da es festen unabänderlichen Meinungen Tribut zollt. Wo kein Versuch ist zu verstehen, kann man doch nicht aufeinander zugehen?!

@Katja: Interessante Fragen wirfst Du auf, hab ich mich auch manchmal gefragt. Anwälte und glaube ich auch Lehrer wurden überprüft und übernommen, so lange sie nicht gegen die DDR-Gesetze verstoßen hatten. Das war irgendwo im Einigungsvertrag festgelegt. Ich bring es aber nicht mehr aus dem Kopf zusammen.
 
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