Hilfe bei 10jährigem Problemkind?

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Melanie

Hallo Kerstin,

kannst du mir auch bei meinem Stiefsohn, der jetzt 10 ist, helfen?

Es ist wirklich ein Extremfall und wir hatten schon an so manche Therapie gedacht (waren auch schon bei einer Beratungsstelle).

Bevor ich dir jetzt unsere Problematik erläutere, die sehr umfangreich ist, wollte ich erst mal wissen, ob es überhaupt hier in das Forum passt und du uns helfen kannst.

Mfg
Melanie
 
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Familie Bechberger

Hallo Melanie,

so wie du es kurz beschrieben hast, macht ihr euch ziemlich viel Sorgen.
Ob ich dir helfen kann, kann ich leider nicht sagen, da ich die Problematik nicht kenne.
Wenn du es mir erzählen willst, dann wäre wichtig zu wissen, ob er noch seine Mama sieht, wenn ja, wie er euch besucht, wie ihr da mit ihm umgeht. Wenn er immer bei euch ist, wäre wichtig, seit wann und eine genaue Beschreibung eures Problems bzw. was die Beratungsstelle gesagt hat.

Wenn meine Antwort dann etwas dauern sollte, liegt das vielleicht daran, dass ich erstmal darüber nachdenken muss. :???:

Also, wenn du willst, dann erzähle!
Grüße Kerstin :D
 
M

Melanie

Hallo Kerstin,

erstmal viele Dank, dass du dich unserem Problem widmen willst. Es ist wirklich sehr umfassend, so dass es wohl ein wenig länger wird.

Sascha ist seit drei Jahren bei uns. Wir haben uns damals alle, auch er, dafür entschieden, dass er bei uns bleibt, da er mit seiner Mutter nicht mehr zurecht kam. Sie hatte nie Zeit für ihn, hat immer nur gemeckert und das Schlimmste, denn ich denke, da liegt das Problem, sie hat ihn immer nur abgeschoben. Und er hat Mist gebaut, damit er ihre Aufmerksamkeit und Liebe bekam.

Hier bei uns nehmen wir uns alle Zeit für ihn und er ist auch von meiner Familie als mein Kind aufgenommen worden. Er geht hier zur Schule, hat hier seine Freunde, darf hier einfach nur Kind sein (mit rausgehen, sich selbst beschäftigen usw.).

Als Sascha noch nicht bei uns war, hatten wir ihn mindestens jedes zweite Wochenende und auch so mal zwischendurch. Das wollte wir eigentlich mit seiner Mutter auch so handhaben, aber sie meldet sich eigentlich nie. Immer sind wir es, die den Kontakt aufrecht erhalten, oder Sascha, wenn er nach ihr fragt (was auch immer weniger wird). Wenn er dann mal bei ihr war, war sie kaum zuhause, und er saß mit ihrem Mann oder mit seiner Halbschwester (17) vor dem Fernseher oder der Playstation. Allerdings hatte er immer neue Sachen, wenn er von ihr nach Hause kam.

Wir hatten nie Streit mit seiner Mutter, im Gegenteil, wenn etwas anstand, haben wir das immer gemeinsam beschlossen. Mein Mutterbild sieht zwar etwas anders aus, da ich ja jetzt selbst Mutter bin, aber das steht auf einem anderen Blatt. Nur leider tut sie mit ihrem Verhalten, Sascha sehr weh, was er aber auch nur noch sehr selten zeigt. Noch nicht mal zu seinem Geburtstag im Mai hat sie sich gemeldet.

Jetzt zu unserem Problem: Kurz gesagt, Sascha ist ein Egoist. Er macht was er will und es ist ihm egal, was wir ihm auch sagen und das jeder Mensch gewisse Regeln einhalten muß, wie z.B. pünktlich zuhause zu sein oder die kleinen Dinge im Leben wie Zähneputzen, frühstücken usw. Respekt uns gegenüber hat er überhaupt nicht. Das äußert sich in seinem Ton uns gegenüber (ich habe mal gesagt, ich wäre froh, wenn er uns so behandeln würde, wie seine Freunde, denn er behandelt uns wie den letzten Dre..). Wenn etwas nicht nach seinem Willen läuft, wird er jähzornig und bekommt sofort einen Wutanfall. Allerdings muß ich dazu sagen, dass er mir in letzter Zeit reifer vorkommt, soll heißen, er denkt reifer. Er hat zwar in seinem Verhalten nichts geändert, aber irgendwann da kommt der Punkt, dass er begreift, und sich dann bei uns entschuldigt.

