Guter Artikel zum Thema Kindheit

lulu

Königin der Nacht
AW: Guter Artikel zum Thema Kindheit

Susala, mir kommt manches vom dem, was Du schreibst, fast "ueberakademisiert" vor. Mir geht es viel eher darum, dass Kindern Raum (zeitlich und raeumlich) bleibt, nicht-akademische Faehigkeiten zu erwerben. Von Konfliktloesungen ueber kooperieren, von Orientierungsinn entwicklen und Selbstaendigkeit und Selbstverantwortlichkeit ueber Verantwortung fuer andere, kleinere(?) zu uebernehmen. Herauszufinden, was einem von innen heraus wirkliche Freude bereitet. Verstehen und erleben, wie das soziale Umfeld funktioniert. Dinge sehen und spontan Ideen und Projekte entwickeln. Handwerkeln, backen, pflanzen, ernten usw. Eine handlungsorientierte junge Kindheit statt eine verschulte schwebt mir immer noch vor.
Ich denke, wer lebt, lernt auch. Und das lese ich auch aus dem Artikel heraus.

Kindheit kann doch total verschieden gelebt werden und trotzdem Raum fuer Spontanitaet, Freizeit und Zeit, in der keine Erwachsenen Wissen vermitteln, lassen. Daher frage ich mich immer noch, warum Dir solche Artikel das Leben schwer machen.?
Ja, mein 9-jaehriger denkt voellig unkindlich ueber Businessplaene und -modelle nach. Aber widerum spinnt er sich ganz kindlich Zukunftsphantasien. Ich koennte jetzt natuerlich auch BWL 101 abspulen, aber stattdessen schicke ich ihm mit seinem Freund auf die Strasse einen Limonadenstand machen (das ist ein Stueck typisch amerikanische Kindheit). Und nachher ueberlegen wir, ob es wohl besser ist Limonade mit frischgepresstem Zitronensaft (teurer) oder Konzentratlimo zu verkaufen und philosophieren ein bisschen herum. Mein 5-jaehriger - der ja nun durchaus taeglich mit Schulmaterial konfrontiert wird - kann verschiedene Schiffchen bauen, und wir schauen, welches am meisten Last tragen kann. Da benutzt er seine Phantasie und seine Haende und seine Imagination, er muss planen, saegen, kleben, malen, bauen, Gummis spannen... und am Schuluss haben wir vielleicht zusammen etwas ueber Schiffbau gelernt. Aber auch wenn wir nichts gelernt haben, haben wir doch unseren Talenten freien Lauf gelassen. Natuerlich wird ein Kind mit mehr Wissensdurst tiefere Fragen stellen, ein unhandwerkliches Kind sich mit einfacheren Vesseln zufrieden geben, ein Kind, das gerne draussen ist erst mal Materialien sammeln, ein Kind, das keine Lust zum Schiffe bauen hat gar nicht erst agieren wollen.

So. Und jetzt das Schlusswort meiner Lieblingserzieherin: Die Welt ist heute so dermassen voll Wissen, dass man eh nicht alles wissen kann, nicht mal mehr alles fuer seinen Beruf relevante. Aber generelle Problemerfassungs-, Loesungserarbeitungs- und -durchfuehrungsfaehigkeiten werden immer gebraucht werden. Und um diese zu entwicklen muss man auch Zeit haben, in der man selber agiert, ausprobiert, erfaehrt und erlebt, reflektiert, wieder probiert (und dabei stehen Erwachsene halt manchmal ganz schoen im Weg).

Mir ist voellig bewusst, dass Kinder durch Phasen gehen, wo sie dies oder jenes brauchen (zB 4 mal pro Woche Sport oder eben etwas lernen wollen). Und natuerlich sollen diese Beduerfnisse befriedigt werden. Aber Raum fuer Kinder-Zeit soll immer bleiben. Und mir ist auch bewusst, dass ein Dreijaehriger nicht alleine durch Berlin stiefelt. Er ist ja ein Kleinkind. Aber in ein paar Jahren mag und sollte er sich auch in Eurem Quartier bewegen koennen.

