Die Mutterglück-Falle

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Susi1001

"Die Mutterglück-Falle - Warum wir unser Familienbild ändern müssen" von Karin Deckenbach hab ich an einem Tag im Urlaub komplett durchgelesen. Der Unter-Untertitel "Ausgebremst, ausgespielt, abgehängt - genau darauf haben viele Frauen keine Lust mehr" gibt schon einen Einblick in die Richtung des Buches.

Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen "Deutschland braucht mehr Kinder"- und "Vereinbarkeit von Familie und Beruf"-Diskussion der Großen Koalition versucht das Buch darzustellen, welche politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und demographischen Faktoren heutzutage dazu beitragen, daß Deutschland in der Geburtenrate in Europa als Schlußlicht fungiert - und daß die Politik diesen Zustand unterstützt und sogar weiter anfacht. Es beleuchtet, wieso es in anderen Ländern mehr Kinder gibt und das Wort "Rabenmutter" unbekannt ist.

Das Fazit, das das Buch zieht - der Grund für den Geburtenstreik ist in unserem "veralteten" Gesellschaftsbild zu suchen, daß immer noch die Frau als Mutter ausschließlich zu Hause und den Mann als Ernährer der Familie sieht. Diese Situation wird vorallem von den konservativen Kräften (politisch wie gesellschaftlich) als das Ideal angesehen -- und unsere politische Ausrichtung unterstützt dieses Ideal mit den höchsten Familieninvestitionen Europas.

Zu diesem Idealbild gehört die langläufige Meinung, daß Kinder nur von der eigenen Mutter ideal betreut und gefördert werden können und das "Fremdbetreuung" in den meisten Fällen eher einer Kindesmisshandlung gleichkommt und selbstverständlich nicht förderlich sein kann.
Als Folge davon geht "man" davon aus, daß die Mutter in den ersten 3 Jahren zum Kind nach Hause gehört -- der Hauptgrund dafür, daß Betreuungsplätze für Kleinkinder unter 3 Jahren bis heute in Deutschland kaum vorhanden oder in der Menge der Rede wert sind.
Der Widerstand, auf den der aktuell beschlossene Ausbau der Kleinkindbetreuung auf breiter Basis gestoßen ist, ist ein eindeutiges Zeichen dafür, daß die Dämonen des allseits hochgehaltenen Idealbilds noch kräftig am Werk sind. Schon werden die vielfältigen befürcheteten negativen Effekte beschworen...

Beim Lesen dieses Buches ertappte ich mich häufig dabei, wie ich heftig mit dem Kopf genickt oder gar laut "Genau!" gerufen habe, weil ich es sehr schlüssig und einleuchtend fand, wie die derzeitige Situation von Frauen, Müttern und Familien zur aktuellen Geburtensituation geführt haben -- kein Wunder :)

Ich selbst fühle mich vom System nicht gefangen - obwohl ich vor meiner Mutterschaft ein echtes Arbeitstier und dabei recht erfolgreich war, fühle ich mich heute in meiner ausschließlichen Mutterrolle sehr wohl und wollte derzeit gar nicht wieder arbeiten gehen... Und da ich in der glücklichen Lage bin, aufgrund des guten Verdienstes meines Mannes auch nicht arbeiten zu müssen, genieße ich die Zeit mit meinem Sohn sehr. Ich weiß aber, daß dies bei weitem nicht die Regel darstellt -- und in Anbetracht der in diesem Buch beschriebenen Situation muß es schon fast als Wunder gelten, daß Frauen in Deutschland überhaupt noch Kinder kriegen...

... und es ist erschreckend, wie wenig die Politik bis jetzt verstanden hat.
Wenn wir so weiter machen, wird das Problem nur schlimmer werden.

Ich kann das Buch nur empfehlen - ich fand es SEHR gut.
Gruss, Susi
 
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