Wir haben schon sehr vieles versucht. Haben viel zusammen geredet, haben uns gegenseitig unsere Wünsche an den anderen aufgeschrieben und Kompromisse gefunden, haben auch mit Hausarrest usw. bestraft, ja es war sogar schon so weit, dass er nur noch in seinem Zimmer sitzen durfte. Wir haben schnell erkannt, dass es so nicht weitergehen konnte und haben uns alle zusammengesetzt, ich weiß nicht, zum wievielten Male. Es gab Situationen, da bin ich einfach noch mal in sein Zimmer und habe ihn umarmt, sonst wäre es wohl in einer Tragödie geendet. Dann waren wir auch bei der katholischen Beratungsstelle hier bei uns. Wir konnten endlich mal über unsere Probleme reden, aber Sascha hat sich geweigert, mit zugehen. Jetzt wollen wir nach den Ferien mit einer Verhaltenstherapie bei einer Kinderpsychologin beginnen, wobei ich mir gar nicht so sicher bin, ob ich das überhaupt will.

Ja, ich habe sogar daran gedacht, dass mein Mann um das alleinige Sorgerecht (was bis jetzt die Mutter immer noch hat) zu kämpfen. Damit er endlich sieht, wohin er gehört, auch wenn er mit dem rechtlichen Kram noch gar nichts anfangen kann. Dabei möchte er so gerne wie wir heißen, aber das würde seine Mutter nie zulassen, genauso wenig wie die Adoption (Sascha's Eltern waren nicht verheiratet).

Jetzt kommt leider die andere Seite der Madaille, manchmal sehe ich ihn als Feind in meiner eigenen Wohnung. Und ich habe die Angst, dass unsere Kleine (jetzt 9 Monate) sich irgendwann ihren großen Bruder zum Vorbild nimmt. Manchmal kann ich ihn einfach nicht gern haben, dann wieder könnte ich ihn die ganze Zeit nur knuddeln. Denn er hat auch sehr liebe Seiten wie zB er ist sehr hilfsbereit, total verschmust und er liebt seine kleine Schwester so sehr.

Ich denke, das war jetzt ein sehr kurzer Einstieg in unsere Problematik, dabei kann ich es gar nicht richtig in Worte fassen. Ich sage immer, das muß man miterleben, damit man es verstehen kann. Denn nach außen hin ist er ein sehr liebes Kind. In letzter Zeit allerdings bekommen das auch andere mit.

Ich wollte nur, dass er eine Familie hat (ich bin auch ohne aufgewachsen), aber wie soll man jemanden ein Familieleben beibringen, der nie eins kennengelernt hat? Bei uns bräuchte er diese negative Aufmerksamkeit gar nicht, im Gegenteil, er bekommt viel mehr davon, wenn er einfach nur den Mist sein läßt.

Und heute habe ich ihn gerade wieder gefragt, ob er überhaupt noch bei uns bleiben möchte, aber darauf bekomme ich immer wieder ein Ja. Früher hat er sogar gesagt, schade, das ich nicht seine Mutter bin. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zueinander, und ich war auch immer die treibende Kraft, damit er hierher gekommen und geblieben ist. Aber jetzt will ihn keiner von uns mehr hergeben.

Puh, wenn ich einmal anfange, dann fallen mir noch so viele Dinge ein. Wenn du Fragen hast, beantworte ich sie gerne. Bin für jeden Tip und Anregungen dankbar. Hauptsache wir werden endlich mal eine Familie

Trotzdem sage ich jetzt schon mal danke, darüber schreiben tut schon gut

Mfg
Melanie
 
F

Familie Bechberger

Hallo Melanie,

schön, dass es dir besser geht, wenn du mir schreibst. Das hilft doch manchmal schon ungemein und bringt einem selbst auf neue Gedanken.

Grundsätzlich finde ich es gut, wenn ihr versuchen wollt zur Kinderpsychologin zu gehen. Selbst wenn er nicht dazu bereit ist, geht 2-3 mal hin. Dann weiß er, wie es da abgeht und kann sich dann immernoch dagegen entscheiden.

Ich denke, du liegst mit deiner Vermutung richtig. Es wird schwer für ihn sein zwischen zwei Stühlen zu sitzen wobei der eine Stuhl auch noch ziemlich wackelt. Das drückt er ja auch schon mit der Aussage "Schade, dass nicht du meine Mama bist "aus. Er hätte gerne eine, wo er sich seine Liebe und Aufmerksamkeit nicht erkämpfen muss.
Vielleicht würde ihm eine feste Zugehörigkeit wirklich in seiner Familienfindung helfen.

Er will ja alles, was zu einer Familie dazugehört (Liebe, Aufmerksamkeit aber auch Reibereien und "Kämpfe", die in diesem Alter immer öfter an der Tagesordung liegen), muss aber immer zwischen diesen beiden Stühlen sitzen, auf die er sich auch beide gern setzt.

Lass mich mal noch ein paar Tage darüber nachdenken. Ich finde es übrigens ganz toll, wie du dich für ihn einsetzt. Mach weiter so, auch wenn es anstrengend ist.

Ich melde mich bei dir
Kerstin :D
 
M

Melanie

Das ist ja klasse, wie schnell das ging.

