Mutterliebe einmal anders betrachtet

Mullemaus

Chatluder
pluto9 hat gesagt.:
Doch diese Postings erfüllen noch einen anderen Zweck und zwar den Zweck in solch einer Tat etwas schreckliches zusehen! Würde niemand mehr solch ein Posting starten egal wo, dann würde man es mit der Zeit als etwas typisches, normales, kann passieren ansehen ansehen und das darf es nicht... (

Pluto,

gerade in Foren schlägt die Meinung der Teilnehmer schnell um und verurteilt die Täter - ohne die genauen Hintergründe zu kennen.

Ich bin auch ehrlich betroffen von dem (wie sicher viele hier), was in den letzten Tagen los war - aber nur durch zig Betroffenheits-Postings zu unterschiedlichen Vorfällen (die in einigen Wochen gaaaaanz schnell wieder vergessen sind) ändert man nichts, rein gar nichts. Und da helfen auch keine 'Ich bin so erschüttert'-Postings. Auch diese ändern nichts an den Situationen der Betroffenen. Aber Du kannst sicher sein, viele hier von denen, die nichts zu den bisherigen Vorfällen geschrieben haben, sind zutiefst betroffen - und sehen diese Taten keinesfalls als etwas typisches, normales, kann passieren an.

Nici wollte mit ihrem Posting wachrütteln, klarmachen, daß wir alle die Augen offenhalten müssen, um solche Taten vielleicht zu verhindern. Und solange wir alle uns schnell wieder dem normalen Tagesgeschehen zuwenden und den Scheuklappenblick wieder aufsetzen, empfinde ich die meisten dieser Betroffenheits-Postings als heuchlerisch - eben, weil sich nur durch ein paar Worte nichts ändert.

LG,
Mullemaus
 
Zuletzt bearbeitet:
E

Ela123

Nici, danke für den Artikel!
Ich stimme mit dem Ansatz vollends überein, dass unsere Gesellschaft krankt - wenn durch die Isolierung von Müttern, durch das Nichtvorhandensein von Großfamilien/ sozialen Gemeinschaften, sich keiner mehr "zuständig" fühlt, weil es sogleich Einmischung in die Privatspäre ist, die ja keinesfalls verletzt werden darf!
Familien die gesellschaftlich völlig isoliert sind, haben häufig keine Arbeit, kein Kontakt zu Verwandten, keine stabilen Freundschaften von daher auch keinen Austausch und keine Entlastung. Für mich ist die logische Folge durchaus Hass und Gewalt. Solche Auswüchse, wie Kindstötungen werden sich mMn auch nicht durch Betroffenheitsreportagen oder erhöhte Strafmaße ändern.

:winke: ela
 
B

BuchLiesel

Zum Thema Mutterliebe ist dieses Buch wirklich sehr interessant. Mutterliebe im romantischen Sinne ist - wie schon erwähnt - keine natürliche Gegebenheit, sondern eben auch kulturell bedingt.

Daß diese Ereignisse alle erschüttern, ist wohl klar.
Ursula :V:
 

Zaza

Miss Velo High Heels
Lieben Dank, Nici, Du hast Dir grosse Mühe gegeben und ich habe auch bis zum Ende gelesen.

Noch eine Anmerkung im Kleinst-Format: Wie oft werden wir Mütter auf Spielplätzen, in der Familie oder von Bekannten gefragt: "Schläft es denn auch durch?" Oder: "Warum läuft es denn noch nicht?" oder: "Warum schreit es denn? Hat es Hunger?"

Werden die Fragen verneint oder negativ beantwortet folgt häufig ein "Ach, warum denn nicht?" Eine sensible, nicht in ein verständnisvolles, aufrechtes Umfeld eingebettete Frau kann schon allein diese Fragerei um den Verstand bringen. Unterschwellige Vorwürfe bekommen hochgradige Brisanz, werden zur Forderung heraufbeschworen die die Mutter nicht erfüllen kann. Natürlich nicht, viele Dinge können wir als Eltern nun einmal nicht beeinflussen.

Ein afrikanisches Sprichwort heisst: Es braucht eine Mutter um ein Kind zu gebären und ein ganzes Dorf um ein Kind aufwachsen zu lassen!

Wie wahr, wie wahr....

Ich will nicht die Schuld auf die munteren Zaungäste schieben, die jede junge Mutter hat. Aber wir besitzen derzeit nur wenig von einer guten, verständnisvollen Mutter-Kultur. Ich begreife ansatzweise, dass eine labile Frau sich den Anforderungen einer Mutterschaft nur bedingt oder gar nicht gewachsen fühlt und sich schämt, um Hilfe zu bitten. Verstehen kann natürlich auch ich es nicht, da bin ich nicht anders als die 'Erschütterten'.

