Boah, bin ich geschafft...

Buchstabensalat

Lebenskünstlerin
Wir haben dieses Jahr mal wieder Fruchtkatastrophe. Die Äpfel halten sich zwar dezent im Hintergrund, aber der Pflaumenbaum trägt, als gäbe es kein Morgen.
Noch dazu leuchten mir jeden Tag beim Blick aus dem Lümmelzimmer die schwarzen Holunderbeeren der Grenzbäumchen entgegen, und Holundermarmelade schmeckt so himmlisch...

Also wird am Samstag gepflückt. Quasi wider besseres Wissen, denn ich weiß ganz genau, dass nachmittags Freundin J. mit Mann kommt, um ihr Fahrrad und meine Kleine abzuholen. Mit dem Fahrrad ist sie am Freitag von B. aus im Rahmen unseres gemeinsamen "SpeckwegMordProgramm" rübergeradelt. Das sind immerhin doch gute 26 km, die sie in 1,20 h zurückgelegt hat, Respekt.

Ja, und außer dem Rad will sie mich auch mitnehmen, denn was die kann, kann ich ja wohl auch, oder? Genau dieser aufsässige Wettbewerbsgedanke muß mich auch geritten haben, als ich mich zu herrgottsfrühen 10 Uhr am heiligen Samstag ins Schwimmbad verfügt habe - "unseren" Kilometer Schwimmen zurückzulegen.

Und nun steh ich mit noch nassen Haaren im schönsten Sonnenschein auf der Leiter und knipse die Holunderdolden ab und in den Eimer. Gummistiefel an den Füßen, denn die Leiter steht dazu genau im Komposthaufen; aber wer kann ahnen, daß sich nun genau da auf der Grenze zwei Holunderbäume ansiedeln?

Der 10-l-Eimer ist schnell voll, und meine Augen wandern zum Pflaumenbaum mit seiner unglaublichen Last. Stichproben haben ja leider eine ziemlich hohe Madenquote ergeben, andererseits holt die Kurze schon seit Tagen immer wieder blaue Zwetschgen vom Baum, in denen gar nichts lebt. Und die sie mit Wonne verspachtelt. Ach komm, was kostet die Welt, ich pflück was.
"Was" wird dann ein 15-l-Eimer voll Zwetschgen. Zusammen mit den 10 l Holunderbeeren schleppe ich ihn in unsere Küche und brause die Holunderbeeren kurz ab. Stelle den größten Topf auf den Herd und werfe die grob sortierten Fliederbeeren einfach rein, rein, rein. Koche alles auf und durchsuche die Schränke, ob ich überhaupt genug Geliermittel habe. Holundergelee neigt dazu, furchtbar flüssig zu sein (oder so süß, daß man es kaum ertragen kann), aber ich habe vorgesorgt und extra Gelee-Fix im Schrank. Letztes Jahr habe ich mich mit Apfelmus beholfen: ungefähr im Verhältnis 1:1 gemischt, gibt das Apfelmus dem Holunder Stand genug, um nicht gleich vom Brot zu rutschen. Und schmecken tut es auch.

Während ich wirbele, nebenher noch Milchreis koche und Männe ein wenig einkaufen geht, mäandert die Große im Flur an der Küche vorbei und beklagt sich über den Geruch. Ja, stimmt, riecht beim ersten Aufkochen immer recht typisch, aber schmecken tut das Zeug!
Ich rödele alles durch die Flotte Lotte, und beim zweiten Aufkochen - diesmal mit Zucker und Gelee-Fix - duftet es dann schon viel schöner. Finde ich.
Findet die Große gar nicht.
Pah, bekommt sie halt nichts ab.

Männe kommt zurück vom Einkauf, der Milchreis ist durchgezogen und die Kinder haben inzwischen - kurz vor drei Uhr - auch Hunger. Kaum daß wir sitzen, klingelt es: Freundin J. ist da, schnabuliert einfach auch mal etwas Reis mit und jagt dann alle hoch: Los, los, sie will mit dem Rad zurück.

Ihr Mann packt die Kleine ein und sein eigenes Kind, welches die Nacht davor bei uns übernachtet hat, verabschiedet sich und startet. Wir starten auch, nachdem wir schnell noch eine lose Schraube angezogen haben. Himmel, was tu ich mir da an - 25 km "über Land", mit dem guten alten "Hausfraueinkaufsrad" und nach JAH-REN gemütlichen "Ich jag die Kinder mal mit dem Rad zur Schule"-Herumbummelns.
J. auf ihrem schicken Trekkingrad wirft schnell mal einen Gang mehr ein und radelt mir gemütlich davon - während ich im höchsten, siebten Gang meines Metallbrockens wie ein hospitalisierender Hamster in die Runde strampele.

