Mein Mann greift wildfremde Männer auf der Straße auf...

Buchstabensalat

Lebenskünstlerin
Gestern Abend, beim Fertigmachen der Kinderchen, ertönt auf einmal Gesang aus rauhen Männerkehlen auf der Straße. Ein schneller Blick aus dem Fenster zeigt mir mehrere schwarze Männer, die im Gänsemarsch und seltsamem Schlängeltanz über die Straße hüpfen.
"Heee, da unten sind Wanderburschen, Mittlere, schau mal!"
Aber bis die sich unter dem Bett hervorgewuselt hat, sind die Burschen schon aus dem Blickfeld geraten. Der laute Gesang allerdings ist immer noch zu hören, also flitze ich mit der Mittleren ins Wohnzimmer, wo Kleine und Große friedlich spielen.
"Unten sind Wanderburschen, los, wir gucken!"
Das brauch ich nicht zweimal zu sagen, sofort rasen wir alle unten auf die Straße.
Die Wanderburschen, vom Aussehen her die typischen Zimmerleute (schwarze Schlaghosen, Walze unterm Arm, Schlapphüte) haben gerade eine große Kurve geschlagen und kommen wieder auf uns zu. Zwei kleine Händchen suchen angesichts ungefähr zehn auf sie zukommender Schwarzer Männer meinen moralischen Beistand. Aber die Jungs biegen knapp vorher ab und versammeln sich vor dem Haus links gegenüber. Dort umzingeln sie den Baum im Vorgarten und intonieren lauthals etwas, das an "Rümmel die Köhm" erinnert. Sicherlich magische Männergesänge.
Die Leute, die dort wohnen, stehen auch schon vor der Tür und beobachten diesen Aufmarsch, und auf einmal öffnet sich die Tür vom Nachbarhaus, und der Nachbar kommt heraus. Er tritt auf einen der Zimmermannsgesellen zu und begrüßt ihn lauthals.
Ahaaa! Ganz offenbar ist da ein Handwerksbursch von seiner dreijährigen Walz zurückgekommen, und jetzt löst sich die Veranstaltung auch in einzelne Männer auf, und der eben vom Nachbarn Begrüßte wird auch von den Leuten links gegenüber herzlich begrüßt. Na sowas. Hab ich auch noch nie aufgeschnappt, das bei denen sowas los ist.
Entsprechend war die Nacht auch mal etwas lauter, denn sowas muß ja auch gefeiert werden.
Heute waren wir dann auf einem Tag des offenen Pferdes, öhm, Pferdehofes, wo uns der Opa hinschüsseln mußte, denn unser fahrbarer Untersatz sagte keinen Mucks mehr. Während mir schon abwegigste Ideen durch den Kopf schießen (Blitzeinschlag, unbemerkter? Mein Laptop hat gestern auch seltsame Kapriolen geschlagen...), beschließen wir, lieber erst einen ADAC-Menschen kommen zu lassen, bevor wir die Batterie neu laden. Denn nach den ewig langen Fahrten von Zirndorf zurück kann der Wagen doch nicht völlig entladen sein?
Während ich die Kinder schon wieder ins Bett scheuche (unsere Tage sind kurz, ne?), konferiert Männe unten mit dem ADAC-Mechaniker, der ihm eröffnet, daß die Batterie leer ist (öööhh... *schäääm*), weil doch irgendjemand an der Innenbeleuchtung herumgespielt und sie angelassen hat. Zum Glück für die Kinder sind die schon im Bett, diese Sinnbilder unschuldiger Verkommenheit...
Jedenfalls muß Männe jetzt erstmal eine kleine Spritztour ausführen. Eine halbe Stunde Batterie laden fahren. Und während ich den von ihm gebackenen Apfelkuchen pflichtbewußt aus dem Ofen hole und die Kinder zwar nicht den Schlaf der Gerechten schlafen, aber wenigstens die Stille der Eingeschüchterten bewahren, entfaltet sich an einer kleinen Tankstelle im Orte eine ganz spezielle Falte des Schicksals.
Dorten tankt nämlich mein Mann den Wagen auf, was für sich genommen schon schicksalhaft genug ist - für unseren Geldbeutel, hauptsächlich. Aber trotzdem geht er brav zum Bezahlen rein - und begegnet gleich dem nächsten Schwarzen Mann. Schlaghut, Wanderstock, Walze unterm Arm, Schlapphosen - ein wandernder Zimmermannsgesell, der sich von der Tankwärtin eine Wegbeschreibung geben läßt.
"Ach", greift mein Mann frischfröhlichfrei in den Lauf der Dinge ein, "SIE wollen doch bestimmt in die G-Straße, nicht wahr?"
Staunende Ergriffenheit auf den Gesichtern der zwei Statisten, dann ein verblüfftes: "Jaaa..." vom Wandersmann.
"Ja, dann, steigen Sie mal einfach ein", grinst Männe, "ich nehm Sie mit - die anderen feiern schon."

Hach, das blöde Gesicht hätt ich ZU gern gesehen.

Salat
 

Casi

Quak das Fröschlein
AW: Mein Mann greift wildfremde Männer auf der Straße auf...

:weglach:

..wunderschön beschrieben wie immer :zwinker: *LachTränchenverdrück*
 
Oben