Ein ganz dickes Dankeschön.

Laß dir ruhig Zeit

Und ich gebe nicht auf, auch wenn ich manchmal verzweifel, denn im Grunde genommen, tut er mir mehr als leid. Naja, gebranntes Kind....

Wünsch dir ein schönes Wochenende

Mfg
Melanie
 
F

Familie Bechberger

Hi Melanie,

gestern habe ich auf Arte eine Reportage über Kinder gesehen, deren Eltern sich getrennt haben.
Ich habe mir mal so ein paar Stichwörter aufgeschrieben:

Kinder sollten ohne Angst alles äußern dürfen (bei ihren ehesten Bezugspersonen) was sie bedrückt, ohne eine negative Erfahrung damit zu machen.
Sie sollten Verständnis bekommen-von beiden Seiten.
Diese Kinder haben oft Angst, einen Elternteil zu verlieren. Wenn sie das Gefühl haben, reagieren sie manchmal für uns Erwachsene unverständlich (in welcher Weise auch immer)
Kinder haben Bedürfnisse, die beide Elternteile berücksichtigen sollten (so eine Art-Kümmer dich um mich)

Die Reportage wurde in einer Therapiegruppe gefilmt, in der nur Kinder mit diesem gleichen Problem sind. Sozusagen, denen geht es genauso, wie mir. Fand ich eigenlich eine gute Idee.

Nur mal, was ich so daraus mitgenommen habe. Das ist halt ein langer Weg (unter Umständen).

Ich melde mich nochmal
Kerstin :D
 
M

Melanie

Hallo Kerstin,

schade, dass ich diese Reportage verpasst habe, hätte mich schon interessiert.

Hier gibt es sogar Selbsthilfegruppen für die Kinder, deren Eltern sich getrennt haben.

Ich denke, dass ich die Gründe für sein Verhalten erkenne bzw. weiß, aber wie ändere ich sein Verhalten? Schaffe ich das überhaupt ohne provesionelle Hilfe?

Jetzt habe ich gerade zwei Situation im Kopf, die in den letzten Tagen passiert sind.
1. Als frische Mama hat man ja ein wenig Schlafmangel. Bei mir ist es halt auch so, dass ich trotz schlafendem Kind nicht schlafen kann. Ich hatte mich spätnachmittags mal auf die Couch gelegt, weil ich fast vor Müdigkeit umgekippt wäre und das mache ich wirklich nicht besonders oft. Sascha hatte Hunger. Da sagt er doch glatt zu meinem Mann, dass ich endlich mal kochen solle und nicht schon wieder nur auf der Couch liegen solle, da er ja Hunger habe. Ich konnte nichts mehr sagen, mir fehlten die Worte.

2. Heute hatte Sascha uns wiedermal angelogen. Das ging natürlich nicht ohne Streit ab und das Ende vom Lied war halt, dass ich nichts mehr für ihn tun bräuchte. Gut, da denke ich mir nichts bei. Nur das er dann immer einen Wutanfall bekommt, jähzornig wird, seine Wut an Gegenständen ausläßt und ne Klappe hat, wie ein Großer. Ich geh dann meist das Badezimmer putzen, damit ich mich beruhige.

Denk aber nicht zuviel nach, gönn dir auch mal schöne Augenblicke mit deinem kleinen Nachwuchs. Erst heute habe ich wieder festgestellt, dass ich meiner Maus bald die Koffer packen kann, die sie läuft schon an der Couch entlang und ist schon neun Monate alt. Schnief...

Ein schönes Wochenende wünscht dir die ganze Familie
Mfg
Melanie
 
F

Familie Bechberger

Hallo Melanie,

Erkundige dich doch mal (oder dein Mann!) über diese Selbsthilfegruppe für Kinder. Ob er dahin geht oder nicht steht ja auf einem anderen Blatt.

So, wie ich die Kinder in diesem Beitrag gesehen habe, denke ich dass es denen allen miteinander gut getan hat, zu erfahren, dass es den anderen genauso geht.
Das Problem zu bessern kann ja nicht nur eure Aufgabe sein, sondern auch die der Selbsthilfegruppe. Beiderseitige Hilfe und Unterstützung ist doch nicht schlecht.

Ich will dir nicht zu nahe treten, aber ich glaube, dass du die Dinge vielleicht ein bisschen auf dich und die Situation beziehst. Die Sache mit dem Essen z.B. . Ab 10 Jahre wird das halt alles ein bisschen komlizierter und man muss mehr Kämpfe in dieser Richtung ausstehen.
Versuche das vielleicht nicht auf eure Familiensituation zu beziehen.

Ich weiß, ich habe gut reden und war auch nicht dabei, denke nur, dass es für dich so etwas einfacher ist.

Ich hoffe, du bist jetzt nicht sauer, ich bin nicht angriffslustig :-D
Liebe Grüße
Kerstin :D
 
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