Lulu :winke:
 
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Z

Zwei

AW: Guter Artikel zum Thema Kindheit

Mir geht es viel eher darum, dass Kindern Raum (zeitlich und raeumlich) bleibt, nicht-akademische Faehigkeiten zu erwerben. Von Konfliktloesungen ueber kooperieren, von Orientierungsinn entwicklen und Selbstaendigkeit und Selbstverantwortlichkeit ueber Verantwortung fuer andere, kleinere(?) zu uebernehmen. Herauszufinden, was einem von innen heraus wirkliche Freude bereitet. Verstehen und erleben, wie das soziale Umfeld funktioniert. Dinge sehen und spontan Ideen und Projekte entwickeln. Handwerkeln, backen, pflanzen, ernten usw. Eine handlungsorientierte junge Kindheit statt eine verschulte schwebt mir immer noch vor.
Ich denke, wer lebt, lernt auch. Und das lese ich auch aus dem Artikel heraus.

Kindheit kann doch total verschieden gelebt werden und trotzdem Raum fuer Spontanitaet, Freizeit und Zeit, in der keine Erwachsenen Wissen vermitteln, lassen.

............... Aber auch wenn wir nichts gelernt haben, haben wir doch unseren Talenten freien Lauf gelassen............................

So. Und jetzt das Schlusswort meiner Lieblingserzieherin: Die Welt ist heute so dermassen voll Wissen, dass man eh nicht alles wissen kann, nicht mal mehr alles fuer seinen Beruf relevante. Aber generelle Problemerfassungs-, Loesungserarbeitungs- und -durchfuehrungsfaehigkeiten werden immer gebraucht werden. Und um diese zu entwicklen muss man auch Zeit haben, in der man selber agiert, ausprobiert, erfaehrt und erlebt, reflektiert, wieder probiert (und dabei stehen Erwachsene halt manchmal ganz schoen im Weg).



Lulu :winke:

Da kann ich nur vom ganzen Herzen zustimmen und hoffe das mir ähnliches mit meinen Kindern gelingt.
Bei meiner Großen musste ich leider schon feststellen, das sich nicht immer soviel Kinderzeit ausgeht, wie ich es mir für Sie wünschen würde.
Der Kindergarten agiert mir manchmal schon zu verschult, ins Freie kann ich Sie auch nicht so oft und auf die Art lassen wie ich mir das wünschen würde.
Wir versuchen aber diesem Ideal doch nahe zu kommen.

LG Zwei
 

Röschen

Gehört zum Inventar
AW: Guter Artikel zum Thema Kindheit

Susala, ich verstehe dich zu gut!

Erne ist auch so ein Schwamm - inwzischen spielt er übrigens total gerne Mensch-ärgere-dich-nicht, würfelt, zählt und guckt dann, wo er ziehen kann, um Joachim oder mich zu schmeißen! Und es macht ihm einen Heidenspaß diese "Rechnerei".

Und doch hat er eben nicht eine "verschulte" Kindheit sondern macht das, was er möchte.

Für mich war es anfangs auch schwer zu akzeptieren, dass die Altersangaben auf Spielen für ihn nicht zutreffen, dass er locker Sachen für 4 - 6 jährige spielen kann und möchte.
Ich wollte ihn bremsen, um eben nicht den Eindruck einer Mutter zu erzeugen, die ihr Kind auf Teufel komm raus trimmen möchte. Aber er braucht es nunmal, also musste ich jetzt lernen, dass genau dieser Artikel auf uns eben nicht zutrifft.

Als bei uns Schnee lag, haben wir die meiste Zeit draußen verbracht - da hatten die Spiele keinen Reiz, denn der Schnee (mit Schneeballschlacht und gegenseitigem in den Schnee werfen) war viel schöner. Und da haben wir uns richtig ausgetobt!

Tja, und nun ist es draußen eher ungemütlich und Erne beschäftigt nun wieder mehr seinen Kopf als den Körper - es ist aber ausgeglichen.

So, :???: was wollte ich damit denn eigentlich sagen?
Wir kennen unsere Kinder. Und wenn sie nun mal etwas fordern, dann müssen wir ihnen das geben und uns darf das "Geschwätz" der anderen nicht interessieren.

Es ist ein langer Weg dahin, über den anderen zu stehen und nicht unbedingt Wert darauf zu legen, was nun die Leute um einen herum sagen - lass sie reden!


Etwas konfuse Grüße

Rosi
 

lulu

Königin der Nacht
AW: Guter Artikel zum Thema Kindheit

Aber Roeschen, jetzt mag ich noch mal ganz konkret nachfragen: Empfindest Du das nicht als spielen, wenn Du mit Deinem Kind "Mensch aergere Dich nicht" spielst? Empfindest Du das als Foerderung?
Spielen ist im allgemeinen ja ganz gesund, da braucht man den Foerderbutton gar nicht anzustellen.

