Ambulante und schnelle Geburt (4 Stunden)

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Melanie

Geburtsbericht von Janina, geboren am 01.10.01

Ich (29) hatte eine recht schöne, beschwerdefreie Schwangerschaft, nur mit ein paar kleinen Wehwehchen am Ende z.B. Hämorrhoiden. Da bei mir in der 26. SSW eine vorzeitige Wehentätigkeit festgestellt worden ist, habe ich zuerst Magnesium, als das nicht den gewünschten Erfolg brachte auch noch Partusisten bekommen. Ich hatte nie Angst, mein Kind zu früh zu bekommen. Natürlich hatte ich viel Zeit zuhause, so dass ich mich viel mit dem Thema Geburt auseinandersetzen konnte. Eine Woche vor dem Geburtstag von Janina hatte ich ziemlich heftige Vorwehen. Zu dem Zeitpunkt drückte meine Kleine schon fleißig gegen den Mumu und lag auch richtig rum. Nach drei Nächten ohne vernünftigen Schlaf rief ich meine Hebamme an, die auch sofort kam und mich untersuchte: Gebärmutterhals verstrichen, aber Mumu noch zu. Das war Mittwochs. Donnerstag beim Arzt war immer noch keine Veränderung. Freitags bei der Akkupunktur immer noch nichts.

Also dachte ich mir am Sonntag abend, ich hätte ja eigentlich noch mal Lust auf Sex, nach der Geburt wird es wohl eine gewisse Zeit dauern bis es dann mal wieder passiert. Außerdem brauchte ich ja keine Angst vor einer Infektion zu haben, da sich ja am Mumu bis zu dem Zeitpunkt noch nichts getan hatte. Wer denkt bei Sex denn schon an eine Einleitung, wenn sich außer Vorwehen noch nichts getan hatte? Mir platze die Fruchtblase. Erst mal habe ich laut lachen müssen, weil mein Mann einen sehr überraschten Gesichtsausdruck hatte, der natürlich direkt ins Badezimmer sprang. So saß ich im Bett und lief aus und wartete auf meinen Mann, der mir endlich mal ein paar Handtücher geben sollte. Ich wusste ja auch nicht, ob das Baby schon im Becken lag, so dass ich mit Aufstehen nichts riskieren wollte. Es war 1.20 Uhr. Nachdem ich trocken gelegt war, habe ich mich dann ins Wohnzimmer gelegt, wo ich auch meine Hebamme anrief. Wir hatte drei Möglichkeiten: Erstens: Wir fahren sofort ins KH, zweitens: ich warte auf Wehen, um sie dann wieder anzurufen oder drittens: wir würden uns am nächsten Morgen um acht im KH treffen, um die Geburt einzuleiten. Ich wollte erstmal abwarten und solange zuhause bleiben wie es ging.

Zehn Minuten später setzen dann die Wehen im Abstand von vier Minuten ein. Um zwei bin ich dann erstmal aufs Klo, um mich zu entleeren. Um halb drei rief ich die Hebamme erneut an, da zu dem Zeitpunkt die Wehen schon alle drei Minuten kamen. In ihrer Obhut würde ich mich sicherer fühlen, falls ich es mit den Schmerzen nicht mehr aushalten sollte.

Bevor wir ins KH fahren konnten, mussten wir noch unseren Großen (mein Stiefsohn 9) zu meinen Großeltern bringen, die zum Glück nur eine Etage unter uns wohnten. Die Tasche ins Auto und fünf Minuten später waren wir im KH.

Meine Hebamme Claudia war noch nicht dort. Ich wurde von einer Hebamme empfangen, die mich kurz darauf ans CTG hing. Da ich die Wehen im Liegen nicht ertragen konnte, was ich schon bei den Vorwehen festgestellt hatte, wollte ich mich hinsetzen. Aber im Sitzen waren die Herztöne des Kindes nicht zu hören, so dass ich mich doch hinlegen musste. Was ich nicht lange aushielt. Also stand ich auf und begann ganz automatisch mit Beckenwiegen. Als Claudia kam, sah sie sofort, das die Geburt schon sehr weit fortgeschritten und die Wehen schon ganz schön heftig waren. Mein Kreislauf war total hinüber und dauernd hatte ich das Gefühl, als müsste ich mich übergeben. Sie gab mir ein ätherisches Öl, an dem ich riechen konnte, um den Kreislauf wieder auf Vordermann zu bringen. Nach dem CTG wollte sie mich untersuchen, aber ich musste vorher noch mal Pippi machen. Mumu war schon 3-4cm offen. Na das war doch schon was. Ich zog mich auch nicht mehr an und lief mit Schlüpfer und T-Shirt durch die Flure zum Ultraschall. Es war mitten in der Nacht und außer mir war dort nur noch eine Entbindung.

Das Ultraschall war gar nicht so einfach. Immer wieder Wehen, also runter von der Liege und Beckenwiegen. Fruchtwasser war noch vorhanden, aber Janina wusste noch nicht so recht, wie sie den Kopf drehen sollte. Da mein Kreislauf immer noch nicht ganz so doll war, war ich mit einer Infusion einverstanden. Es wurde schon mal eine Kanüle gelegt. Dann durfte ich endlich in den Kreissall.

