Meine Hausgeburt

Solveig

Dauerschnullerer
Mittlerweile bin ich fest davon überzeugt, das mein ET (31.07.2008 laut US) nicht stimmt. Es ist mir eh schleierhaft, wann sich das kleine Wunder bei mir eingenistet hat. Laut meiner Berechnung ist der ET (laut Mens) erst am 9.08.2008 und so rechne ich heimlich mit dem 8.08.2008 ... weil mir das Datum so gefällt. :D

Am Donnerstag (31.07.2008 ) habe ich das letzte Mal Akupunktur bekommen ... diesmal mit "Rausschmeißernadel". (in die Hand)
Wie immer schlägt das Gepiekse gleich an ... Übungswehen am laufenden Band. Doch wie gesagt, ... jedes Mal das Selbe, am nächsten Tag ist alles wie immer.

Danach gehe ich mit meiner Tochter ins Freibad. Langsam nervt mich das Geglotze, die Fragen, von Wildfremden, wie viele Kinder ich denn im Bauch hätte ... puuh. Ich finds irgendwie distanzlos. Mir gefällt mein Bauch. Von hinten sieht man gar nicht das ich schwanger bin ... um so entsetzter die Blicke, wenn sie die Murmel frontal sehen.
Aber Mausi und ich haben Spaß und wir beschließen, morgen gleich wieder baden zu gehen.

Freitag (01.08.2008 ) bahnt sich jedoch ein Gewitter an. Zusammen mit zwei Freundinnen sitze ich auf unserem Balkon. Wir haben viel Spaß, die Kinder spielen im Kinderzimmer. Um uns herum blitzt und donnert es, der Regen prasselt herab. Die Temperaturen werden angenehm. Es ist schön, das alles vom Balkon aus zu erleben und nicht aus dem Freibad flüchten zu müssen.

Die Kleine möchte gerne bei ihrer Freundin Lilly schlafen, das allererste Mal. Lillys Mama (meine Freundin) hat nix dagegen.
Sie witzelt noch: "Bekommst du dann heut auch gefälligst dein Kind?!" "Ja klar", sag ich, "schließlich gewittert es." Die beste Zeit für nen Blasensprung, sagt meine Hebi.
Ja, ja ... schon klar ... denke ich.

Wir kochen noch gemeinsam. Es gewittert und gewittert ...
Mittlerweile ist es 22.00 Uhr. Endlich hat es etwas aufgehört. Die Kinder meckern ein bisschen. Zum einen, weil wir, angesichts des Unwetters (meine Freundin war nur mit dem Fahrrad da), die gemeinsame Übernachtung abgeblasen haben, zum anderen, weil sie einfach total müde sind.
Ich bin froh, als alle aus dem Haus sind. Die Küche sieht chaotisch aus, aber ich bin müde. Ich beschließe mich mit meiner Kleinen ins Bett zu legen.

Als ich 22.30 Uhr aufs Klo gehe, hängt mir, beim Aufstehen, plötzlich etwas Glibber am Bein. Huch ... was’n das?! Den Schleimpfropf hab ich ganz anders in Erinnerung ... blutig und schleimig ... aber das da sieht eher wie Tortenguss aus. Klar und glibberig. ;) Tortenguss übrigens auch auf der Toilettenbrille und auf den Dielen vor mir. Komisch, komisch.

Meine Hebi bestätigt den Verdacht. Aber nach dem letzten Befund ist sie eigentlich der Meinung, das es - Schleimpfropf hin oder her - noch dauert. Wir sind sowieso für morgen verabredet. Also dann ... Gute Nacht :rolleyes:!

22.40Uhr ... ich bücke mich, will Mausis Töpfchen saubermachen ... steh wieder auf ...PLOPP!

Ich ruf wieder meine Hebi an: "Nun ist es ein Blasensprung ... und es läuft und läuft und läuft...!"
Meine Kleine ist wieder wach. Zusammen legen wir uns auf die Couch und warten auf die Hebi und meinen Freund. Die Müdigkeit überfällt mein Kind und in mir steigt ein wenig Angst auf.
Angst gemischt mit Vorfreude, Vorfreude und Wehmut ... ach 1000 Dinge!