Ich lese in dem Artikel immer noch nicht, auf was manche hier so anspringen. Es steht zum Beispiel ganz klar drinne, dass Eltern sich erwachsen benehmen sollen und darauf vertrauen die Beduerfnisse ihrer Kinder selber zu erkennen und darauf zu reagieren, anstatt die Literatur und darin ausgefuerhrten Expertenmeinungen ueber ihr eigenes Urteilsvermoegen zu stellen. Wenn jemand also auf das Beduerfnis des Kindes zaehlen zu lernen eingeht, die Treppenstufen abzaehlt, Wuerfelspiele spielt etc. dann ist das doch gar nicht das gleiche wie dem Kind zaehlen beibringen zu wollen, wenn es noch gar nicht bereit dazu ist, aus dem Gedanken heraus, dass frueher besser ist und das Kind spaeter in der Schule keine Nachteile haben soll. Diese Angst in den Eltern und das darausfolgende zu x Kursen anmelden, pushen, extra lernen, Zeit mit Trainern, Coaches, Spezialsisten ueber Zeit, die sie selber mit ihrem Kind verbringen zu stellen - darauf bezieht sich der Artikel!

Mein grosser Sohn zB ist ein sehr gute Matheschueler. Wenn ich alle Schaltjahr mal eine Hausaufgabe sehe, dann faellt mir sofort auf, dass ihm das vom Stoff her nun ueberhaupt nicht schwerfaellt. In wenigen Minuten abgearbeitet. Jetzt kann ich ihn natuerlich zu extra Programmen anmelden, ihm selber schwerere Aufgaben geben, panisch meinen Mathematikerfreund oder Mathelehrerfreund anmailen und um Material bitten. Oder ich kann gelassen zukucken und Fragen, so weit ich kann, beantworten. Und ihn, wenn ich ihm nicht weiterhelfen kann - so weit ist es aber nicht! - weiter verweisen. Ja, ab und an sprechen wir mal ueber Mathe. Genau so oft, wie er es anschneidet. Und erst wenn ich merken wuerde, dass er unfroh waere mit der schulischen Unterforderung, wuerde ich ihm ausserhaeusliche Extrakurse verschaffen. Ansonsten sehe ich ihn lieber draussen toben und mit seinen Freunden spielen.

Lulu, echt anders lesend :zwinker:
 

Röschen

Gehört zum Inventar
AW: Guter Artikel zum Thema Kindheit

Lulu, natürlich ist es spielen und dass er dabei etwas "lernt" ist eigentlich Nebensache. Hier kann ich ja auch erwähnen, was er alles kann oder machen möchte, ohne direkt schief angeguckt zu werden.

Ich hätte mich für ihn z.B. auch gefreut, wenn er dieses Jahr schon in die musikalische Früherziehung hätte gehen können, weil er mich hier ständig löchert und er ja ständig mit dieser Thematik umgeben ist.
Ich hab da mal dann angefragt und wurde mit einem Blick angesehen :nix: Diese Lehrerin beharrt auf den mindestens vier Jahren ohne sich das Kind mal anzugucken oder es mal testhalber mit reinzusetzen. :ochne:

Nun gut, dann muss ich mich halt hier mit ihm hinsetzen, tanzen und singen und Instrumente (von denen ich ja zum Glück viele habe) spielen - aber mit anderen Kindern wäre es halt viel schöner.

Und das ist eben das Problem, dass ich sehe. Anhand solcher Artikel wird dann wieder Misstrauen gegen Eltern geschürt, deren Kinder mehr machen - da wird nicht geschaut, ob es vom Kind aus geht oder von den Eltern, nein, da werden von vorneherein die Eltern verurteilt, weil die Kinder eben nicht der Norm entsprechen.

Inzwischen denke ich auch "so what", ich gebe meinem Kind, was es braucht, weil ich merke, dass er so zufriedener ist. Und dass ich dafür schräge Blicke ernte, damit muss ich nunmal leben.

Kann natürlich sein, dass ich aufgrund meiner (meist schlechten) Erfahrungen den Text anders lese. Aber da gibt es ja so ein tolles Forum, in dem man sich austauschen kann und in dem einem auch andere Blickwinkel aufgezeigt werden :zwinker:

So, und jetzt geh ich ins Bett!


Guts Nächtle!
 