Dort lief ich einfach nur durch die Gegend und immer wieder Beckenwiegen, während ich mich irgendwo abstützte, sogar mein Mann musste herhalten. Claudia ließ schon mal Badewasser ein, da mich das immer entspannte. Im Hintergrund lief meine CD. Die Atmosphäre war total schön und ruhig. In der Badewanne fühlte ich mich direkt wohl. Rechts mein Mann, links Claudia. Gedämpftes Licht, leise Musik. Bei jeder Wehe dachte ich mir, danach fragst du Claudia nach einem Schmerzmittel, aber als die Wehe vorbei war, hatte ich das schon wieder vergessen. Ich sagte meinem Mann sogar, wenn er nicht mehr könne, wäre ich ihm nicht böse, wenn er gehen würde. Aber er blieb, obwohl er so hilflos aussah, wenn er den Kopf auf den Badewannenrand fallen ließ. Bald darauf fing ich leise an, so eine Art Lied zu singen. Für Claudia schien das ein Zeichen für die Übergangsphase zu sein. Denn sie legte eine Matte und alles andere für die Geburt am Beckenrand zurecht. Eigentlich hatte ich eine Wassergeburt geplant, aber in diesem KH dürfen Erstgebärende das nicht. Ganz plötzlich hatte ich den Drang zu pressen, hielt mich damit aber zurück, da Claudia in dem Moment Kaffee für den Damm kochen wollte. Als sie wiederkam, stieg ich aus der Badewanne und ging ganz automatisch in den Vier-Füßler- Stand, mit dem Kopf im Schoß meines Mannes, dessen Hände die meinen hielten. Dann find ich an zu pressen. Ich merkte, wie sich mein Becken dehnte. Claudia konnte bereits die Haare sehen. Irgendwann merkte ich, das es nicht weiterging. Ich dachte mir, in der Hocke wäre es wohl einfacher, den Druck richtig nach unten zu bekommen. Auch Claudia versuchte mir Mut zu machen, indem sie mir anbot, das Köpfchen zu fühlen. Aber allein der Gedanke an die Saugglocke und die Vorstellung, wie mein Mädchen wohl aussieht, schafften es, das ich bald einen brennenden Schmerz in meiner Scheide fühlte. Da war der Kopf, noch einmal pressen: die Schultern. Der Rest flutschte einfach nur so raus. Erleichterung. Es waren gerade mal vier Stunden seit Blasensprung vergangen. Auf meinen Schultern lag der Kopf meines Mannes, der weinte. In dem Moment bekam ich mein Mädchen auf den Arm. Sie musste erst mal entknotet werden, da sie die Nabelschnur um das Händchen gewickelt hatte. Die Nabelschnur durchtrennte ich, das hatten wir schon vorher ausgemacht, da mein Mann nicht wollte. Ich konnte es gar nicht glauben, ich hatte es geschafft, wir hatten es geschafft. Keine Infusion, keine Schmerzmittel. Ich hatte ein Kind zur Welt gebracht!

Die Plazenta ließ auf sich warten, ich hatte zwar noch Wehen, aber irgendwie kraftlos. Claudia ließ mir jedoch Zeit, erstmal wieder Luftholen und zu Kräften kommen. Danach ging es von ganz alleine. Es kam das erste Aufstehen, damit ich auf das Bett kam. Es war gar nicht so komisch, wie ich es mir vorgestellt hatte. Dort ruhten wir uns erst mal aus. Bis diese furchtbare Ärztin kam, um mich zu nähen. Ich hatte einen Dammriss 2.Grades (der Kaffee ist nicht fertig geworden), da Janina unbedingt die Hand am Kopf haben mussten. Während des Nähens verspannte ich mich total. Es war das Schlimmste an der Geburt. Ich wollte noch nicht mal mein Baby nach der Untersuchung dabei im Arm halten. Mein Mann stand mit ihr neben mir am Bett. Und es dauerte, immer wieder eine Pause.
Als ich es dann endlich geschafft hatte, und meinen Mann mit Baby und meine Hebamme ansah, kamen mir die Tränen. Da endlich kamen mir die Tränen.

Ich wurde dann unten dick eingepackt und in ein normales Bett gelegt. Janina neben mir im Arm, die sofort anfing zu nuckeln. Wir durften uns sehr lange kennenlernen, da noch eine weitere Blutuntersuchung anstand. Eigentlich sollte ich dort bleiben, aber das wollte ich nicht. Um kurz nach neun sind wir dann nach Hause gefahren. Zum Glück wie sich später herausstellte, denn sonst hätte ich bestimmt ne Woche drinbleiben müssen.

Es war ein wunderschönen Geburtstag. Ein Erlebnis, das man nie mehr vergisst und an das man sich immer wieder zurück erinnert. Ein Wunder, das nur wir Frauen zustanden bringen…
…und darauf bin ich ganz schön stolz
 
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