Aber auch mit mir Bremsklotz am Hacken brauchen wir nur 1,40 h bis nach B. Ha, von Null auf 25 km in einem Tag - ich bin stolz auf mich. Und übernachte bei Freundin J. Nachdem wir den Abend "noch schnell" ins Freibad gegangen sind - allerdings verzichte ich dankend auf noch einen Kilometer Schwimmen und schaue J. nur friedlich dabei zu.

Der nächste Mittag findet mich SCHON WIEDER in diesem Freibad, komplett mit Männe und allen Kindern im Anhang. Es regnet fröhlich vor sich hin, was mich ganz besonders freut. Im Schwimmbad ist man ja eh naß, ich hatte allerdings schon vor, auch mit dem Rad wieder zurück zu fahren, und da würde ich doch trockenes Wetter bevorzugen.

Der Himmel hat ein Einsehen mit mir; als wir fertig sind mit Schwimmen (und Männe, der alte Freibad-Fan, mit den Nerven), hat es aufgeklart. Also los, auffi geht's. Männe hat mir fürsorglicherweise sein Garmin mitgegeben, aber ehrlich: als Navigationsgeräte sind die Dinger grausig. Und ausserdem kenne ich die Strecke eh ganz genau, die bin ich oft genug mit dem Auto gefahren. Stöpsel in die Ohren, das Zeitzeichen an - und ich rolle los.

Fünf Zeitzeichen später stehe ich schon an der letzten Ampel vor Zuhause. Rufe Männe an und fordere triumphierend ein schönes Eis für mich. Weitere sieben Minuten später kann ich es japsend und fiepsend genießen - zusammen mit einer riesigen Portion Sprudelwasser. Okay, ohne Eis wäre der Speckwegeffekt bestimmt besser gewesen, aber was soll das schlechte Leben nützen?

Ja, und nachdem ich heute die Kurzen zur Betreuung ins Freibad geschüsselt habe und ehrlich - EHRLICH! - enttäuscht feststellen mußte, daß montags ja erst ab 10 Uhr offiziell geöffnet ist, habe ich mich den samstags gepflückten Pflaumen gewidmet.
Und den schon vor dem Urlaub eingefrorenen Sauerkirschen. Von denen habe ich nämlich zwei 10-l-Eimer, oder auch zwei Tiefkühlerschubladen voll, die irgendwann JETZT zu Marmelade werden sollen. Zumindest so gute 8 l davon.

Während die Kirschen langsam auftauen, entkerne ich - wieder mit Zeitzeichen-Untermalung - die Pflaumen, und muß feststellen, daß die Quote doch nicht sooo schlecht ist. Jedenfalls wenn man nachher mit zwei GROSSEN Schüsseln voll verwendbarer Pflaumen dasteht, aber nur eine kleine Schüssel Ausschuß hat.

Unser großer Topf faßt aber immer noch nicht mehr als Samstag; darum kann ich auch nur eine dieser Riesenschüsseln langsam zu Mus verkochen. Die andere wandert im Laufe des Nachmittags zum Opa in den Kühlschrank, zusammen mit einem Deal: wenn ER mir Hefeteig in seiner Backknetmaschine produziert, belege ICH diesen Teig mit JENEN Pflaumen zum Zwetschgenkuchen. Der Rest wird dann eingefroren.
Das haben wir schon vor zwei Jahren gemacht, und es war einfach herrlich, selbst im tiefen Oktober noch hingehen zu können und sich einen leckeren Pflaumenkuchen aufzutauen. Dazu lecker Käffsche - oder auch Tee - hmmmm...

So geht der Vormittag mit Pflaumenmus dahin; der Nachmittag ist dem Aufkochen der Kirschen, dem Passieren der Kirschen und dem Einkochen des Kirschenmöttkers gewidmet. Zwischendurch muß ich mal die Kinder von der Betreuung holen und ihnen Gräßliches eröffnen: weil ich ja sooo viel Marmelade koche, müssen sie halt mal die Wäsche legen. Oder ohne saubere Sachen rumlaufen.

Weil besonders die Große keine sauberen Unterhosen mehr im Schrank hat, ist das eine sehr überzeugende Argumentation. - Übrigens - wo die Große ihre Unterhosen hat, ist eine sehr interessante Frage. SIE behauptet, alle schön in die Wäsche getan zu haben. ICH halte dagegen, dann müssten sie ja sauber im Korb liegen. IHR Argument, sie habe sowieso GAR KEINE Unterhosen mehr, wische ich weg - ich weiß sehr genau, daß ich vor dem Urlaub noch einen guten Schwung gekauft habe, weil nach dem Kofferpacken das Unterhosenfach gähnend leer war. Sieben Unterhosen sind halt doch gar wenig...

