Klaukind...

Buchstabensalat

Lebenskünstlerin
Es gibt da dieses niedliche kleine, blonde Wesen mit der entzückenden Piepsstimme im Kindergarten. Nein, ich rede nicht von meiner Kleinen - die piepst nicht, die brüllt aus Leibeskräften. In jeder Lebenslage und auch bei bester Laune.
Nein, wir reden von B*i. B*i ist jetzt so etwas älter als zwei Jahre, hat süße blonde Löckchen und die erwähnte niedliche Piepselstimme.
B*i hat aber auch einen ganz schön starken Willen. Und interessante Ideen.

Weil B*i die Tochter einer guten Bekannten meinerseits ist, haben wir ja schon öfter gerne mal den Scherz abgezogen, daß ich mir das kleine engelhafte Wesen greife und erkläre, sie gehöre jetzt mir, ich nähme sie mit.
Was bei B*i seltsamerweise bislang immer auf Begeisterung stieß und von ihr mit Inbrunst bejaht wurde.
"Bist du jetzt meine B*i?"
"Ja." Muß man sich jetzt hingehaucht in ungefähr dreigestrichenem Fis vorstellen.
"Kommst du mit mir mit?"
"Ja-ha!"
Bis die biologische Mama dann in tiefgekühltem Gres knurrt: "Bin ich echt so ne Rabenmama? Du bleibst bei MIR!"
Also viel Spaß für alle Beteiligten.

Und heute wollte Klein B*i dann auch mal Ernst machen. Während der Opa und ich unsere zwei Plagen in die Schuhe stopfen, kommt das Engelchen angeflattert und erklärt: "Bei euch mit."
Läßt sich auch durch nichts und niemand davon abbringen, faßt vertrauensvoll meine Hand (hach, ein Babyhändchen noch!) und tapert an meiner Seite aus dem Kindergarten.

Das liest sich jetzt so glatt und fix, muß man sich aber über einen Zeitraum von 10 Minuten vorstellen, mit heftigen Bemühungen beider Mütter - der ihrigen: "Was? B*i, du kommst doch mit mir!" und der meinigen: "Du willst wirklich mit UNS mit? Na, dann komm."
Okay, vielleicht bin ich manchmal fies...

Jedenfalls steigt das Mädelchen mit ins Auto ein, setzt sich in den Sitz, läßt sich festschnallen und stört sich ü-ber-haupt nicht dran, daß Mama verwirrt vor der Tür steht und nicht weiß, was sie davon halten soll.
"Gib sie mir einfach mit", rate ich ihr, "wenn sie wirklich will, kann sie auch bei uns schlafen. Und sonst kommst du einfach und holst sie."

Und so machen wir es. B*i hat auch gar keine Probleme damit, daß "zuhause" so ganz anders als sonst aussieht, spielt begeistert mit den drei meinigen, die ihrerseits völlig aus dem Häuschen sind über das Halbbaby. Die Kleine rennt und betüddelt sie, wo es geht, die Mittlere fordert, daß sie beim Abendbrot neben ihr sitzen solle, und selbst die Große findet es ganz prima, noch so ein klein Krabbel auf dem Hals zu haben.
Und ich? Naja, zwischen Abendbrot vorbereiten und Fernsehen und drei Kinder beschützen bei Simsalagrimm und Streit schlichten, wer nun wo und vor allem: neben B*i sitzen darf, finde es auch ... nett. So wäre es wohl, wenn wir noch nicht aufgehört hätten. :D

Viel essen tun sie auch nicht, sie haben sich den Bauch mit frischem Brot gefüllt, als wir nach Hause fuhren. Die Große hat nämlich - Tusch und Applaus! - ganz alleine vom Bäcker ein Brot geholt, Landbrot groß geschnitten, wie von Mama beauftragt, und als Belohnung durfte sie das Wechselgeld behalten. 30 Cent, fast ein Wochentaschengeld.