Fioflo

Herzilein
AW: Guter Artikel zum Thema Kindheit

Ein sehr guter Artikel, den werd ich mir mal ausdrucken und mit Freundinnen darüber diskutieren.
Ich selbst finde vor allem: Kinder sollen spielen können! Und nicht vor lauter Stress mit KiGa, Schule, Terminen nicht mehr dazu kommen. Wir haben dieses Jahr Termine reduziert, damit möglichst viele Nachmittage frei bleiben zum Spielen. Sei es mit Freunden, mit den Hasen im Garten, im Wald oder im Haus.
Und ich merke, dass es für die Kinder echt eine Quelle ist, die sie brauchen.
:winke:
 
Z

Zwei

AW: Guter Artikel zum Thema Kindheit

Ich denke jedes Kind (Mensch) hat in einem. oder mehreren Gebieten besondere Talente. Diese Talente kann ich fördern so wie Lulu das beschreibt, oder auch nicht so wie Lulu das auch beschreibt.;-)

Muss ich die besonderen Begabungen eines Zwei oder dreijährigen versuchen auszubauen? Oder kann ich mich nicht einfach darüber freuen?

Ich behaupte mal :"Jedes Kind ist ein Schwamm das ungeheure Mengen an Wissen aufsaugen möcht, wirklich jedes gesunde Kind!"

Ich werde meinem Kind nichts vorenthalten, was es lernen möchte, aber muß ich fürchten es zu unterfordern, wenn ich nach der zwanzigsten Buchstabenreihe (die mein Kind freiwillig macht beim Schule spielen) mein Kind in den Garten jage?
Ich denke Nein! Und Unausgeglichenheit verschwindet im Garten ganz von selbst habe ich erlebt. Wenn sie dann im Garten aus Holzstücken und Steinen weiter Buchstaben nachlegt, weil das sie nun mal jetzt beschäftigt und interessiert.
gut so! Ich werde es nicht verbieten.

Ich verstehe die Probleme mit diesem Artikel auch nicht.
Eltern werden es doch ihren Kindern niemals vorenthalten ihren Wissensdurst zu stillen. Es geht für mich in diesem Artikel auch mehr darum, Kindern diesen geschützten Rahmen der Kindheit zu erhalten.
Der Artikel ist ein Hinweis darauf, das Kindheit nichts naturgegebenes ist (Kinderarbeit, Kindersoldaten, ...). Sondern ein Hinweis für uns Erwachsene diese geschützte Spähre für unsere Kinder zu schaffen. Und das diese Spähre nicht automatisch besteht muss man wissen. Weil Kinder wollen sehr rasch so sein wie Wir, alles machen wie Wir. Aber ich werde meinem Kind nicht erlauben ein Erwachsenenleben zu führen wie ich.
So verstehe ich diesen Artikel.
Das ist für mich kein Antibildungsartikel, sondern ein Prokindheitartikel.

LG Zwei
 

Schäfchen

Copilotin
AW: Guter Artikel zum Thema Kindheit

Eltern werden es doch ihren Kindern niemals vorenthalten ihren Wissensdurst zu stillen.

Bist du sicher? Ich habe es versucht, als meine damals knapp Dreijährige Buchstaben und Zahlen abforderte. Weil es nicht ins Bild passte. Weil ich es zu früh fand. Weil ich komisch beäugt wurde, wenn ich das Alter meines Kinder angab - weil sie durch ihr Auftreten einfach zwei Jahre älter geschätzt wurde. Das ist belastend! Ein Kind, das aus der Gruppe Gleichaltriger rausfällt. Ein Kind, das einfordert gefordert zu werden auf einem Level, das ihm in den Augen des Umfeldes noch nicht zusteht. Weil es zu jung ist, weil es zu klein ist, weil es sich doch dann in der Schule langweilt, wenn es zuviel weiß ...

Und ich hab auch schon fragende Kinder erlebt, die ein "dafür bist du zu klein" als unbefriedigende Antwort bekamen und sie taten mir leid. Denn ich hatte zu dem Zeitpunkt nach viel Nervenreibereien begriffen, dass ich mein Kind nicht stoppen kann. Heute denke ich anders! Damals war ich damit überfordert, anders denken und handeln zu müssen, um mein Kind glücklich zu machen. Damals musste ich mir ein dickes Fell zulegen, um Kritiken an mir abprallen zu lassen. Und heute muss ich mich wieder rechtfertigen, weil ich eine Schule suche, die dem Wissensdurst und dem schon vorhandenen Wissen meiner Tochter gerecht wird. Aber heute hab ich ein dickes Fell.

:wschaf:
 
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