Middlesex - wer mag mit mir über das Buch reden?

Buchstabensalat

Lebenskünstlerin
AW: Middlesex - wer mag mit mir über das Buch reden?

jackie hat gesagt.:
wo hab ich denn das gesagt? :???:
Das hast du nicht gesagt.
Das ist nur ein Hinweis - im Buch macht der Sexualpsychologe dieses mit dem Kind - Gleiches tut John Money mit D. Reimer - für mich ist sowas schwer mit dem Begriff "Kapazität auf seinem Gebiet" zu vereinbaren.
Wenn du also meine These aufgreifst - Sexualpsychologe im Buch = Alter Ego John Money, dann könntest du auch auf den Gedanken kommen - Methoden im Buch = Methoden John Money.
es fällt mir schwer, eine fruchtbare diskussion zu führen, wenn wir vom 100. ins 1000. kommen... :wink:

verwirrte grüße
jackie
Ja, ist nicht einfach.
Ich fang mal "neu" an:
Da ich die Geschichte David Reimers kenne und auch Middlesex, ziehe ich Parallelen.
Die Hauptfigur der Geschichte soll ein "hermaphroditisches" Kind sein, welches im falschen Geschlecht aufwächst - a la David Reimer.
Der Autor möchte aber die Geschichte anders betrachten: Was, wenn keinerlei traumatisierende Erlebnisse geschehen wären (Operationen, Verschweigen durch die Familie, ständige Untersuchungen etc etc)? Hätte sich das Kind dann in die Geschlechterrolle gefügt, die ihm per Erziehung zugewiesen wurde?
Dazu braucht er *natürlich* eine Vorgeschichte, die diesen "biologischen Unfall" untermauert - griechische Population mit entsprechender genetischer Vorbelastung ist real existent. Das ganze Drumrum ist doch nur das Dekor - bring zwei Gene zusammen, die einen Hermaphroditen ergeben, und tu es so, daß der Leser es glauben möchte - voila, Bruder und Schwester heiraten.
Daß der Hausarzt nichts erkennt, daß die gesamte Familie ahnungslos über das echte Geschlecht des Kindes ist, ist unabdingbar. Es darf keinen Zweifel an der Weiblichkeit des Kindes geben, sonst sind wir wieder bei Reimer et al - die die Unehrlichkeit von Therapeuten und Umfeld spüren und davon bereits traumatisiert werden.
Wie aber jetzt auf den Fall Reimer verweisen? Indem man einen Sexualpsychologen in die Geschichte webt, der John Money geradezu aus dem Gesicht geschnitten ist. Auftritte in Talkshows? Transsexuelle? Büro mit Phallussymbolen überfüllt? Pornos als Behandlungsmethode? Da hast du Money.
Und *dann* kommt der entscheidende Knick in der Geschichte. Obwohl bis zu der Fummelei mit dem Bruder des "obskuren Objekts" absolut ungestört im weiblichen Selbstbild (der "Krokus" wird ja voll akzeptiert als persönliche Eigenart), entscheidet sich die Hauptfigur für die männliche Geschlechterrolle.

Da ist für mich der Knackpunkt. Biologie schlägt Kultur, Ende. Der Rest ist doch nur noch "Schriftstellerei", die Story muß ein Ende haben. *Das* ist, was der Autor in meinen Augen aussagen will.

Aber dafür muß man wohl wirklich den Reimerfall verfolgt haben, sonst kommen die Parallelen einfach nicht raus.

Salat
 

Kati

Dauerschnullerer
AW: Middlesex - wer mag mit mir über das Buch reden?

Hmmm...aber warum sollte ein Autor, der ja nicht sein erstes großes Buch geschrieben hat, sich so billig eine Person aus einem anderen Roman klauen und dann ein "Drumrum" schreiben, nur um einen "Abklatsch" zu schreiben?

Ich weiß nicht, ich sehe in dem "Drumrum" mehr. Und ich finde auch, dass solche Bücher wichtig sind, um dieses Thema darzustellen.

Dass der Arzt pornografische Darstellungen verwendet hat, um das Kind zu testen, erschien mir auch hart und das ist für mich der einzige Kritikpunkt an dem Buch. Allerdings mag es solche Ärzte ja wirklich geben. Umso schockierender.