Also jage ich sie wie immer ins Kinderzimmer, und dort reißt sich die Kleinste bereitwillig die Klamotten vom Leib, läßt sich von mir wickeln (die Große tritt würgend und hustend die Flucht an) und mit den vereinten Kräften von Mittlerer, Kleiner und mir die Druckknöpfe am Body wieder schließen. Was für ein Glück, daß wir doch immer noch ein paar alte Windeln besitzen. Wie überhaupt Pflichten, die man nicht mehr erledigen MUSS, seltsam angenehm werden, wenn sie zufällig mal wieder auftauchen. Momentan könnt ich nämlich eher ko***, wenn es wieder heißt: Maaaamaaaa, abputzeeeen!

Die Kleine überschlägt sich fast dabei, der Kleinsten einen Schlafanzug herauszusuchen, diese wiederum wirft sich kopfüber hinein - und dann gibt es doch große Tränen.
Die Kleine nämlich will SO gerne mit der Kleinsten im Reisebett schlafen, und zwar im Wohnzimmer. Die Kleinste aber, das sieht man sehr deutlich, möchte unbedingt in einem der Hochbetten schlafen (wahrscheinlich *der* Grund, warum sie überhaupt in unsere Löwenhöhle mitgekommen ist). Bis wir uns geeinigt haben, daß Kleine und Kleinste ein Weilchen zusammen im Reisebett liegen (stopf), dann aber ins Hochbett wechseln, dauert es. Und kaum liegen sie da wie die Sardinen, will die Kleine, daß ich mich auch noch dazulege. Also, gute Vorsätze in Ehren, aber da muß ich echt passen.

Mitten in dieses Gewusel von aus dem Bett quellenden Kindern, vorlesenden Mamas, Kleinen, die auf dem Schoß von vorlesenden Mamas sitzen, Großen, die noch im Wohnzimmer herumflitzen und Kleinsten, die es einfach nur Klasse finden, kommt B*i-Mama herein. Sie hat noch bis kurz vor halb sieben beim Kinderarzt gehockt mit ihren großen Jungs.
B*i sieht Mama und sagt prompt: "Nein, B*i hier bleiben! Hier schlafen!"
Nichts kann sie überzeugen, gar nichts. Nicht einmal, daß *Papa* sie doch vermißt und seine kleine B*i haben möchte, zieht bei ihr. Wo Papa doch sonst gleich nach Weihnachtsmann und Osterhase kommt bei ihr.

Ich würde sie ja einfach da liegen lassen. Ob ich morgens drei oder vier Kinder fertig mache, zwei oder drei zum Kindergarten schleppe - wen interessiert's? Aber die andere Mama sagt, daß B*i momentan nachts so stark huste (darum mußten wir ja auch inhalieren) und sie sie lieber zuhause haben möchte.

So vertrösten wir das Engelchen auf ein anderes Mal, zu dem sie dann aber ganz bestimmt im Hochbett schlafen darf, ziehen ihr warme Strümpfe an - da wird meine Kleine ganz hektisch, denn es sind ihre Puschensocken, aber nach dem Hinweis, daß es doch "nur geliehen" ist, geht es dann - packen alle Sachen zusammen und schicken sie auf den Weg.

Kaum ist sie weg, bricht Panik bei meinen Kindern aus: sie hat ihre Zahnbürste vergessen, die supertolle Tierkopfzahnbürste, die sie nun gerade erst geschenkt bekommen hat! Auch hier hilft nur der Hinweis, daß wir sie doch morgen im KiGa wiedersehen. Muß die Bürste halt mit.

Und dann endlich liegen alle im Bett und schlafen. Steht zu hoffen, daß es bei B*i-Mama genauso ist und B*i sich mit der Aussicht auf eine baldige Fremdübernachtung zufrieden gibt.

NACH dem Umbau.

Salat
 

Micky

schneller in Kanada als in Berlin
AW: Klaukind...

danke..............wunderbar geschrieben und wunderbar gelebt hast du das :jaja: :bravo:
 

Trixi

Seelenfänger
AW: Klaukind...

Wie knuffig ist denn die Story!!! Ja so eine kleine B*i wünsch ich mir in Neles Trotztheaterphasen auch manchmal zur Ablenkung.
 

Melly

Husch Puscheli
AW: Klaukind...

Schöööööööön!!Konnte gar nicht aufhören zu lesen!!Total schön geschrieben!!!:bravo:
 
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