Mein Freund und meine Hebi kommen etwa gleichzeitig. Der Befund ist wie immer und etwas frustrierend. Der Gebärmutterhals ist zwar nun verstrichen, der MuMu aber kaum mit dem Finger zu erreichen, das Köpfchen, zwar unten, schlaggert nach wie vor hin und her. Hmmm ... und Wehen hab ich auch nicht wirklich. Prima, ich bin leicht säuerlich. Durch den Blasensprung kann ich auch nicht viel machen. Da der Kopf nicht ins Becken gerutscht ist, läuft es nach wie vor ... auch im Liegen ;(

Auf dem Ball kreisend ist es am besten. Es tröpfelt nur. Ich kreise und kreise mein Becken. Nebenbei schauen wir "Grüne Tomaten". Ich drehe an meinen BW's rum, in der Hoffnung auf ein paar Wehchen ... das CTG ist gut.

Gegen 00.00Uhr gehe ich in die Wanne. Vorher habe ich noch eine Spritze bekommen. :cool: Naja, irgendwie rennt uns ja die Zeit weg. Ich möchte gerne zu Hause bleiben, aber ohne Wehen sehe ich mich schon im KH. Bin traurig!

Die Wanne bringt nix. Gegen 03.00Uhr fallen uns fast die Augen zu. Es war ne lustige Runde ... aber eigentlich wollten wir ja was ganz anderes als Filmchen gucken und Unsinn erzählen ….
Sie untersucht mich noch einmal. Der Kopf ist tiefer gerutscht, aber noch lange nicht dort, wo er hin soll.
Wir suchen im Netz nach der Bereitschafts-Apo. Meine Hebi verabschiedet sich bis morgen früh. Ich weiß jetzt wie man einen Wehencocktail mixt ... mein Freund besorgt die Zutaten. Die Apothekerin ist nicht begeistert, verkauft aber das Rizinusöl, mit der Bitte ins KH zu fahren. Nun denn. Der Supermarkt um die Ecke hat 24h geöffnet. Dort wird noch schnell der Rest besorgt. Ein paar Minuten später mixe ich mir dieses erste Zauber-Dings in meinem Leben: Rizinusöl, Wodka und Pfirsichsaft … eine explosive Mischung.

Wir gehen schlafen. Naja ... mein Freund schläft links ... mein Kind schläft rechts. Ich sitze in der Mitte. Ich hab endlich ein paar anständige Wehen. Außerdem ist mir kotzübel. Ich habe Durchfall und mir ist schlecht.
05.00Uhr: Ich kann nicht schlafen und muss (so oder so) in ein paar Std. mein Kind zur Welt bringen. Was für eine Prima-Idee dieser Cocktail doch war ... und überhaupt diese Schwangerschaft, die ja zwangsläufig in einer Geburt endet …wie leichtsinnig von mir, denke ich (mit einem klitzekleinen Lächeln im Gesicht)

Irgendwann schlafe ich doch ein. Als ich gegen 09.00Uhr aufwache, hab ich keine wirkungsvollen Wehen mehr. Die komische KH-Hebamme von damals fällt mir ein: "VON DEM BISSCHEN ZIEPEN BEKOMMEN SIE ABER KEIN KIND!", sagte sie damals, bevor ich an den Tropf kam.

Nun ist also Samstag, der 02.08.2008. Fakt ist, heute werde ich mein Kind zur Welt bringen, es endlich sehen, ich freue mich auf diesen einzigartigen Babygeruch und dieses glitschige, warme, kleine Wesen in meinem Arm. Ich werde heute erfahren, ob es ein Junge oder ein zweites Mädchen ist, dieser kleine Bauchzwerg. Vermissen werde ich ihn, so sehr ich mich auch auf ihn freue. Außerdem werde ich dafür meinen Bauch los, diese Riesenkugel, die mich behebig und schwerfällig macht und mich nicht so richtig schlafen lässt. Erste kleine Risse zeigen sich nun auch.

Die Hebi kommt gegen 10.00Uhr. Sie hat ihre kleine Tochter dabei, beruhigt mich aber. Die Kleine wird gleich abgeholt. Mich stört es nicht. Meine Tochter spielt sehr gerne mit ihr und ist ja auch noch zu Hause. Bald darauf kommt meine Freundin mit ihrer Tochter, die meine Maus heute mitnehmen, da es gestern ja nicht geklappt hat und heute umso besser passt. Und zu guter Letzt trabt auch noch das Nachbarskind an. Die Bude ist voll.