Ich werde mir dieses andere Buch wohl auch mal zu Gemüte führen.

Was mich wundert, ist, dass es sonst keinem Kritiker aufgestoßen ist mit dem "Abklatsch", denn immerhin hat Eugenides damit den Pulitzerpreis bekommen.

Für mich trotzdem immer noch ein gutes Buch, und nicht wegen dem Pulitzerpreis ;-)
 

Buchstabensalat

Lebenskünstlerin
AW: Middlesex - wer mag mit mir über das Buch reden?

Katie, du unterliegst einem schweren Irrtum.
David Reimer ist ein realer Mensch (gewesen), seine Geschichte passierte Ende der 60er/Anfang 70er in Kanada/USA. Er hat sich ("erst") Anfang 2004 selbst getötet.
Es ist also kein Abklatsch, sondern eine eigenständige Geschichte, inspiriert durch reale Geschehnisse.

Salat
 

Kati

Dauerschnullerer
AW: Middlesex - wer mag mit mir über das Buch reden?

Nein, dann hast Du mich falsch verstanden. Mit "Abklatsch" meinte ich Middlesex. Also ich persönlich finde nicht, dass es ein Abklatsch ist. Aber Du ja anscheinend. Dass das andere Buch real ist, hab ich schon verstanden.
 

jackie

buchstabenwirbelwind
Moderatorin
AW: Middlesex - wer mag mit mir über das Buch reden?

:winke: salat

danke f deine ausfürlichen gedanken zu dem thema. jetzt blicke ich mehr, was du meinst :jaja:

middlesex ist übrigens 2003 erschienen.

liebe grüße
jackie
 

Kati

Dauerschnullerer
AW: Middlesex - wer mag mit mir über das Buch reden?

Also ich habe mich jetzt nochmal im Internet informiert und jetzt erst richtig kapiert, dass David Reimer ja nicht als Hermaphrodit auf die Welt kam, sondern als normaler Junge und dann eine verunglückte Beschneidung dazu führte, dass ihm sein Penis amputiert wurde. Das war in den Inhaltsangaben, die ich bisher gelesen hatte, noch nicht so ersichtlich gewesen.
Dann ist der Hintergrund ja noch ein ganz anderer als bei Middlesex. Und ich finde man kann David Reimer nicht im Mindesten mit Calliope (Cal) Stephanides vergleichen, da sie zwei total unterschiedliche Ausgangspunkte haben.

Was den Arzt betrifft - und bei dem siehst Du ja die Parallelen - so kann ich dazu natürlich nichts sagen. Außer, dass sein Büro und sein Wesen wohl an Money angelehnt sein könnte, denke ich aber, dass man aufgrund der doch unterschiedlichen Patienten nicht von Abklatsch reden kann.

Ich denke, dass Middlesex irgendwie ein etwas anderes Gebiet anspricht. In Middlesex geht es ja um einen als Hermaphrodit geborenen und bei David Reimer um einen Menschen, der eindeutig ein Junge war und dann als Mädchen umerzogen und umoperiert war. Ich finde, dass das schon ein Unterschied ist.

Also ich werde das andere Buch auf jeden Fall mal lesen jetzt, damit ich voll und ganz mitreden kann ;-)
 

Buchstabensalat

Lebenskünstlerin
AW: Middlesex - wer mag mit mir über das Buch reden?

Man kann´s natürlich sehen, wie man will. Ein "Abklatsch" ist es in meinen Augen nicht, sondern eine eigenständige Geschichte, die von David Reimer inspiriert wurde. Wo ich die Eigenständigkeit sehe, hab ich oben auch schon deutlich ausgeführt, und auch, worin ich diesen Unterschied Hermaphrodit/kastrierter Junge begründet sehe.

Salat
 

Kati

Dauerschnullerer
AW: Middlesex - wer mag mit mir über das Buch reden?

Na sowas.....ich kriege das Buch nicht. Ich hab schon das Internet abgesucht, aber es scheint vergriffen zu sein. Auch in unserer Bücherei haben sie es nicht.

Kann mir jemand helfen?
 
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