Ich rühre also in der Küche heftigst in der Kirschen- und Pflaumenpampe, die Mädels legen mehr oder minder begeistert Wäsche. Mehrfach höre ich die Große, wie sie scharf die Kleineren wieder an die Arbeit pfeift. Hähä, mal jemand anders als ich...

Als ich sogar das Tomatenkonfit aus den fünf fast überreifen Flaschentomaten in Gläser verfüllt habe, bin ich fertig. Ja, doch, fertig. Naja, gut, fertig mit Kochen, nicht fertig mit Aufräumen. Aber immerhin - 4 l dicke Pflaumenmusmarmelade, fast 4 l Kirschmarmelade und 500 g Tomatenkonfit stapeln sich neben dem Herd. Das Pflaumenmus in einem großen mikrowellenfesten Tuppertopf - so langsam gehen uns die Marmeladengläser aus. Mussu kauffe.

Noch schnell die Wäsche vom Esstisch genommen und auf jeden Fall loben, daß die Mädels das so schön gemacht haben. Männe wird wohl etwas irritiert gucken, in welche Formate sich seine T-Shirts doch alle legen lassen - aber nem geschenkten Barsch schaut man schließlich nicht in die Kiemen.

müd, aber stolz -
Salat
 

Nats

Jupheidi
AW: Boah, bin ich geschafft...

Holundermarmelade?? Wie machst du die? so, jetzt les ich erstmal weiter...
 

Jacqueline

Ohneha mit der Lizenz zum Löschen
Mitarbeiter
Moderatorin
AW: Boah, bin ich geschafft...

Frau Salat,


*respektkellehochheb*


Da ich hier ähnliche Mengen, wenn auch in anderen Gattungen und für andere Zwecke verarbeite, weiss ich, welche Heidenarbeit das ist - und wie sehr man manchmal den Moment verwünscht, wo man befand, dass Einkochen und Marmelade und Sirup machen und den Tiefkühler mit Früchten füllen, eine richtig feine Sache sei.

Im Winter, wenn in anderen Haushalten dann die gekaufte Konfi auf dem Tisch steht, und ich mir einfach eine Dosis Sommer aus dem Keller holen kann, weiss ich wieder, warum ich mir das immer gebe.

Die arbeitsintensivsten Früchte, die liegen ja noch vor mir...
...die Unwetter im Juli haben nur einen kleinsten Bruchteil der Quitten beschädigt...

Liebe Grüsse, Jacqueline
 

Nats

Jupheidi
AW: Boah, bin ich geschafft...

Ja wirklich. Respekt. Ich hab die ähnliche Menge vor ein paar Tagen verarbeitet. Auch schon etliche Kuchen gebacken und Säfte gekocht. Jetzt bin ich froh, da se svorbei ist, die Zwetschgen sind überreif und der Apfelbaum leer. Nur noch Massen Holunder, wo ich mich aber im Moment sträube den zu ernten, da ich nicht genau weiß, wie ich ihn lecker verarbeite.

LG
 

Buchstabensalat

Lebenskünstlerin
AW: Boah, bin ich geschafft...

Ich mach mir das ganz einfach - Holunderbeeren in den Topf, aufkochen, durchpassieren und dann nach Schema F mit Gelierzucker (bzw. eben extra Gelee-Zucker) einkochen. Die Kinder haben so genervt auf meine Erdbeerexperimente reagiert... dabei finde ich Erdbeeren mit Sahne, mit Sahne und Vanille, mit Lebkuchenaroma, und ja, sogar mal mit Salz (einer Prise) und Pfeffer einfach superlecker. Undankbare Brut.
Aber es sind ja noch Beeren am Baum. Und ich denke über Holundermarmelade mit Federweißem nach, mit Apfelstückchen (frisch eingeschnitten und mitgekocht), mit Zimt... ich experimentiere da gerne mal rum. :D

Das Tomatenkonfit hat auch nen hübschen Schuß Balsamicoessig mit Ingwer und Vanille abbekommen; das mögen die Mädels sowieso nicht. :p :D

Salat
 

Buchstabensalat

Lebenskünstlerin
AW: Boah, bin ich geschafft...

...übrigens, kennt ihr Fliedersuppe? Gab es bei uns mit Apfelstückchen und Graupen drin... njammjammjamm.

Salat
 

Anthea

die-mit-dem-Buch-wandert
AW: Boah, bin ich geschafft...

Meinen Respekt hast du :prima: und das Eis hattest du dir nu redlich verdient.

Liebe Grüße,
Karin
 

Schäfchen

Copilotin
AW: Boah, bin ich geschafft...

Respekt!

Wenn ich dir ganz viele Gläser schicke, krieg ich dann ein paar gefüllt zurück? ;) *zufaulzumkochendiesesJahr*
 
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