Ich versuche in meinem Rahmen meinen Freundinnnen und Kolleginnen eine Ansprechpartnerin zu sein. Ich berichte von mir aus, dass mein Kind in den ersten drei Monaten viel gebrüllt hat und ich oft heulend am Rande des Nervenzusammenbruches war. Mein Kind schläft immer noch nicht oft durch und mich macht es gelegentlich rasend, so dass ich meine Mutter um Hilfe bitte. Erstaunlich aber wahr: Sobald man die Ambivalenz der Mutterschaft selbst thematisiert, wird auch das Feedback dementsprechend: Es ist überall gleich.

Genau deshalb sollten wir alle zumindest keine perfekten aber echten Mütter darstellen. Mit allem was dazugehört.

Ich hoffe, jetzt nicht zu sehr vom Thema abgekommen zu sein... :???:

Zaza
 
B

BuchLiesel

Ich erinnere mich, daß es hier im Forum vor langer Zeit mal eine Diskussion zu genau diesem Thema gab. Einige Damen behaupteten, daß ihre Kinder sie nie zur Weißglut trieben und sie immer Verständnis haben. Das wurde angezweifelt, auch von mir, aber da ich keine Kinder habe, hieß natürlich sofort: Du weißt nicht, wovon Du redest! Ich bekam zwei sehr unschöne PNs. Darum halte ich bei solchen Themen jetzt immer schön den Mund.


Ursula :V:
 

piglett

herzliches Hörnchen
Hallo Zaza,

ich finde Deine Ausführungen sehr gut.

Als Clara zur Welt kam war ich ganz alleine. Mann arbeitete, Freundinnen waren alle im Westen - (wir wohnten da noch in Berlin) sowie meine ganze Familie auch.
Nach den ersten Wochen der Euphorie folgte sehr schnell die Ernüchterung. Ich war müde und durch das ständige Stillen total ausgelaugt. Die meiste Zeit war das nicht so schlimm, aber ich erinnere mich auch an Momente, wo ich so wütend und hilflos war, dass ich eine arme Müslischale in die ewigen Jagdgründe befördert habe. :piebts:

Jetzt beim zweiten Kind ist es viel einfacher, weil ich weiss, dass es auch mal dazu gehört genervt zu sein. Aber inzwischen kann ich auch abschalten und verpflichte den Papa zu diversen Kinderaktivitäten.

Mamasein muss man erst mal lernen - Und das wird umso schwieriger, je weniger man ein selber ein gutes Muttervorbild hatte.

@ Ursula
Echt traurig, dass Du Dir sowas anhören / lesen musst. Ich finde auch ohne Kinder kann man mitdiskutieren.

Lieben Gruss
Silke
 
F

FriMa

Zum Thema Babyklappe:
Ich habe gestern einen Bericht gesehen, da wurde nachgewiesen, dass seit Einführung der Babyklappen die Kindstötungen nicht abgenommen haben (die Zahl ist rel. stabil). Mit regionaler Verfügbarkeit hat das nichts zu tun: Denn auch an Orten mit Babyklappen bleibt die Anzahl der Tötungen gleich. Wieder andere Regionen haben weder Babyklappen noch Tötungen.

Ich vermute, das liegt daran, dass gerade diejenigen Frauen mit Babyklappen, Beratungsangeboten, Sorgentelefonen usw. nicht erreicht werden, die es am nötigsten haben. Sie sind sozial isoliert, leben oftmals in schwierigen Verhältnissen, haben psychische Probleme. Ich würde gern mal eine Schilderung der Umfelder von Frauen lesen, die ihr Neugeborenes umgebracht haben. Ich bin mir sicher, in einem funktionierenden Sozialsystem würde soetwas nicht vorkommen können. Oder könnt ihr euch vorstellen, eine Schwangerschaft vor eurer besten Freundin zu verheimlichen? Vor euren Arbeitskollegen? Vor den Nachbarn? Gar vor eurem Mann?
Genau an diesen Punkt waren wir in einer anderen Diskussion schonmal gekommen, als es darum ging, ob man Babypflege und -ernährungskurse ("Elternführerschein") bzw. eine Art regelmäßige Mütterberatung zur Pflicht machen sollte, weil nämlich sonst gerade die, die es nötig haben, diese Angebote nicht in Anspruch nehmen.

Ich fürchte, man wird mit allen erdenklichen Maßnahmen und Angeboten nicht verhindern können, dass ab und an Frauen ihre Kinder umbringen.
 
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