Ich habe bereits einen zweiten Cocktail getrunken, bekomme auch noch eine Spritze.
Während die Kids spielen, sitzen wir auf dem Balkon und frühstücken alle.

Die Wehen kommen gegen 10.30 Uhr. Sie überrollen mich nicht, sind aber von Anfang an intensiv und regelmäßig. Mir bleiben jedes Mal gefühlte 1-2min Pause. Ich verlange eine Wanne und mein Freund lässt mir Wasser ein.

Nun steht auch noch meine Gegenüber-Übermieterin auf dem Balkon und sucht ein Gespräch. Ich kann mich nicht mehr richtig beteiligen, lächle nur tapfer, überlege aber, ob ich bei der nächsten, spätestens aber der übernächsten Wehe alle rausschmeiße. Zum Glück erkennen sie es selbst und rüsten zum Abflug.

Ich muss noch einmal aufs Klo und der Cocktail schmeißt den Rest Nahrung aus meinem Körper.

Meine Hebi schaut noch einmal nach dem MuMu. Er ist ca. bei 3cm und ich frage mich ernsthaft, wie ich 7 weiter cm überlebe. Sie bittet mich, ihr bei der nächsten Wehe Bescheid zu geben … sie hat da was gefühlt …?!
Vor Mio’s Köpfchen hat sich noch einmal eine (Vor-)Blase gebildet, die verhinderte, dass das Köpfchen richtig runterrutschte. Die wurde nun geöffnet und es folgten noch heftigere Wehen. Oh man, … wie werde ich das schaffen?
Ich muss nun wirklich mitatmen. Durch meine Angst (oh ja, in diesem Moment hab ich welche) atme ich ganz komisch, irgendwie von der Wehe weg. Ich bitte Vicky mir zu helfen und sie atmet zwei Wehen mit. Das hat mir so geholfen, plötzlich war ich wieder „drin“ und unheimlich sicher.

In der Wanne wurden die Wehen angenehmer. Kaum zu glauben, dass ich das schreibe, aber sie waren, trotz der Intensität, echt erträglich. Sie kamen weiterhin Schlag auf Schlag. Nebenan saß noch immer Vickys Tochter und malte. Eigentlich wollte sie die Kleine noch zu ihrem Freund bringen. Vorher wurde jedoch noch mal der MuMu befühlt und ich dacht ich spinne: SIEBEN ZENTIMETER!!!! Was für ein Gefühl! Von 3 auf 7 cm hat es vielleicht 45 min gedauert. Unglaublich! Das hat mir noch mal unheimlich Kraft gegeben.

Die Atmosphäre ist so schön. Wir haben nur eine Lichterkette an. Zwischen den Wehen ist es oft total still. Ich beobachte die beiden, meinen Freund und Vicky. Sie sitzen vor der Wanne auf Kissen und schauen auf mich, die ich meistens die Augen geschlossen habe. Dieses Bild werde ich nicht vergessen. Wir warten alle drei auf das Baby. Wir sind gespannt, aufgeregt und konzentriert.
In einer kurzen Pause muss ich lachen: „Hey, sagt doch mal was!“ Sie lachen auch.
Wir machen Musik an.
„JAmArAm“


Mittlerweile muss ich die Wehen etwas lauter veratmen. Vicky ruft ihren Freund an und bittet ihn, die Kleine abzuholen, weil sie „hier ungern noch mal weg möchte“! Wow, abgesehen davon, dass ich sie nie und nimmer hätte gehen lassen, heißt das doch wohl, das ich es in absehbarer Zeit geschafft habe!

Es ist nicht lange nach der „7cm-Nachricht“. Plötzlich kömmt eine Wehe, die mich zum pressen zwingt. Ich bin völlig verwirrt, erinnere mich wieder an die Hebamme bei der Geburt meiner Tochter: „Noch nicht pressen! Da ist noch ein Saum.“
Ja, aber hier und jetzt sind es noch 3cm, oder nicht?
„Was soll ich tun“, frag ich Vicky.
„Na, pressen!“ sagt sie.

Ich bin so froh, dass sie da ist. Zwischendurch kontrolliert sie regelmäßig die Tönchen vom Baby. „Alles schick!“

Die Pressphase war diesmal sehr, sehr lang. Ich konnte das Köpfchen fühlen, schaffte es während einer Wehe aber immer nur, es bis zum Ausgang zu pressen. Dann rutschte er wieder nach hinten. Es war verflixt. Vicky ruft die zweite Hebamme, die kurze Zeit später auch kommt. Auch sie mag ich sehr. Sie hat mein Baby 2x zum drehen bewegt, durch Moxerei.

Noch einmal bekomme ich etwas Angst. Schaffe ich den Kopf nicht? Habe ich zu wenig Kraft? Die Beiden versichern mir, dass ich alles ganz prima mache. Ich könnt sie knutschen!
Trotzdem soll ich die nächsten Wehen in der Hocke pressen, um den fehlenden Druck nach unten zu bekommen.

Zwei Wehen, es klappt nicht.
Die Beiden möchten ein paar Wehen im Wohnzimmer „probieren“ und fragen, ob ich es noch aus der Wanne schaffe. Es geht. Ich ahne, dass ich nicht mehr in die Wanne zurückkehre. Schade eigentlich. Aber ich will endlich mein Baby.
Im Wohnzimmer übernimmt Sandra kurz das Kommando. Ich liege seitlich, stütze das obere Bein auf ihre Schulter.
Drei Wehen rechts und drei Wehen links. Nix.

Es muss nun schon nach 13.00 Uhr sein. Ich hocke vor dem Sofa. Mein Freund stützt mich von hinten. Es sind die letzten drei Wehen, die mich von meinem Baby trennen:

1. Wehe: Es gelingt mir, den Kopf etwas heraus zu pressen. Die beiden Hebis feuern mich an. Ich merke, wie mich einerseits die Kraft verlässt, schaffe es aber, den letzten Rest zu bündeln.
2. Wehe: Ich presse und presse und presse … ich glaube länger als die Wehe anhält. Der Kopf steckt mitten in der Scheide, als ich nicht mehr kann. Das erste Mal jammere ich. Das Brennen ist unerträglich, ich habe das Gefühl zu zerreißen, will den Kopf rausschieben und zwar schnell. Ich soll auf die nächste Wehe warten, langsam machen, dem Gewebe Zeit geben, an meinen Damm denken … Jajaja. Oh man, was für ein Schmerz.
3. Wehe: hab ich ehrlich gesagt gar nicht abgewartet. Nach einer kurzen Pause hab ich einfach angefangen zu schieben. Oder aber die Wehe war echt schwach. Es gelingt mir wieder ruhiger zu atmen. Ganz langsam schiebe ich, Stück für Stück … ich sehe den Kopf kommen, bevor ich meine Augen zusammenkneife.

Der Körper kommt fast von ganz allein geflutscht.

Und da liegt er, der kleine Mann. Bis zum Schluss habe ich nicht gewusst, ob da ein Mädchen oder ein Junge in meinem Bauch wohnt. Seine Hoden leuchten mich an. Wow, wie groß die sind. Wahrscheinlich glotze ich ihn echt ne ganze Weile ungläubig an, denn plötzlich lacht Vicky und sagt: „Na, nimm ihn dir!“
Und dann liegt er in meinem Arm: Warm, weich, glitschig wie ein Fisch … und das Beste: Er riecht wie seine Schwester. Ich liebe, liebe, liebe ihn, das wird mir sofort klar.
Er fängt gleich an zu schreien und ich fang an zu heulen, mein Freund auch. Selbst Vicky kommen die Tränen, sagt sie später.
Der kleine Bauch-Rammler hat nicht einmal die Nabelschnur umwickelt. Wer hätte das gedacht, nach all den Saltos im Bauch.

Er ist so schön. Vom ersten Moment an, macht er einen völlig relaxten und zufriedenen Eindruck. Dabei hatte ich echt ein wenig Angst vor ihm, denn im Bauch war er, weiß Gott, nicht ruhig und ausgeglichen. Aber wahrscheinlich wollte er endlich in meine Arme, wo er am liebsten ist …

Ich glaube, er fand es auch gut, zu Hause zur Welt zu kommen ;-)
 
Zuletzt bearbeitet:

Reni

die heisse Ohren macht
AW: Meine Hausgeburt

haaach wie schön *schnüff* alles liebe für euch :herzig:


Reni :winke:
 
E

Enie

AW: Meine Hausgeburt

Er fängt gleich an zu schreien und ich fang an zu heulen, mein Freund auch. Selbst Vicky kommen die Tränen, sagt sie später.
Hach, und was meinst Du, wie's mir gerade geht... :heul: Danke für's Aufschreiben! :herz:
 
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